Trockenheit 420 Liter pro Quadratmeter fehlen

Von Martin Hein
Im Gewann Steingereut/Galgenäcker wurde ein Fichten-Trockenlager eingerichtet. Dort können die Stämme ohne Gefahr eines Borkenkäferbefalls und ohne Spritzung gelagert werden. ⇥ Foto: Burkhard Böer

Ein Niederschlagsdefizit plagt den Wald. Der Boden als Wasserspeicher spielt eine wichtige Rolle. Langfristig überstehen nur trockenheitsliebende Bäume solche Trockenperioden.

Auf den ersten Blick sieht im Wald alles wunderbar grün aus. Das geschulte Auge des Fachmanns erkennt jedoch, dass selbst trockenheitsliebende Bäume wie Douglasien inzwischen unter Wassermangel leiden. Am eher graugrünen statt satten grünen Nadelkleid sieht Revierförster Burkhard Böer, dass den Bäumen das kühle Nass fehlt. Burkhard Böer ist zuständig für das Forstrevier Bönnigheim, dazu gehören der südliche Teil von Sachsenheim (Großsachsenheim und Kleinsachsenheim), der Gemeindewald Kirchheim, Bönnigheim und Erligheim. In seinem Forstrevier sind sehr unterschiedliche Böden anzutreffen.

Die Trockenheit im Wald ist ein recht komplexes Thema. Der Boden, die Baumarten und natürlich das Klima spielen hier eine entscheidende Rolle. Das Regenwasser sollte im Idealfall auch im Boden für die Pflanzen und Bäume gespeichert werden. Deshalb ist bei der aktuell immer noch vorherrschenden Trockenheit im Wald nicht nur entscheidend, welche Bäume dort wachsen, sondern vor allem auch, auf welchem Boden die Bäume stehen. Bis zu einer Tiefe von 1,80 Meter dient der Boden für die Bäume als Wasserspeicher. Das Wasserspeichervermögen  ist je nach Bodenart sehr unterschiedlich.

Drei Bodenarten kommen im Revier von Burkhard Böer hauptsächlich vor. Auf der Hochfläche des Strombergs  ist beispielsweise Sandboden anzutreffen. Dieser Boden ist durch die Verwitterung von Standstein entstanden. Sandboden kann kein Wasser speichern. Das Wasser fließt durch den Sandboden hindurch und wird direkt in tieferliegende Gesteinsschichten abgeleitet. Bei Kleinsachsenheim und Bönnigheim hingegen sind Lösslehmböden leider nur außerhalb des Waldes  anzutreffen. Lösslehmböden sind nicht nur sehr gute Nährstoffspeicher, sondern zudem auch hervorragende Wasserspeicher.

Als dritte Variante gibt es hier noch die schweren Tonböden, die im Wald zwischen Kleinsachsenheim und Freudental vorkommen. Charakteristisch für Tonböden ist, dass sie im Winter aufquellen und sich vom Laufgefühl her eher weich wie Moorböden verhalten, in einem trockenen Sommer hingegen sind diese Tonböden hart wie Beton. In einer Trockenphase bildet Tonboden dann teils handbreite Risse, die auch Baumwurzeln abreißen können. Diese schweren Böden haben zwar eine große Wasserrückhaltekraft. Jedoch ist das Wasser fest gebunden und steht den Pflanzen nicht zur Verfügung.

