Tanzsportgemeinschaft Bietigheim Im exklusiven Klub der Hunderter

Von Andreas Eberle
Joanna Schymik und Dominik Streb von der TSG Bietigheim haben in ihrer Karriere bisher 100 Turniere bestritten. Als Anerkennung bekamen beide das Deutsche Formationsabzeichen in Gold. Foto: /Oliver Bürkle

Joanna Schymik und Dominik Streb blicken auf 100 Formationsturniere zurück. Beide sind mit dem A-Team der TSG Bietigheim von der Oberliga bis in die Bundesliga Latein aufgestiegen und lieben ihren Sport.

Wäre „Dirty Dancing“ nicht gewesen, wäre Joanna Schymik heute wohl nicht Mitglied im exklusiven Hunderter-Klub. Inspiriert von dem Kultfilm aus dem Jahr 1987 fing die heute 40-jährige Formationstänzerin der TSG Bietigheim einst als Teenager mit dem Tanzen an. Ein Vierteljahrhundert später wurde sie nun mit dem Deutschen Formationsabzeichen in Gold für 100 getanzte Wettkämpfe geehrt – gemeinsam mit ihrem Teamkollegen Dominik Streb. „Das I-Tüpfelchen war, dass wir die Auszeichnung bei unserem Heimturnier bekommen haben“, sagt Schymik mit Blick auf den dritten Saisonwettkampf vor zwei Wochen in der ausverkauften Viadukthalle.

20 Jahre nötig für 100 Turniere

Bei der Tanzsportgemeinschaft sind Streb und Schymik die bisher einzigen Sportler mit 100 Turnierteilnahmen. Da pro Saison in der Regel nur fünf Formationswettkämpfe stattfinden, muss man mindestens 20 Jahre tanzen, um die 100 vollzumachen – und das schafft in der Szene kaum jemand. „Da blickt man schon nostalgisch auf einen langen Weg zurück. Ich habe aber nie getanzt, um das mal zu erreichen. Es kommt einfach, man macht weiter und weiter, trainiert, verbessert sich, genießt die Momente – und irgendwann sind es plötzlich 100 Turniere“, erzählt der 37-jährige Streb.

Im Gegensatz zu Schymik war es bei ihm vor 20 Jahren kein Film, der ihn zum Tanzen brachte. Im hessischen Maintal sah er als 17-Jähriger die Show einer Lateinformation – und war sofort Feuer und Flamme. „Wenn ich 18 bin und ein Auto habe, komme ich zu euch“, versprach der junge Mann und klopfte sechs Monate später tatsächlich bei der Gruppe an. „Alle haben gejubelt, weil jeder sich noch gut an mich erinnern konnte und Männer bei Formationen immer gesucht sind“, berichtet Streb. 2008 folgte schließlich der Wechsel nach Bietigheim.

Angebote von der Konkurrenz

Nach sieben Jahren beim 1. TC Ludwigsburg war auch Schymik bei der TSG gelandet. Mit deren A-Team ging es seitdem nur noch in eine Richtung: nach oben. Von der Oberliga stieg die Formation über die Regionalliga und die Zweite Liga Süd bis in die Bundesliga auf, wo sie aktuell ihre Premierenrunde absolviert. „Ich hatte immer wieder Anfragen, ob ich nicht wechseln wolle, um Bundesliga zu tanzen“, erinnert sich Streb. „Aber ich habe jedes Mal zurückgeschrieben: ,Vielen Dank für das Angebot, aber es bedeutet mir viel mehr, es mit Bietigheim zu schaffen.’“

Schymik, die jahrelang auch das B-Team der Tanzsportgemeinschaft trainiert hat, liebt an ihrer Sportart vor allem das Teamgefühl und den Teamspirit. „Es ist unbeschreiblich, mit 15 Leuten auf der Fläche zu stehen. Das gibt einem eine unglaubliche Energie“, sagt die gebürtige Polin und bekennt: „Jedes Mal, bevor man aufs Parkett geht, kribbelt es – ganz egal, wie viele Turniere man schon getanzt hat. Aber danach läuft dann alles wie ein Film ab.“ Tanzen sei für sie ein „wunderbarer Ausgleich“ zu ihrem Job in der IT-Branche. „Die Kombination von Spaß und Fitness findet man sonst nur in wenigen Sportarten“, findet Schymik, die aber inzwischen laut übers Aufhören nachdenkt: „Wahrscheinlich wird’s bei mir die letzte Saison sein.“

Drei- bis viermal trainiert die Mannschaft pro Woche, hinzu kommen die weiten Fahrten am Wochenende zu den Turnieren samt Übernachtung. „Das ist wie ein Nebenjob, 16 bis 20 Stunden gehen locker fürs Tanzen drauf, aber wir kennen es nicht anders“, stellt Streb fest. Im Hauptjob ist der durchtrainierte Freiberger mit der markanten Glatze Pilot.

Nach eigenem Bekunden hat er sich durch seine sportliche Leidenschaft auch persönlich weiterentwickelt. „Zusammenarbeit, Disziplin, Teamgedanke – das alles hilft einem auch im Beruf. Mal ist man im Team der Leader, mal hält man besser die Klappe und stellt sich auf Neues ein. Das, was wir im Sport erleben, prägt einen“, erläutert Streb. Hinzu kommt das private Glück. Denn seine heutige Frau Vera hat er einst beim Formationstanzen kennengelernt. Beide haben mittlerweile einen eineinhalb Jahre alten Sohn: Louis.

Paare sollen kein Tanzpaar sein

Nach dem Zweitliga-Aufstieg hat seine Gattin vor drei Jahren mit dem Sport aufgehört. Doch getanzt haben die beiden ohnehin nicht miteinander. „Es gibt im Team immer wieder Paare, aber wir versuchen grundsätzlich zu vermeiden, dass diese auch zusammen tanzen“, berichtet Schymik. „Was wir machen, ist kein romantisches Tanzen, sondern harte Arbeit. Wenn man sich dann mal in die Haare kriegt, ist es besser, wenn man den Ärger nicht auch noch nach Hause trägt“, konkretisiert Streb. Das Geheimrezept, um es in den exklusiven Klub der Hunderter zu schaffen?

Viertes Saisonturnier steigt am Samstag in Bremen

In der Bundesliga stehen noch zwei Turniere auf dem Programm. Am Samstag treten die acht Lateinformationen ab 19.30 Uhr in Bremen an. Gastgeber ist der Weltmeister und Titelverteidiger Grün-Gold-Club Bremen, der die ersten drei Turniere in Buchholz, Bremerhaven und Bietigheim durchweg mit Einerswertungen gewonnen hat. Zum Rundenabschluss geht es am 11. März nach Aachen. Die TSG Bietigheim hat sich als Neuling auf Rang fünf etabliert und bisher jedes Mal das Große Finale erreicht. Der TSC Residenz Ludwigsburg ist Sechster, hat den Klassenerhalt aber fast schon sicher. Der TSC Schwarz-Gelb Aachen und die FG Hofheim/Rüsselsheim/Fischbach belegen die Plätze sieben und acht und sind auf Abstiegskurs.

 
 
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