Vaihingen Haftstrafe und Unterbringung in Psychiatrie gefordert

Von Henning Maak
Der Fall wird vor dem Landgericht Stuttgart verhandelt. Foto: /Imago/Dirk Sattler

Im Prozess vor dem Landgericht Stuttgart gegen einen 37-Jährigen geht es um Körperverletzung und Beleidigung. Die Verteidigung hältjedoch Bewährungsauflagen für ausreichend. 

Völlig gegensätzlich schätzen Staatsanwaltschaft und Verteidigung die Zukunft eines 37-jährigen Mannes ein, der sich derzeit am Landgericht Stuttgart wegen gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verantworten muss. Der Angeklagte hat die Taten im Juni und Juli vergangenen Jahres eingeräumt und ist sich bewusst, dass er diese in einem psychischen Ausnahmezustand begangen hat. Der Gutachter Professor Nenad Vasic hat ihm zumindest verminderte Schuldfähigkeit aufgrund einer schizoaffektiven Störung attestiert. Fraglich ist, welche Folgen die Taten für den 37-Jährigen haben werden.

Im Juni 2022 hatte der Angeklagte einen Busfahrer bei einer Pause in Eberdingen mit den Worten „Du Arschloch, fahr weiter, ich muss zur S-Bahn“ beleidigt und anschließend ins Gesicht geschlagen.

Als der Busfahrer die Polizei rief und zwei Beamte ihn auf dem Polizeirevier in Vaihingen vernahmen, beleidigte er diese als „Nazis“, „Führer“ und „Dummer Doktorand“. Als er zwei Tage später nach einer anderen Straftat in die Notaufnahme des Klinikums Ludwigsburg gebracht wurde, beleidigte er zwei begleitende Polizisten als „Nazis“ und „Hurensöhne“ und machte es ihnen schwer, ihm Handschellen anzulegen.

Er hatte auch eingeräumt, Ende Juli vergangenen Jahres einen Mann im Stadtgarten in Stuttgart, der schlecht englisch sprach, als „Nazi“ und „Skinhead“ bezeichnet und diesem zwischen die Beine getreten zu haben. „Ich kam mir vor wie der König in seinem Reich und wollte den Mann beherrschen“, hatte er erklärt.

Als er sechs Stunden später nach der Vernehmung durch die Polizei wieder auf der Straße war, kam es in der Lautenschlagerstraße zu einer weiteren Auseinandersetzung. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft fügte er einem Mann mit einem spitzen Stift eine kleine Stichwunde am Hals zu.

Staatsanwalt Marco Pattis forderte für den 37-Jährigen in seinem Schlussplädoyer eine zweijährige Haftstrafe ohne Bewährung und eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Es seien weitere Straftaten von ihm zu befürchten, seine Behandlung mache zwar gute Fortschritte, sei aber noch nicht abgeschlossen.

Hoffnung reicht nicht aus

Zudem gebe es keinen sozialen Empfangsraum für ihn, er habe weder eine Wohnung noch einen Job. „Allein die Hoffnung auf Straffreiheit reicht nicht aus“, sagte Pattis, der es dem Mann jedoch hoch anrechnete, dass er im Prozess geständig gewesen sei und sich bei allen Betroffenen entschuldigt habe. Rechtsanwalt Horst Leitenberger hielt eine Bewährungsstrafe für den 37-Jährigen für ausreichend.

Dieser brauche ein „enges Setting“ für seine weitere Behandlung. Dies sei in einem Gefängnis oder im Justizvollzugskrankenhaus nicht möglich, in einem psychiatrischen Krankenhaus schwierig.

Er plädierte dafür, den Mann, dessen Selbstmord des Vaters Auslöser der psychischen Probleme war, unter der Aufsicht eines Bewährungshelfers medikamentös richtig einzustellen und ihn aus diesem sicheren Rahmen heraus eine Wohnung und eine Arbeitsstelle suchen zu lassen. Übergangsweise könne er in der Wohnung seiner Mutter unterkommen. Der Angeklagte sei darüber hinaus auch bereit, sich freiwillig in einer Klinik behandeln zu lassen. Am 3. April will das Landgericht seine Entscheidung verkünden.   Henning Maak

 
 
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