Der blutige Streit zwischen syrischen und türkischen Flüchtlingen in der Bietigheimer Flüchtlingsunterkunft vom 30. Dezember letzten Jahres, bei dem mehrere Messer im Spiel waren, ist am Freitag am Heilbronner Landgericht mit relativ milden Strafen von eineinhalb- bis zweieinviertel Jahre geahndet worden. Das Gericht stellte fest, dass die Messerstecherei kein versuchter Totschlag gewesen sei, sondern rechtlich nur noch als gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung zu werten ist.
Urteil nach Bietigheimer Messerattacke Milde Strafen für Messerstecher
Das Heilbronner Landgericht sah keinen versuchten Totschlag, sondern nur eine gefährliche Körperverletzung.
Hauptangeklagter muss in Haft
Deshalb wurde der 29-jährige Hauptangeklagte, dem ein einziger wuchtiger vier Zentimeter tiefer Messerstich gegen eines der Opfer nachgewiesen wurde und der diesen Stich auch einräumte, nur noch wegen gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt.
Die beiden 22 und 23-Jährigen kamen mit Bewährungsstrafen von jeweils einem Jahr und sechs Monaten, glimpflich davon. Sie hatten bei der damaligen Auseinandersetzung keine Messer dabei, während der Hauptangeklagte seinen Messerstich einem der Opfer in die obere Brustseite versetzt hatte. Dabei wurde der Mann leicht an der Lunge verletzt. Dass ein weiterer Messerstich eine Rippe durchstoßen habe, wie es noch angeklagt war, ist nach dem Befund eines Gerichtsmedizinischen Gutachtens nicht nachweisbar.
Das Gericht stellte nun auch fest, dass der Messer-Streit wegen einer Nichtigkeit entfacht worden war. Den genauen Hintergrund klärte man letztlich nicht mehr, da wichtige Zeugen auch gar nicht mehr erreichbar waren.
Alle drei Angeklagten sind, seit sie sich in Deutschland aufhalten, nicht vorbestraft. Dieser Umstand und auch ihre letztlich eingeräumten Vorwürfe bewogen das Heilbronner Schwurgericht, Strafen zu verhängen, die sich noch im unteren Bereich befinden.
Allerdings hätte man – ohne Geständnisse – bis zu vier Jahre Haft verhängen können. Zugute gehalten haben die Richter den Angeklagten aber auch die festgestellte Tatsache, dass die Opfer ebenfalls mit Messern ausgestattet waren, als man sich an jenem 30. Dezember auf dem Parkplatz der Bietigheimer Unterkunft traf. Die jetzt verhängten Urteile sind das Ergebnis einer sogenannten außergerichtlichen Absprache zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidiger, wobei die Kammer Freiheitsstrafen-Obergrenzen von zwei Jahre und acht Monaten offeriert hatte. Jedoch nur unter der Voraussetzung von Geständnissen.
Cannabis konsumiert
Alle drei Angeklagten hatten etwa ein oder zwei Tage vor dem Tattag Cannabis konsumiert. Doch die Menge reichte nach Auffassung eines Sachverständigen nicht aus, für die Tat von einer verminderten Schuldfähigkeit auszugehen. Auch eine Einweisung in eine Entzugstherapie-Einrichtung sei nicht nötig, sagte der Sachverständige. Schließlich stellte das Gericht im Urteil auch fest, dass die Verletzungen des Opfers durch den Messereinsatz zwar lebensbedrohend, aber nicht lebensgefährlich waren, wie die Gerichtsmedizinerin ausführte.
„Seien Sie froh, dass angesichts des Messers nichts Schlimmeres passiert ist“, sagte der Vorsitzende Richter am Schluss seiner Urteilsbegründung. Die beiden Angeklagten, deren Urteile zur Bewährung ausgesetzt wurden, durften nach achtmonatiger Untersuchungshaft wieder als freier Mensch den Gerichtssaal verlassen. Bernd Winckler