Volkstrauertag in Bietigheim Der Vergangenheit verpflichtet

Von Jonathan Lung
Bürgermeister Michael Wolf am Sonntag in der Kirche St. Peter in Bietigheim. Foto: Andreas Essig

Beim Volkstrauertag in der Friedhofskirche St. Peter betonte Bürgermeister Wolf die traurige Aktualität des Anlasses.

Am Eingang der Friedhofskirche von St. Peter in Bietigheim stehen Namen. Es sind Dutzende, aufgelistet unter fünf Jahreszahlen: 1914, 1915, 1916, 1917, 1918. Es sind – waren – Bürger Bietigheims, die in diesen Jahren in den Schlachten des Ersten Weltkriegs starben, nicht mehr zurück an die Enz kamen, zurück nach Hause.

Ihnen zu gedenken, und so vielen anderen, die das gleiche Schicksal teilen mussten, die Opfer von Krieg und Gewalt wurden, kam man am vergangenen Sonntag in eben jener Kirche zusammen – es war Volkstrauertag.

Wozu sind Kriege da? Warum nehmen wir den Frieden, dieses seltene Glück als so selbstverständlich an? Das waren Fragen, die Schüler des Ellentalgymnasiums sich und den Zuhörern stellten. Aber auch, dass der Volkstrauertag daran erinnere, dass es nach schlimmsten Ereignissen auch ein Morgen gebe, eine Zukunft, die besser sein kann.

Bürgermeister Michael Wolf betonte die Aktualität des traurigen Anlasses: Was viele nicht für möglich gehalten hätten, sei dieses Jahr eingetreten – es gibt wieder Krieg in Europa. „Die Bilder erinnern stark an zerstörte Städte in Europa 1945“: Menschen, die vor Bomben fliehen, die sich von ihren Familien an der Grenze verabschieden müssen, oder „gar für immer Abschied nehmen müssen an langen, frisch ausgehobenen Grabreihen“. In Deutschland rufe das in besonderer Weise Erinnerungen wach: „Für Überlebende muss es sich als ein schlimmes Déjà-vu anfühlen.“

„Mit diesem brutal angegriffenen Land verbindet uns vieles“, stellte Wolf klar: Gewalt und Leid, aber auch der „Wille zur demokratischen Selbstbestimmung für eine friedliche Zukunft“. „Der Volkstrauertag gibt uns aber auch einen Handlungsauftrag“, so der Redner: „Die Vorgänge im Bewusstsein bewahren“ und „gemeinsam in Europa für Menschenrechte, Frieden und Freiheit eintreten“, seien die Verpflichtungen aus der Vergangenheit, die man „hier in Bietigheim-Bissingen sehr ernst“ nehme.

„Tod und Trauma sind Themen, die in Deutschland immer wieder gerne verdrängt werden“, stellte Wolf fest – ein Anlass wie der Volkstrauertag biete auch insofern ein wichtiges Moment der Rückbesinnung.

So gedachte man am Sonntag in Bietigheim gemeinsam: Die Schüler, der Vertriebenenverein Böhmerwaldbund Bietigheim, das Stadtorchester Bietigheim spielte, und die Sängerinnen und Sänger des Sängerkranzes sangen. Zu der Melodie von „Ich hatte einen Kameraden“ legten Angehörige der Bundeswehr Kränze an den Mahnmalen des Friedhofs nieder: Für die Opfer beider Weltkriege, von Gewalt und Vertreibung. Im Hintergrund das Kirchenportal mit den Namen der Gefallenen des Weltkriegs.

  Jonathan Lung

 
 
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