Es gibt ein Foto von Berno Kooij, auf dem er in orangefarbener Hose, verdrecktem T-Shirt und Schutzhelm auf einer Hafenmauer steht. Im Hintergrund ist ein riesiges Bohrgerät vor Wolkenhimmel zu sehen. Kooij lächelt in die Kamera. Das war vor ein paar Jahren auf Helgoland. Zum Grinsen hätte er nun wieder Grund: Der Brunnenbauer bei der Firma BTR Bohrtechnik Roßwag ist einer der besten Azubis der Handwerkskammer Region Stuttgart.
Vaihingen Schauen, was im Boden ist
Berno Kooij ist Brunnenbauer in Vaihingen-Roßwag. Und einer der besten Azubis im Landkreis Ludwigsburg. Was ist so toll daran, im Boden herumzubohren? Die BZ hat nachgefragt.
„Stimmt, da kam letztens ein Schreiben, glaube ich“, sagt Kooij. Die Telefonverbindung rauscht und bricht immer wieder ab. Der 21-Jährige ist gerade auf dem Heimweg von einer Baustelle bei Duisburg an seinen Wohnort in Emmerich an der Grenze zu den Niederlanden. 45 Minuten in eine Richtung ist er unterwegs. „Ganz okay“, sagt er.
Brunnenbau ist mehr als nur nach Wasser zu bohren
Denn die Roßwager Firma des frisch gebackenen Brunnenbau- Gesellen arbeitet deutschlandweit. Kein Problem für Kooij, der für die Ausbildung von seiner Heimatstadt Emmerich zeitweilig nach Vaihingen zog. 450 Kilometer trennen die beiden Orte, nur 20 mehr als nach Helgoland. Allerdings kommt man nur per Fähre auf Deutschlands einzige Hochseeinsel und zurück. Und manchmal auch gar nicht, wenn das Wetter zu schlecht fürs Übersetzen ist.
„Da ist man dann fast gefangen“, sagt Berno Kooij. Obwohl er Montageeinsätze sonst sehr schätzt: „Wir sind dann meistens alle zusammen in einem Ferienhaus untergebracht“, sagt Kooij. Neben der Arbeit verbringt das Team dann auch die Freizeit miteinander. „Das ist wie in einer Familie.“
Auch der schlimmste Sturm zieht jedoch mal vorbei. Die Arbeit auf der Insel sei aber trotzdem nur im Sommer möglich, so Kooij. Im übrigen Jahr sei es dort einfach zu windig und zu regnerisch. Erst recht auf der Mole des Inselhafens. Die war schwer in die Jahre gekommen, als Berno Koij und seine Kollegen dort vor zwei Jahren ankamen. Ihr Auftrag: „Mit Probebohrungen untersuchen, wie der Untergrund aussieht“, erzählt der 21-Jährige. „Anschließend haben wir ihn stabilisiert.“ Klingt nicht nach dem, was man sich landläufig unter Brunnenbau vorstellt. „Natürlich bohren wir auch nach Wasser.“ Der Beruf sei aber deutlich vielfältiger.
Herausfinden, was im Untergrund ist
Oft geht es um sogenannte Baugrunderkundungen. „Das bedeutet, dass Proben aus dem Untergrund herausgeholt werden“, erklärt Kooij. Geologen werten sie dann aus. Das kommt etwa vor, wenn vor dem Bau eines Gebäudes nicht ganz klar ist, wie der Untergrund beschaffen ist. Oder wenn sich dort möglicherweise Altlasten befinden. Oder dort eingelagert werden sollen wie bei der Suche nach Endlager für Atommüll in Deutschland.
Um Industriehinterlassenschaften geht es auch bei Kooijs aktueller Baustelle in der Nähe von Duisburg. „Das ist ein alter, 98 Meter tiefer Schacht aus den 1960er-Jahren“, erzählt er. „In der Region gab es ja früher viel Bergbau. Nach dessen Ende wurden viele Schächte einfach zugeschüttet, auch in diesem Fall. „Wir sollen schauen, wie sicher der Schacht noch ist.“
Ab sieben Uhr morgens ist er auf der Baustelle. „Die Bohrmaschine kontrollieren und vorbereiten“, sagt er. Die gibt es in allen Größen, vom Minibagger mit Bohrer bis zum fahrbaren Bohrturm für sechsstellige Summen. „Das ist schon eine große Verantwortung, mit so einem Gerät zu arbeiten“, gibt der 21-Jährige zu. „Es gibt einem aber auch ein belohnendes Gefühl. Das macht schon etwas mit einem.“
Technik und Kopfarbeit: Die Mischung macht’s
Was er noch an dem Job als Brunnenbauer schätzt: „Du arbeitest auch viel mit dem Kopf. Wir sehen beim Bohren ja nicht, was wir machen“, erklärt Berno. Deswegen gehöre neben der Technik und der körperlichen Seite auch ein großes Vorstellungsvermögen zum Berufsbild.
In den Niederlanden, aus denen seine Familie stammt, ist das übrigens kein Ausbildungsberuf. „Da läuft das über Zertifikatskurse“, erzählt Berno Kooij. So sei sein Vater vor mehr als zehn Jahren zum Brunnenbau gekommen. „Ich habe ihn dann einmal für ein Praktikum auf eine Baustelle begleitet“, erzählt er. Das war die Helgoländer Hafenmauer. „Anschließend wurde ich gefragt, ob ich Lust auf eine Ausbildung hätte.“
Hatte er: Zwei Jahre dauerte die, mit Ausbildungsabschnitten in Stuttgart und im niedersächsischen Rostrup an der Brunnenbauerschule. Üblich sind drei Jahre. „Weil ich Abi hatte, durfte ich verkürzen“, sagt Kooij. Verlängern will der frisch gebackene Geselle hingegen bei seinem Roßwager Ausbildungsbetrieb. „Ich will im Brunnenbau bleiben“, sagt er. Das sei auch ein zukunftssicherer Job. „So schnell lassen wir uns nicht ersetzen.“