Vom Ausmisten, Wegwerfen und Behalen. Endlich wieder ordentliches Kabarett

Von Bettina Nowakowski
Der Kabarettabend mit Olaf Bossi im Kleinkunstkeller war der erste nach der Corona-Pause. ⇥ Foto: Oliver Bürkle

Am Freitagabend räumte Kabarettist Olaf Bossi im Kleinkunstkeller ordentlich auf mit seinem Programm „Endlich Minimalist“.

Das Wort des Abends war ohne Frage „Endlich“. Endlich wieder Live-Kabarett, so die erwartungsvollen Aussagen der zahlreich erschienenen Besucher am Freitagabend im Kleinkunstkeller, die sich auf den Nachholtermin vom letzten Jahr sichtlich freuten. „Endlich, endlich geht es wieder los“, so die Begrüßung des Publikums durch Kulturamtsleiter Stefan Benning.

Überraschungseinlage

Zum Start gab es eine kleine Überraschungseinlage mit dem Comedian Jakob Friedrich aus Besigheim, der seinen Arbeitsalltag als Facharbeiter in der Metall- und Elektroindustrie und die Eigenheiten seines Chefs persiflierte. Sein Programm wird im Februar im Kleinkunstkeller zu sehen sein.

Anschließend betrat Kabarettist Olaf Bossi die Bühne, auf der bereits mehrere Kartons mit den Aufschriften „Klamotten“, „Spenden“ oder „kann man noch brauchen Sachen“ standen. Brauche ich das wirklich oder kann das weg? Das waren die Fragen, die sich Olaf Bossi stellte. Vorab aber – mit Blick in den Zuschauerraum - müsse er es kurz genießen: „Endlich Menschen, echte Menschen…“.

Es folgten zwei ausgesprochen kurzweilige und unterhaltsame Stunden zum Thema Aufräumen und Minimalismus. Bossi erzählte aus dem täglichen Chaos in seinem Familienleben mit Frau, zwei Kindern und Katzen, und dass man einfach nie etwas wiederfinde. Eine Dokumentation über Minimalismus sollte helfen und Ordnung ins Leben bringen. Und obwohl Olaf Bossi lieber erst einmal seine Steuererklärung entsorgt hätte, ging es dann mit vermeintlichem Konzept an die Klamotten, Bücher, das Ausmisten von Küche, Bad und der Plattensammlung. Der Kleiderschrank seiner Frau sei so voll, dass manchmal Motten herauskämen, um kurz nach Luft zu schnappen, erklärte Olaf Bossi. Im vollgestapelten Bücherregal, das nach dem Motto „Free Billy“ endlich entrümpelt werden sollte, fand sich noch das in Folie eingeschweißte „Windows 98“-Handbuch wieder. Emotional am schwersten sei Olaf Bossi das Ausmisten seiner Plattensammlung und der selbst zusammengeschnittenen Kassetten mit den Originalkommentaren der Radiomoderatoren der 1980er gefallen. Beim Jingle vom „Sandmännchen“ stellte Bossi fest, es sei „der einzige Wessi, der durch die Wiedervereinigung seinen Job an einen Ossi verloren hat“.

Kurz vor der Pause griff Olaf Bossi zur Gitarre. Denn er hat sich nicht nur als ein mit mehreren Kleinkunstpreisen ausgezeichneter Kabarettist einen Namen gemacht, sondern auch als Texter, Komponist und Liedermacher. Unter anderem mit dem für Vanessa Mai (damals noch bei Wolkenfrei) komponierten Song „Jeans, T-Shirt und Freiheit“ und forderte das Publikum zum Mitsingen auf. Anfangs etwas verhalten, dann aber zunehmend stimmgewaltig machten die Besucher mit und sorgten so für einen kleinen Gänsehautmoment.

Das digitale Ausmisten

Nach der Pause machte sich Olaf Bossi Gedanken über das „digitale Ausmisten“ von Fotos oder auf dem Computer gespeicherten Daten. Gott säße inzwischen auf einer Cloud und suche nach einer App-Solution für Beichtwillige. Die Engel Siri und Alexa habe er ja schon auf die Erde gesandt: „Alexa, ich habe gesündigt.“  Olaf Bossi verabschiedete sich mit zwei Zugaben und den Worten, dass es „ein toller Abend für mich war, ich habe das lange vermisst.“ Das sah auch das Publikum so und belohnte den gelungenen Kabarettabend mit viel Applaus.

 
 
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