Urzelntag in Sachsenheim 2020 Mit Peitschenknall und Glockenklang durch die Stadtteile

Von Michaela Glemser
Jede Urzelnmaske ist ein Unikat. Foto: Helmut Pangerl

Rund 500 Urzeln ziehen im Häs durch die Straßen und Gassen, ein Zeichen für gelebtes Brauchtum und eine funktionierende Gemeinschaft.

Mit lautem Peitschenknall und Glockenklang zogen rund 500 Urzeln am Samstag durch Sachsenheim.

Unter den Hästrägern war auch Anette Thellmann aus Esslingen, die im Kinderwagen ihre dreijährige Tochter Magdalena schob und an der Hand den fünfjährigen Leopold führte. Auch ihr Mann Bernd war mit von der Partie, er stammt aus Siebenbürgen und kennt schon seit frühester Kindheit die Tradition des Urzelnlaufs.

In Agnetheln haben die Urzeln früher die Handwerksgesellen begleitet und beschützt, welche die Zunftlade vom bisherigen Gesellenmeister zum neuen brachten. „Ich finde es schön, dass diese Tradition heute noch aufrecht erhalten und so liebevoll gepflegt wird. Deshalb ist es für mich selbstverständlich, dass unsere ganze Familie im Häs an diesem Tag dabei ist“, schwärmte Anette Thellmann.

Auch die Familie von Maja Bitto-Fielk ist bereits seit Generationen eng mit den Urzeln verbunden. „Seit mehr als 15 Jahren bin ich schon als Reifenschwingerin aktiv. Es kommt vor allem auf runde, fließende Bewegungen beim Schwingen an, damit die gefüllten Weingläser im Reifen nicht herunterfallen“, erklärte Maja Bitto-Fielk, die gemeinsam mit Nicole Auchter und Birgit Andree die Gläser in den Reifen nicht nur bei den Brauchtumsvorführungen auf dem Äußeren Schlosshof in Großsachsenheim balancierte, sondern in diesem Jahr auch in Kleinsachsenheim.

Maja Bitto-Fielks Ehemann Dieter wiederum trug die weit über 30 Kilogramm schwere Kürschnerkrone, auf der sich Füchse drehen, die Marder im Maul haben, die wiederum Eier fressen. Dies soll den Lauf des Lebens und der Natur symbolisieren. Gemeinsam mit Alfred Hütter als Treiber und Daniel Schröpfer im dicken Bärenfellkostüm stellte Fielk bei den Brauchtumsvorführungen die Zunft der Kürschner da.

Singende Zunft der Schneider

Die Zunft der Schneider repräsentierte Thomas Lang als Mummerl, der seine Mutter Christiane im Schneiderrössle-Kostüm auf dem Schlosshof tanzen ließ. Das Kommando bei den Vorführungen hatte Hauptmann Edi Hahner inne, der von den beiden Engelchen, den Geschwistern Frieda und Paul Kleinschmitz, begleitet wurde.

Der Zunftmeister der „Urzelnzunft Sachsenheim“, Thomas Lutsch, freute sich bei strahlendem Sonnenschein darüber, dass nicht nur zahlreiche Bürger den Äußeren Schlosshof säumten, sondern auch die Straßen in den einzelnen Stadtteilen. „Als wir 1965 mit 13 Urzeln begonnen haben, war dieser Brauch in Sachsenheim gar nicht bekannt, und die Leute waren skeptisch. In Ochsenbach hat uns eine Bauersfrau sogar einmal mit Kartoffeln beworfen. Dies hat sich gravierend geändert. Heute freuen sich alle Sachsenheimer mit uns und betonen: ‘Das sind unsere Urzeln.‘“, machte Lutsch deutlich.

Bürgermeister bei den Urzeln

Der Zunftmeister wurde mit seinen Hästrägern vor dem Wasserschloss nicht nur vom amtierenden Bürgermeister Holger Albrich empfangen, sondern auch von dessen Amtsvorgängern Andreas Stein und Horst Fiedler. „Die Tradition, das Bekannte und Vertraute gibt Halt in unserer Zeit. Das Brauchtum ist Teil unserer Gemeinschaft und unseres Zusammenhalts“, betonte Albrich und rief dazu auf, diese Gemeinschaft gegen alle Tendenzen zu verteidigen, die diese stören und zerstören wollten.

Wie in den vergangenen 40 Jahren mischte Albrich auch in diesem Jahr als Urzel im Umzugsgeschehen mit, denn wer einmal beim Urzelnlauf aktiv dabei war, kommt immer wieder.

Wie immer zogen die Urzeln durch alle Ortseile. In Hohenhaslach wurden sie dabei von den Landfrauen bewirtet. was die an Leckereien vorbereitet hatten, lesen Sie hier: Landfrauen in Sachsenheim backen für die Urzeln.

Lesen Sie außerdem: Großsachsenheimer Pfarrer: Warum Häs und Glaube sich nicht beißen.

 
 
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