Vor 30 Jahren sorgten zahlreiche Bands in Bietigheim für eine kreative Szene Festivals mit lokalen Bands

Von Jörg Palitzsch
Bei der Eröffnungsparty der „Scheune“ (links) in der Talstraße wurden 350 Gäste gezählt. Bei „Rock Around The Enz“ spielte 1987 Pur, die ein Jahr zuvor Bundesrocksieger wurden. ⇥ Foto: BZ-Archiv

Vor 30 Jahren waren „Rock Around The Enz“, „Rock gegen Rechts“ und der Musikclub „Scheune“ Ausdruck einer höchst kreativen Musikszene in der Stadt.

Vor 30 Jahren kamen die Fans der Rockmusik in Bietigheim-Bissingen voll auf ihre Kosten. Es gab zahlreiche Bands (siehe unten) und mit den Festivals „Rock Around The Enz“, „Rock gegen Rechts“ sowie dem Musikclub „Scheune“ in der Talstraße hatten die Musiker auch die Möglichkeiten, sich dem Publikum vorzustellen.

Bereits Anfang der 1980er-Jahre etablierte sich das Live-Format „Rock Around The Enz“ im Bissinger Liederkranzhaus. Beim  dritten Festival 1984 hatten die  Federführung unter der Ägide der Stadt der Schwabenrocker Wolle Kriwanek, der 2003 verstorbene Gitarrist Rolf Lichtblau und Achim Ringel. Eine Kabarett-Gruppe und fünf Rockbands aus der Region stellen sich vor, darunter Opus, die  als Pur Karriere machten, und dann drei Jahre später  als Gewinner des Deutschen Rockpreises wieder im Liederkranzhaus auftraten.  

In den Folgejahren hatte „Rock Around The Enz“ jedoch mit einem massiven Zuschauerrückgang zu kämpfen. Dies lag mit an der Zersplitterung der lokalen Musikszene, die eine Mehrzahl von Rockkonzerten nach sich zog und zu einem Überangebot führte. Was Anfang der 1990er-Jahre  fehlte, war auch ein griffiges Livekonzept, das von der Stadt, die das Festival   finanziell unterstützte, von der Musikerinitiative (MINZ) eingefordert wurde.

Auch das  Festivalformat „Rock gegen Rechts“ konnte sich trotz der Beteiligung von Vereinen, Arbeitskreisen, Verbänden und Betrieben nicht fest etablieren.  1990 und 1991 zog es dazu jeweils noch über 1000 Menschen auf die Wiese bei den Ellental-Gymnasien, das Motto lautete „Gemeinsam gegen Faschismus, Rassismus und Sexismus“. Anlass waren Probleme mit Skinheads und rivalisierenden Gruppen in der Stadt, denen man mit dem Festival ein friedliches Zeichen entgegensetzen wollte. In den Folgejahren wurde „Rock gegen Rechts“ ins Jugendhaus Farbstraße verlagert und ehrenamtlich vom „Politkult“ veranstaltet. Nach einem Verbot des Festivals durch die Stadt im Jahr 2000 führte man  die Veranstaltung nicht mehr weiter.

1993 fand im Liederkranzhaus ein „Rock Around The Enz“-Nachfolgefestival statt, organisiert von der Musikerinitiative. Obwohl mit dem Bundesrocksieger „Sev’n’Inch“ – eine Band, die sich gegen die Bietigheimer Band Baby Lemonade durchgesetzt hatte – mit Headnoise aus England, Bottom aus Frankreich und Das Beet aus Bietigheim ein abwechslungsreiches Programm geboten wurde, ließ der Besuch zu wünschen übrig. 

Eine eigenständige Rolle in der Musikszene vor 30 Jahren spielte die „Scheune“ in der Talstraße. Der Musikclub war in seiner Anfangszeit ein beliebter Dreh- und Angelpunkt vieler lokaler Bands. Eröffnet wurde die Scheune am 4. Mai 1990 mit der Band Simply Mad und 350 Gästen. Höhepunkt war ein Duett der Sänger Ingo Trautwein und Hartmut Engler. Gitarrist Rolf Lichtblau spielte einen satten Bluesrock. Die Betreiber Angelika Pfeiffer und Peter Morscheck zimmerten in der Folgezeit ein Programm, das großen Zuspruch fand. Neben speziellen Partys, etwa einer Reggae Dance Party oder einer John-Lennon-Geburtstagsparty, gab es vor allem sehr viel Live-Musik. Dieses Live-Konzept musste wegen rückläufigen Besucherzahlen nach einem Jahr geändert werden – aus den wöchentlichen Konzerten wurde ein monatliches Live-Programm. Das Ende: 1994 zogen sich Pfeiffer und Morschek zurück, im Februar 2002 wurde das Gebäude abgerissen.

 
 
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