Vom Glücklichsein auch in der Krise Die Bhutanesen lehren das Glücklichsein

Von Gabriele Szczegulski
Glücklich, so sagt er, ist der Bietigheimer Künstler Roland Bentz, wenn er in seinem Atelier am Waldrand malen kann. Der Austausch mit Menschen im Bhutan hilft ihm auch, während der Pandemie glückliche Momente zu haben. ⇥ Foto: Martin Kalb

Im Bhutan seht das Bruttonationalglück im der Verfassung verankert. Der Bietigheimer Künstler Roland Bentz lernte auf seinen Reisen in den Himalaya, wie man auch in der Krise glücklich sein kann.

Jigme Khesar Namgyel Wangchuck, der 5. König von Bhutan, Vorgänger des jetzigen Königs, verankerte 2008 in der ersten Verfassung des Königreichs das Bruttonationalglück. Damit ist der Bhutan das einzige Land auf der Welt, dass das Glück seiner Bürger als verfassungsmäßige Aufgabe der Regierung definiert. Ziel ist, die Menschen im Bhutan zu den glücklichsten der Welt zu machen.

Roland Bentz, Künstler aus Bietigheim-Bissingen, reist fast jährlich seit den 1990er-Jahren in den Bhutan, hat gute Beziehungen zum Königshaus und hochgestellten Personen. „Ja, meiner Meinung nach sind die Bewohner Bhutans mehr oder weniger glücklich, was aber, so finde ich, eher an der Religion, dem Bhuddismus liegt, der Zufriedenheit und Glück ja propagiert“, sagt er.

Ein Fragenkatalog von 600 Fragen richtet sich alle drei Jahre an die Bevölkerung, um herauszufinden, was diese glücklich macht und was nicht. Maßeinheiten sind dabei individuelles seelisches Wohlbefinden, selbst empfundene eigene Gesundheit als auch messbarer Gesundheitszustand, persönliche als auch familiäre Bildung und der eigene Lebensstandard sowie die Regierungsweise der Oberen. Die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, das Entschleunigen des Alltags sind Faktoren, die dazu beitragen, dass das Glück der Bhutanesen ein dauerhaftes ist.

„Vernünftiges Internet“

Wichtigster Punkt aber ist, dass jeder vermeiden soll, anderen Leid zuzufügen und damit sind nicht nur Menschen, sondern Tiere und die Natur oder das Klima gemeint. Aber natürlich, das hat auch der Bietigheimer Künstler vor allem auf seiner letzten Reise in den Bhutan vor einem Jahr gesehen, gehören auch materielle Güter zu den Dingen, die die Bhutanesen sich wünschten. Seither gibt es, so sagt er, „vernünftiges Internet“ und die Menschen können sich dazu notwendige Geräte beschaffen. Auch Autos gehörten zu den Wünschen. Im Bhutan regelt die Regierung die Einfuhr von Produkten und auch deren Zahl.

„Ich glaube aber, dass die Grund-Zufriedenheit im Bhutan nicht an materiellen Gütern liegt, das zeigt sich jetzt in der Corona-Krise“, sagt Bentz. Das Land hat sich abgeschottet, lässt keine Touristen ins Land und Heimkehrer müssen sofort in Quarantäne. Waren kommen nur spärlich in das Land im Himalaya. Und dennoch: „Bei meinen Telefonaten mit befreundeten Bhutanesen spüre ich keine Angst oder Sorgen, sie sind auch mit wenigem zufrieden“, so Bentz.

Mit dem Wenigen, was das Land bietet, in der Landwirtschaft beispielsweise, auszukommen, das Glück nicht in der Anreicherung von materiellen Gütern zu suchen, das ist der Grund für Roland Bentz, dass die Bhutanesen besser durch die Pandemie kommen als andere Nationen. Und für ihn sind sie deshalb Vorbilder.

Der Bietigheimer Künstler hat sich seit März zurückgezogen – in seinen Garten Willa Wanze. „Ich brauche nicht viel, hier hat es viel Gemüse und Obst und ich kann malen und mich an der Natur erfreuen“, sagt er. Stundenlang, so erzählt Bentz, könne er im Garten sitzen und Insekten beobachten, die er dann auf Leinwand bannt. Er habe „richtig hinschauen“ können, besondere Lichtstimmungen bemerkt. Licht und Farbe hätten auch im Bhutan viel mit Glück zu tun. Sie verwenden kräftige Farben, die die Stimmung heben. „Das habe ich für meine Bilder übernommen.“

Zwar würde das Land jetzt finanziell unter dem Verlust des Tourismus, 50 Prozent des staatlichen Einkommens, leiden, aber niemand dort käme auf die Idee, gegen die Abschottung zu protestieren. Der Glaube, so sagt er, würde verhindern, dass die Menschen „in Angst ersticken“.

Was Lebensmittel betrifft, seien die Bhutanesen autark. Seiner Meinung nach wollen die Menschen in der westlichen Welt immer alles in hundertfacher Ausführung, zu jeder Zeit. „Das machte es ihnen schwer, den Lockdown einfach anzunehmen und auch für sich Vorteile daraus zu ziehen“, sagt Bentz.

Einfacher Leben

„Die Menschen im Bhutan sind genügsamer, mit Krisen können sie umgehen, weil sie immer wieder welche haben“, seien sie durch Naturgewalt gemacht oder wie jetzt durch eine Pandemie. Er habe für sich nach dem Beispiel der Bhutanesen entschieden, dass sein Leben einfacher bleiben soll. „Man kann glücklich sein, auch wenn die Umstände nicht gut sind, wenn man mit dem zufrieden ist, was man hat, wie die Menschen im Bhutan“, sagt Bentz.

 
 
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