Wie kann man in der Landwirtschaft für mehr Biodiversität sorgen? Wie mehr Arten von der Roten Liste in deutschen Feldern unterbringen? Wie mehr gefährdeten Insekten und Vögeln ein Zuhause bieten? Dieser Frage widmen sich Alicia Läpple vom Fachbereich Landwirtschaft des Landratsamts, Andreas Fallert, Geschäftsführer beim Landschaftserhaltungsverband Landkreis Ludwigsburg (LEV) und Werner Zibold, auf dessen Demobetrieb in Unterriexingen man sich am vergangenen Freitagabend zum jährlichen Feldrundgang versammelte, um die aktuellen Projekte auf verschiedenen Flächen zu begutachten. Mit dabei waren überwiegend Landwirte, die sich selbst für die Möglichkeiten interessierten.
Unterriexingen Bauern bereit für Biodiversität
Der Demobetrieb Zibold zeigte beim Feldrundgang Möglichkeiten, Biodiversität in der Landwirtschaft zu steigern – nun liegt der Ball bei der Politik.
Mehr Platz zwischen den Halmen
Auf dem ersten Acker wurde eine extensive Bewirtschaftung mit Winterweizen betrieben, der in halber Aussaatstärke gesät wurde: zwischen den Halmen war mehr Platz, sodass die ebenfalls ausgesäten Ackerwildkräuter dazwischen blühten. Darunter: Mageriten, diverse Kräuter – und Acker-Wachtelweizen, eine Art von der Roten Liste.
Direkt daneben geht die gleiche Bewirtschaftung aber nicht so gut auf, man sieht eher vertrocknete Erde. Der Grund: die Aussaat der Mischung erfolgte im Herbst. Suboptimal, das habe man auch schon geahnt, sagt Zibold – aber das Ziel des Demobetriebs sei eben das Visualisieren: Besser im Frühjahr aussähen.
Hüfthoch stehen auf der zweiten Fläche die Wildpflanzen in der Abendsonne: hier ist eine ganze Fläche nicht bewirtschaftet und den ausgesäten Pflanzen überlassen worden, als Blühbrache. 50 verschiedene Arten hat man hier auf einigen Quadrat-zentimetern, „ein Traum“, schwärmt Andreas Fallert. Insekten schwirren umher und bei Drohnenflügen hat man einige am Boden brütende Vogelarten gesehen, berichtet Zibold, etwa das Rebhuhn und die Feldlerche – „die Tiere gewöhnen sich schnell daran, dass sie hier ein Zuhause haben.“ Es wäre schon ideal, wenn ein bis zwei Prozent der landwirtschaftlichen Fläche für eine dieser zwei Optionen zur Steigerung der Biodiversität – extensive Ackerbewirtschaftung oder Blühbrache – verwandt würde, weiß LEV-Geschäftsführer Fallert. Aber die Landwirte hätten natürliche auch die wirtschaftliche und gesellschaftliche Aufgabe der Nahrungsproduktion. Abhilfe sollen Förderprogramme schaffen, die die Landwirte entschädigen, und für die der LEV auch wirbt – „am Ende ist es eine politische Entscheidung, ob die Gesellschaft bereit ist, diese Fläche, die wir als Landwirtschaft zur Verfügung stellen, auch finanziert“, stellt Werner Zibold klar.
Noch fehlt es an Geld
Im Moment aber sind viel Programme noch nicht ausreichend finanziert, um den Ertragsverlust auszugleichen. „Es liegt am wenigsten an den Landwirten, sondern an der Politik, dass sie die Prämien so anpasst, dass sie funktionieren.“ Und: die Programme müssen flexibel sein: „Wenn Einsaaten nicht funktionieren, muss es möglich sein, dass es eine Seitenstraße heraus gibt“, so Zibold, dass man umpflügt und an anderer Stelle neu startet. „Starr, unflexibel und mit vielen Auflagen versehen“ seien viele Förderprogramme noch, pflichtet ihm Alicia Läpple bei – obwohl viele Landwirte bereit wären, Flächen zur Verfügung zu stellen und ins Risiko zu gehen. Viele Programme werden deshalb nicht angefragt. „Die Bereitschaft bei der Landwirtschaft ist groß“, betont Zibold jedoch.
Aber: Ein Beitrag zur Biodiversität lässt sich auch schon im Kleinen leisten, weiß Alicia Läpple: Konsum regionaler und saisonaler Lebensmittel, kein Schottergarten, „den Rasen nicht immer auf drei Zentimeter mähen – die Liste ist lang.“