Zwischen 800 und 1000 Grabsteine von Templerfamilien untersuchten Dr. Jakob Eisler vom evangelischen landeskirchlichen Archiv und der Freudentaler Ulrich Gräf auf den Friedhöfen in Haifa und Jerusalem - „wir haben sie nie genau gezählt“, so Gräf. Eisler kümmerte sich um die historische Recherche, Gräf um die Geschichte und Gestaltung der Grabsteine.
Vortrag in Freudental Schwäbische Spuren in Israel
Die Kirchenwissenschaftler Dr. Jacob Eisler und Ulrich Gräf untersuchten mehr als 800 Gräber auf den Templerfriedhöfen in Israel und erforschten deren Familiengeschichte.
In dem Vortrag „Die Entstehung der württembergischen Friedhöfe im Heiligen Land“ im Freudentaler Rathaus am Dienstagabend erzählte Eisler von den Funden und brachte so manche interessante Geschichte regionaler Templerfamilien ans Licht.
Die Templerbewegung ging von Ludwigsburg und Korntal aus, weswegen die meisten Templer aus Württemberg stammten, die Ende des 19. Jahrhundert nach Palästina ausgewandert sind. „Wenn man heute in Australien Nachfahren von württembergischen Templern trifft, sprechen diese zum Teil noch das alte Schwäbisch wie ihre Urahnen im 19. Jahrhundert“, sagt Eisler. Heute leben die meisten Templer in Australien, wo ihre Vorfahren im Zweiten Weltkrieg von den britischen Mandatsträgern interniert wurden.
Entstanden sind aus der Untersuchung der Templer-Grabsteine zwei dicke Bände mit jeweils fast 1000 Seiten Familiengeschichte von Templerfamilien. Darunter auch 100 Familien aus dem jetzigen Kreis Ludwigsburg. „Die meisten, nämlich 20 Familien, kamen aus Hohenhaslach“, so Eisler. Er fand Grabmale von Familien aus dem Kreis aus den Orten Affalterbach, Aldingen, Eglosheim, Großingersheim, Hoheneck, Hohenhaslach, Horrheim, Husarenhof, Kirchheim/Neckar, Kleinbottwar, Ludwigsburg, Marbach, Möglingen, Ochsenbach, Pleidelsheim und Sersheim.
Durch die Untersuchung der Templer-Grabsteine, die mittlerweile von sieben Friedhöfen auf zwei in Haifa und Jerusalem konzentriert wurden, kamen ganz besondere Geschichten heraus. Die beiden Forscher begnügten sich nämlich nicht damit, nur die Namen und das Sterbedatum zu dokumentieren, sie recherchierten auch die Familiengeschichte und die Bedeutung der Templer für die Entwicklung in Palästina. „Die Templer brachten Wirtschaft. Landwirtschaft und Kultur voran, sie begründeten Unternehmen und bauten Dörfer und Straßen“, so Eisler.
Sieben Kolonien wurden von Templern gegründet: 1869 in Haifa, im gleichen Jahr in Jaffa, 1871 in Sarona bei Tel Aviv, 1873 in Jerusalem, 1902 Wilhelma, 1906 in Betlehem und 1907 in Waldheim. Ein Hohenhaslacher, Jakob Jung, war Mitgründer der Kolonie Sarona und wurde ihr Bürgermeister. Der Ludwigsburger Christian Eppinger war der erste Templer in Palästina, das bewies sein Reisepass.
Die beiden Forscher stießen auch auf die Vorfahren des Schauspielers Sir Peter Ustinov, die es aus Russland nach Württemberg und dann als Templer nach Haifa verschlagen hatte. Dort führte die Familie ein großes Hotel. Ein Teil der Familie kehrte vor dem Zweiten Weltkrieg nach Württemberg zurück, was die Tatsache erklärt, dass Peter Ustinov in Schwäbisch Gmünd getauft wurde, mit Wasser aus dem Jordan, das die Verwandtschaft aus Palästina schickte, erzählte Jakob Eisler. Viele Templer förderten maßgeblich den Fortschritt in Palästina. Es war die Erdmannhauser Templer-Familie Appinger, die die erste Kutsche in Palästina baute und vertrieb. Es wurden Straßen gebaut und der Tourismus aufgebaut. Templer führten moderne Gerätschaften in die Landwirtschaft ein, die Höfe sahen aus wie aus Württemberg exportiert. Eine Seifenfabrik eines Templers exportierte Seifen in die Luxushotels von New York. Es gibt Bierkrüge aus der ersten Bierschenke in Palästina mit der schwäbischen Aufschrift „Trinksch, stirbsch – trinksch net, stirbsch au, also trinksch“.
Aufgrund der jahrelangen Recherche und Wissensgrundlage war es auch möglich, verfallene Gebäude zuzuordnen. Einige ehemalige Häuser, wie das Hotel der Ustinovs, wurden mittlerweile durch Investoren saniert und wiederbelebt.