Auch am siebten Verhandlungstag der Anklage gegen die ehemalige Rettungssanitäterin in Ausbildung, Anna W., der vorgeworfen wird, in fünf Fällen versucht zu haben, drei ihrer ehemaligen Kollegen mit einer Überdosis an Medikamenten zu töten (die BZ berichtete), wurden weitere Zeugen gehört. Die Angeklagte zeigte auch während der mehr als sechsstündigen Verhandlung vor dem Landgericht Heilbronn erneut keinerlei Gefühlsregungen, allerdings musste die Sitzung einmal für etwa eine halbe Stunde unterbrochen werden, da es der Angeklagten vorübergehend nicht gut zu gehen schien.
Vaihingen Prozess tritt etwas auf der Stelle
Am siebten Tag der Verhandlung gegen die ehemalige Rettungssanitäterin in Ausbildung sagen erneut Zeugen vor dem Landgericht Heilbronn aus.
Allgemein wurde Anna W. aus Zeugensicht erneut als extrem introvertierte Persönlichkeit beschrieben, die sich schwer getan habe, auf andere Menschen – insbesondere auf ihre Patienten - zuzugehen oder angemessen mit ihnen kommuniziert zu haben.
Immer wiederkehrende Verhaltensschemata wie etwa Zusammenbrüche, Weinkrämpfe oder die damit verbundene Unfähigkeit, bei Einsätzen angemessen und ihrem Kenntnisstand entsprechend zu reagieren, habe sie stets, wie etwa ein Zeuge, ein Notfallsanitäter, berichtete, immer wieder posttraumatische Belastungsstörungen als Grund genannt, die vor allem Negativerfahrungen aus sexualisierter Gewalt aus der Grundschulzeit sowie der Angst um ihre zeitweise an Krebs erkrankte Mutter geschuldet seien. Im theoretischen Bereich sei sie durchaus bewandert gewesen, sagte er, jedoch mangele es im praktischen Teil der Ausbildung, hier offenbarte sie Defizite, und er sowie sein Kollege hätten ihr mehrmals „mit Engelszungen“ nahegelegt, sich zu überlegen, ob nicht eine andere Ausbildung besser für sie passen würde.
Eine Zeugin, die als Notfallmedizinerin seinerzeit, im April 2024, Anna W.s damaligen Vorgesetzten in der Notfallaufnahme auf Verdacht einer Vergiftung im Krankenhaus Mühlacker betreut hatte, sagte aus, dieser habe Erinnerungslücken gehabt und überdies einen sehr verwirrten Eindruck hinterlassen. Gleichwohl habe man weder beim Epilepsieabgleich noch während der Kernspintomografie Auffälligkeiten festgestellt, die eine Intoxikation oder einen Schlaganfall hätten in den Bereich des Möglichen rücken können.
Keine Intoxikation
Auch sonst habe der Patient einen stabilen und nicht weiter auffälligen Eindruck gemacht. Aus den Reihen der Zeugen aus dem polizeilichen wie auch kriminalpolizeilichen Bereich kamen nochmals die Durchsuchungen auf der Wache sowie im Zimmer von Anna W. im elterlichen Haus zur Sprache, ebenso die Vernehmungen der drei Geschädigten. Diese seien nach den fünf Vorfällen zwischen Oktober 2023 und April 2024 unabhängig voneinander übereingekommen, dass es nur Anna W. habe sein können, die die Substanzen in die Getränke gemischt haben konnte. Dies ging aus den Aussagen, die sich auf die Vernehmungen einer Kriminalhauptkommissarin und dem mittlerweile pensionierten Polizeikommissar stützten, hervor.
Ein weiterer Polizeibeamter, der seinen Dienst in Ludwigsburg verrichtet, ging auf die Sichtung der Unterlagen ein, die man bei der Durchsuchung gefunden hatte sowie über die Auswertung ihres Handys. Hier hätten vor allem die WhatsApp-Chats keine größeren Erkenntnisse oder gar Verdachtsmomente gegen Anna W. ergeben, außer den Umständen, dass sie sich schon früh, bereits im Jahr 2023 und somit noch vor ihrer Ausbildung beim DRK-Ortsverein Bietigheim-Bissingen und später, auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin, beim Ortsverein Vaihingen für die Wirkung von Medikamenten auf den eigenen Körper und die Psyche interessiert habe.
An Medikamenten interessiert
Dies, so der Zeuge, sei eindeutig aus den Unterhaltungen hervorgegangen. Er betonte aber auch, dass, als sich erste Verdachtsmomente gegen sie erhärtet hätten, Anna W. stets betont habe, sie habe „zu keiner Zeit jemanden umbringen zu wollen.“ Dies bestätigte auch die Kriminalhauptkommissarin in ihrer Aussage, die seinerzeit mit der Hausdurchsuchung und die Übergabe des Haftbefehls an Anna W. betraut war.
Verteidiger Jan Smollich beantragte, um „die Lücke in der psychotherapeutischen Befragung zu schließen“, die Vorladung einer weiteren, zuvor Anna W. betreuenden Psychotherapeutin.
Der Prozess vor dem Landgericht Heilbronn wird am heutigen Freitag fortgesetzt, wegen weiterer vorgesehener Zeugenvernehmungen wurde vom Vorsitzenden Richter Martin Liebisch kurzerhand ein zusätzlicher Verhandlungstermin am Dienstag, 4. November, zwischen 9 und 12.30 Uhr anberaumt.
