Mylene Myers lächelt, als sich mehrere Katzen auf einmal auf die Futternäpfe stürzen. Später zeigt sie auf eines von vier Zimmern. „Hier wohnen die scheueren Katzen. Ich bin total stolz auf die Truppe – sie haben sich super entwickelt.“ Anfangs haben sich die Tiere nicht anfassen lassen. Mittlerweile akzeptieren sie Berührungen von Menschen, erklärt sie.
Tierheim Ludwigsburg Mehr als streicheln und spielen
Katzen streicheln ist ein Ehrenamt – zumindest im Tierheim Ludwigsburg. Die BZ hat eine Ehrenamtliche auf der Katzenstation begleitet.
Myers fällt sofort auf, wenn sich eine Samtpfote anders verhält als sonst. „Amico, warum versteckst du dich dort oben“, fragt sie einen Kater, der sich nicht aus seiner Box traut. Nicht nur ihn hat Myers im Auge: „Ich schaue mich in jedem Zimmer erst einmal genau um. So finde ich am ehesten heraus, wie die Katzen heute drauf sind.“ Sie freut sich, wenn die Tiere Fortschritte machen und langsam Vertrauen zu Menschen fassen. „Da merkt man einfach, dass es den ganzen Aufwand wert ist.“
Außergewöhnliches Ehrenamt
Mylene Myers ist ehrenamtliche Katzenstreichlerin im Tierheim Ludwigsburg. Sie ist eine von insgesamt neun Ehrenamtlichen, die den Vierbeinern auf der Katzenstation Zuneigung schenken. Da häufig zu wenig Zeit für Streichel- und Kuscheleinheiten mit Katzen bleibt, suchen viele Tierheime nach Katzenstreichlern. Gerade bei scheuen Tieren ist es wichtig, sie an Menschen zu gewöhnen. Sie können, genau so wie alte oder kranke Katzen, meist nicht vermittelt werden.
So ist es auch im Tierheim Ludwigsburg. Die BZ hat Mylene Myers einen Nachmittag bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit begleitet. Sie betreut einen Bereich, in dem etwas mehr als 20 Katzen auf vier Zimmer aufgeteilt sind. Myers Aussage nach befinden sich auf der gesamten Katzenstation etwa 80 Katzen – dazu zählen auch die, die in Katzenquarantäne müssen, weil sie neu ins Tierheim gekommen oder krank geworden sind.
Fast jeden Tag bei den Katzen
Die ehrenamtlichen Katzenstreichler kommen mehr oder weniger regelmäßig ins Tierheim. Myers ist da die Ausnahme, sie besucht die Katzenstation mittlerweile fast jeden Tag. Seit Februar 2023 ist sie dabei. „Ich bin durch einen Beitrag im Fernsehen auf Katzenstreichler aufmerksam geworden“, sagt sie. Die Fellbacherin arbeitet in Freiberg, daher sei das Tierheim Ludwigsburg ihre erste Anlaufstelle gewesen.
Durch ihre Teilzeitarbeit kann sie meistens zwischen 14 und 14.30 Uhr im Tierheim sein. Dann gibt sie den Katzen ein Mittagessen. „Wir haben bemerkt dass sie noch einmal Hunger haben und die Zeit ohne Futter von morgens bis abends einfach zu lang für sie ist“, erklärt sie. Um 16.30 Uhr schließt das Tierheim. Myers ist so gut wie immer bis zum Schluss bei den Katzen. „Die Zeit vergeht einfach jedes Mal so schnell“, sagt sie.
Katzen handzahm machen
Mylene Myers kennt die Katzen in- und auswendig. Sie macht sich Sorgen, als ein Kater nur herumliegt, und lobt eine scheue Kätzin, als diese ihre Berührungen zulässt. „Mir liegen die verwilderten Katzen besonders am Herzen. Da sie nicht zahm sind und sich dementsprechend nicht streicheln lassen, werden sie nur schwer vermittelt“, erklärt Myers. Die Ehrenamtlichen freuen sich über jeden Fortschritt, den die Tiere machen. Sei es nur ein Schnuppern an der Hand oder ein erwidertes Blinzeln.
Auch die 20-jährige Paola ist als Katzenstreichlerin in Ludwigsburg aktiv geworden. Sie besucht die Katzenstation einmal in der Woche. „Ich mache das nun seit eineinhalb Jahren. Ich habe Katzen schon immer geliebt“, sagt sie. Sie habe Spaß daran, Zeit mit den Tieren zu verbringen. Sie betont aber auch, wie wichtig es ist, respektvoll mit den Katzen umzugehen und zu akzeptieren, wenn sie in manchen Momenten keine Nähe möchten. Gemeinsam füllen die beiden Ehrenamtlichen die Näpfe, sorgen für Ordnung und streicheln die Katzen. Sie locken mit Leckerlis, sprechen und spielen mit ihnen.
Tiere sind auf Myers fixiert
Myers führt immer all diejenigen, die sich für das Ehrenamt interessieren, in der Katzenstation herum und zeigt, was beachtet werden muss. Um Katzenstreichler zu werden, müsse man Mitglied beim Tierheim Ludwigsburg sein, sagt sie. „Die Katzen sind mittlerweile sehr auf mich fixiert. Ich kenne sie mit am besten“, erklärt sie. Das ist auch der Grund, aus dem sie oftmals bei Besuchen von Interessenten dabei ist Sie tätigt auch Hausbesuche vor möglichen Vermittlungen. „Ich finde, dass sich mehr Leute bewusst machen müssen, was für eine Verantwortung es mit sich bringt, eine oder mehrere Katzen zu halten. Das unterschätzen viele leider“, sagt sie.
Das Ehrenamt bewertet sie als wichtig. Die Tiere brauchen ihre Kuscheleinheiten, Myers betont aber auch, dass es um mehr geht als bloßes streicheln und spielen. Schritt für Schritt müssen die Katzen an Menschen gewöhnt werden. „Es ist wichtig, den Wildbestand handzahm zu bekommen, damit er Vertrauen zu Menschen fasst“, sagt sie. Nur so haben die Katzen die Chance auf ein neues Zuhause. „Als Katzenstreichler ist man für die Tiere da.“
Voraussetzungen fürs Ehrenamt
Fingerspitzengefühl sei wichtig, wenn man Katzenstreichler werden möchte, ebenso ein Gespür für die Katzen und natürlich Tierliebe. „Dann kann das aber fast jeder machen“, sagt die Ehrenamtliche. Auch, wenn die Arbeit mit den scheuen Tieren herausfordernd sein kann, erfüllt sie Myers. „Das Ehrenamt gibt mir so viel. Ich denke nicht an meine Probleme, wenn ich hier bin, sondern kann einfach abschalten.“ Während sie das sagt, liegt ein Kater schnurrend auf ihrem Schoß. Eine andere Katze schmiegt vorsichtig das Köpfchen an ihre Schulter.
Die Ehrenamtlichen sind mit Herz dabei und freuen sich, wenn die Katzen soweit sind, dass sie eine Chance auf Vermittlung haben.