Tamm Mehr als 1200 Teilnehmer bei Demo gegen Lea

Von Yannik Schuster
Laut Polizei verlief die Demonstration „superfriedlich“. Foto: /Oliver Bürkle

Zur Demo gegen den Bau einer Lea im Gebiet „Schanzacker“ kamen am Mittwoch deutlich über 1000 Menschen auf den Tammer Rathausplatz.

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ie Überlegung des Landes, den Grünzug Schanzacker für den Bau einer Landeserstaufnahmeeinrichtung (Lea) zu nutzen, stößt in der Bevölkerung auf großen Widerstand. Zu einer Demonstration auf dem Tammer Rathausplatz waren am Mittwoch, 29. März, nach Schätzungen der Polizei zwischen 1200 und 1300 Menschen gekommen.

Es war die zweite Demonstration, die die Bürgerinitiative „Gemeinsam gegen Lea Tamm-Asperg“, gegründet von Bürgern aus Tamm, Asperg und Markgröningen, veranstaltet hatte. Das Anliegen der Initiative stieß dabei schnell auf breite Unterstützung: Die Gemeinderäte von Tamm und Asperg lehnen die Bebauung des Schanzacker fraktionsübergreifend ab und auch der BUND-Kreisverband Ludwigsburg sprach sich unlängst gegen die Pläne des Landes aus.

Neutralität der Bewegung

Keine parteipolitische Vereinnahmung

Der Tammer Andreas Weiser moderierte die Kundgebung auf dem aus allen Nähten platzenden Rathausplatz am Mittwochabend und betonte das Gebot der politischen Neutralität der Bewegung. Keinerlei parteipolitische Vereinnahmung werde akzeptiert. „Wer hätte gedacht, dass wir heute wieder hier stehen gegen eine Bebauung des Schanzacker“, sagte der Tammer Bürgermeister Martin Bernhard. Hintergrund: Schon in den Neunzigerjahren sollte ein Gefängnis und 2009 eine Spedition auf dem Standort errichtet werden. In beiden Fällen wehrte sich die Bevölkerung erfolgreich. Aspergs Bürgermeister Christian Eiberger sagte man müsse von bis zu zehn Hektar Flächenverbrauch ausgehen. „Wir sagen Nein!“

Als Gründe für ihre Ablehnung führten die beiden Bürgermeister zunächst ökologische und historische Aspekte an. So sei der Grünzug im Regionalplan geschützt. „Die Gründe, die damals zu Protesten geführt haben, behalten auch heute ihre Gültigkeit“, betonte Bernhard.

Der Schanzacker diene den Bürgern als beliebtes Naherholungsgebiet und als Frischluftschneise. Die Gemeinde Tamm und Asperg gehören schließlich zu den am dichtesten besiedelten Städten in Baden-Württemberg, da sei ein solcher Grünzug unverzichtbar. Zudem beheimate der Schanzacker zahlreiche Streuobstbäume, die einer Bebauung zum Opfer fallen könnten. Der Erhalt des Grünzugs sei insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel unverzichtbar, so Bernhard. „Die Glaubwürdigkeit der Politik steht auf dem Spiel.“ Außerdem würde durch die Maßnahme der historische Blick auf den Hohen Asperg verschandelt werden.

Ein weiteres Argument der beiden Bürgermeister bezieht sich auf die fehlende Infrastruktur. Im Bereich des Schanzacker gibt es derzeit weder Straßen, noch Wasser oder Stromanschlüsse. Alles müsse erst gebaut werden. Eine Haltestelle, ein Tunnel oder eine Brücke ins Tammer Feld bezeichnete Eiberger dabei als unrealistisch. Finanziell werde die Maßnahme einen dreistelligen Millionenbetrag an Steuergeldern kosten, so die Schätzungen der Gemeinden Tamm und Asperg.

Überlastung befürchtet

Die mindestens 1000 Geflüchteten, die in der Lea untergebracht werden sollen, würden dabei vor allem die Infrastruktur besagter Gemeinden in Anspruch nehmen. Obwohl der Schanzacker zur Ludwigsburger Gemarkung zählt, ist das Gebiet bislang nur über Tamm und Asperg erschlossen. „Die Auswirkungen auf Ludwigsburg werden überschaubar sein“, sagte Bürgermeister Bernhard. So werde auch die Integrationsarbeit an Tamm und Asperg hängenbleiben. Die dortigen ehrenamtlichen Strukturen dürfe man nicht weiter überlasten. Integration könne dabei allein aufgrund des Standorts nicht funktionieren. Dieser vermittle den Eindruck eines ab- und ausgegrenzten Gebiets, dass unweigerlich zu einem Ghetto führen werde. Unter großem Applaus bedankten sich die beiden Bürgermeister für den Einsatz der Bürger.

Im Anschluss sprach der Stellvertretende Vorsitzende des BUND-Kreisverbands Ludwigsburgs und Tammer Bürger Burkhard Rübsamen. Bereits jetzt seien 25 Prozent der Kreisfläche zugeschottert oder betoniert und der Flächenfraß nehme kein Ende. Auch den Vorschlag, anstelle einer Lea ein Solarfeld auf dem Schanzacker zu errichten lehne er ab. „Warum will man das Gebiet überhaupt bebauen?“

Friedliche Demo

Moderator Andreas Weiser betonte derweil, die Bürgerinitiative werde nicht ruhen, ehe das Thema vom Tisch sei. Jeglichen Kompromiss lehne man ab. Weiter lud er interessierte Landespolitiker ein nach Tamm zu kommen und forderte Ludwigsburgs Oberbürgermeister Matthias Knecht auf, sich den Fragen und Anliegen der Bürger zu stellen. „Ludwigsburg verlagert die eigene Belastung auf umliegende Gemeinden“, so Weiser.

Die Erwähnung eines Vorschlags des Ludwigsburgers Oberbürgermeister wonach eine Brücke oder gar eine Haltestelle an den Bahngleisen entstehen könnte, sorgte schließlich für ein Pfeifkonzert. Nach knapp einer Stunde endete die Kundgebung. Nach Einschätzung der Polizei verlief die Demonstration „superfriedlich“.

 
 
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