Die Fichte verschwindet

Dass vor rund einhundert Jahren nicht unbedingt ideale Baumarten angepflanzt wurden, zeigte sich spätestens 1990 bei den Stürmen Vivian und Wiebke sowie 1999 beim Sturm Lothar und in den darauffolgenden Käferjahren. Umso wichtiger ist nach Ansicht von Böer die Rückbesinnung auf Baumarten, die mit den klimatischen Gegebenheiten und Bodenqualitäten in unserer Gegend gut zurechtkommen. Dazu gehören beispielsweise trockenheitsliebende Bäume wie die Trauben- und die Stieleiche. Die Traubeneiche kommt mit Sandböden hervorragend zurecht und kann sogar bis zu 300 Jahre alt werden. Die Stieleiche wächst gerne auf Tonböden, die Elsbeere, der Speierling, aber auch die Douglasie und Kiefer kommen gut mit Trockenheit zurecht. Wichtig ist auch zur Risikominimierung, dass man nicht nur auf eine Baumart setzt, sondern eine gesunde Mischung dieser Bäume kultiviert. Ein Baum, der sich hierzulande inzwischen schwer tut, ist die Fichte, die unter den hiesigen klimatischen Gegebenheiten keine Zukunft mehr hat. Böer weist darauf hin, dass die Fichte bei uns sowieso keine heimische Baumart ist. Fichten wurden ab 1900 zur Reparatur unserer übernutzten beziehungsweise ausgeplünderten Wälder angepflanzt. Die Fichten haben als Flachwurzler ohnehin schon Schwierigkeiten mit der Wasserversorgung und sind zudem, wie sich gezeigt hat, nicht sonderlich sturmfest. Spätestens seit 1990 werden auch deshalb keine Fichten mehr angepflanzt. Hinzu kommt, dass sogenannte Vitalitätsprobleme bei Fichten ein gefundenes Fressen für Borkenkäfer sind.

Schadholz, das zuletzt der Sturm Sabine hinterlassen hat, begünstigt derzeit das Aufkommen des Borkenkäfers. Momentan wird in den Wäldern das Schadholz vom Sturmtief Sabine aufgearbeitet. Nach Auskunft von Revierleiter Böer wird diese Arbeit noch rund drei bis vier Wochen in Anspruch nehmen. Wegen der Corona-Krise nehmen die Sägewerke momentan kaum Holz ab. Deshalb müssen die Forstleute das Schadholz in fichtenfreie Waldbereiche wie zum Beispiel im Gewann Galgenäcker transportieren, um einen Borkenkäferbefall zu verhindern und eine alternative Spritzung zu vermeiden. In einem kleinen Wäldchen beim Eichwaldgelände zwischen Großsachsenheim und Unterriexingen werden inzwischen Fichtenstämme gelagert. Das ist momentan die Arbeit im Forstrevier für die nächsten Wochen.

Wasser und Niederschläge

Die nach wie vor anhaltende Trockenheit besteht nach Aussage von Böer nicht erst seit diesem Jahr. Inzwischen  liegen seit 2015/2016 bereits fünf Jahre Trockenheit hinter uns. Örtliche Wetteraufzeichnungen belegen, dass wir uns aktuell in der längsten Trockenperiode seit rund 70 Jahren befinden. Seit 2015 plagt den Wald inzwischen ein Niederschlagsdefizit im Gesamtboden einschließlich bis ins Grundwasser von beachtlichen 420 Litern auf den Quadratmeter. Diese gewaltige Niederschlagsmenge fehlt auch den Bäumen. Abgesehen von den zu hohen Temperaturen war der vergangene Winter von der Regenmenge her halbwegs normal. Der extrem starke Regen im Februar war für die Natur dringend notwendig. Auch dass es kein Starkregen war, sondern über viele Tage gleichmäßig geregnet hat, war ideal. Das gewaltige Wasserdefizit wurde dadurch jedoch nicht einmal annähernd ausgeglichen. Es gab zwar schon immer Wetterdefizite, allerdings nie mehr als zwei Jahre hintereinander. Meistens war dann das dritte Jahr ein besonders niederschlagsreiches Jahr. Wenn es regnet, helfen fünf Liter im Wald überhaupt nicht, so Böer. Bei jedem Regen muss man zehn Liter abziehen. Diese Wassermenge verdunstet bereits oben im Kronenbereich, Unterholz, Kraut- und Strauchbereich. Erst ab zehn Litern dringt Regenwasser überhaupt in den Waldboden ein.

Burhard Böer bezeichnet den Zustand trotz aller Trockenheit als derzeit noch halbwegs gut. Sollte aber der Wassermangel weiterhin anhalten, wird’s schwierig, so Böer. Neupflanzungen seien absolut gefährdet. Nur mit großem Pflege-Aufwand sind noch Neuanpflanzungen möglich. Hier müssen die Forstleute teilweise gießen. Abhilfe würde nur ausreichend Regen bringen, so das Fazit des Revierleiters.

 
 
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