Walheim Gemeinde will Sperre aufheben

Von Frank Ruppert
Was wird aus dem Kohlekraftwerk in Walheim? EnBW will eine Klärschlammverwertungsanlage errichten, die Gemeinde will das verhindern, ein Gerichtstermin wird nun aber wahrscheinlich platzen. Foto: /Oliver Bürkle

Ein Gerichtstermin zur Klärschlammanlage könnte überflüssig werden. Am Donnerstag berät der Gemeinderat über eine Rücknahme der Veränderungssperre.

Eine kleine Trendwende im Klärschlamm-Streit zeichnet sich ab. Der Gemeinderat Walheim berät am Donnerstag darüber, ob die Veränderungssperre für das Gebiet auf dem das Kohlekraftwerk steht, zurückgenommen werden soll. Die Walheimer hatten mit der Sperre verhindern wollen, dass EnBW auf dem Gelände schon Vorbereitungen für die Errichtung der Klärschlammverwertungsanlage trifft.

EnBW hatte gegen die Sperre geklagt und gegenüber Pressevertretern erklärt, dass die Entscheidung des Gemeinderats wichtige Instandsetzungsarbeiten am Kohlekraftwerk erschwere, beziehungsweise unmöglich mache.

Am 15. November vor dem VGH

Nun also könnte der Gerichtstermin zum Normenkontrollantrag von EnBW gegen die Veränderungssperre am 15. November vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim obsolet werden. Aber warum der plötzliche Sinneswandel bei der Gemeinde? In der Vorlage, über die beraten werden soll, schreibt die Verwaltung, dass der Grund für die Veränderungssperre die Sicherung des Bebauungsplans „Mühlwiesen/Mühlstraße“ gewesen sei. Ziel war die Nachnutzung des Geländes des 2023 stillzulegenden Kraftwerks mit Kleingewerbe, Dienstleistungen und Wohnen sowie einer Aufwertung des Neckarufers.

„Kernproblem der Veränderungssperre und des zu sichernden Bebauungsplans war hierbei stets die Darstellung im Regionalplan (...) als Vorranggebiet für ein regional bedeutsamen Kraftwerksstandort sowie die Darstellung als Fläche für Versorgungsanlagen im Flächennutzungsplan des Gemeindeverwaltungsverbands Besigheim (GVV).“

Grundlage weggefallen?

Nachdem der GVV nun im September bei der Fortschreibung des Flächennutzungsplans festgelegt hat, dass auch künftig auf dem Gelände Versorgungsanlagen (mit der Zweckbestimmung Elektrizität) angesiedelt sein sollen, „besteht aus Sicht der Verwaltung keine Möglichkeit den geplanten Bebauungsplan“ wie angestrebt zu entwickeln. Dadurch entfalle auch das Sicherungsbedürfnis, das für eine Veränderungssperre essenziell sei.

Dennoch steht laut Walheimer Verwaltung die Klärschlammanlage im Widerspruch zu den Festsetzungen des Regionalplans. In Walheim sieht man in der geplanten Anlage eben keine Versorgungsanlage im Sinne des Flächennutzungsplans. Der Energiekonzern bezeichnet die geplante Anlage als „Klärschlammheizkraftwerk“ – nach EnBW-Angaben werden bis zu 300 Haushalte mit Fernwärme versorgt.

Unberührt von Entscheidungen des Walheimer Gemeinderats hat EnBW einen Zeitplan für die Klärschlammanlage und man rechnet noch mit dem Verhandlungstermin am 15. November. Derzeit werde die Einreichung des Genehmigungsantrages vorbereitet, teilt eine Konzernsprecherin mit. Am 26. Oktober finde bei der Genehmigungsbehörde, dem Regierungspräsidium Stuttgart, der sogenannte „Scoping-Termin“ statt, bei dem die Untersuchungsumfänge für die Umweltverträglichkeitsstudie festgelegt werden. „Wir gehen von einer Einreichung des Genehmigungsantrages im Dezember aus“, so die Sprecherin weiter.

Aktuell werden noch keine vorbereitenden Maßnahmen oder andere Baumaßnahmen in Verbindung mit dem Klärschlammheizkraftwerk durchgeführt. Zwischen der Wasseraufbereitungsanlage und dem Verwaltungsgebäude wurde zwar eine Bodenplatte gegossen, die als Fundament für die baldige Aufstellung von Vorratsbehältern für vollentsalztes Wasser dienen soll.

Ende des Kohlekraftwerks

„Diese Baumaßnahmen stehen allerdings ausschließlich in Zusammenhang mit der ebenfalls am Standort Walheim betriebenen Gasturbine, um diese im Rahmen der derzeitigen Energiekrise für mögliche längere Laufzeiten auszurüsten“, teilt die Sprecherin mit. Nach derzeitigem Kenntnisstand werde das Kraftwerk Ende März 2023 aus der Netzreserve genommen. „Aus heutiger Sicht wäre ein Weiterbetrieb nicht möglich“, so EnBW.

Tobias Vogt, CDU-Landtagsabgeordneter, hatte sich im Bürgerdialog zum Projekt engagiert und steht dem Vorhaben kritisch gegenüber: „Aus meiner Sicht ist die nun mögliche Rücknahme der Veränderungssperre ein Zeichen des guten Willens der Gemeinde. In Richtung EnBW wird so signalisiert, dass man bereit ist, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.“ Vogt weist vor allem darauf hin, dass die aktuelle Energiekrise die Karten neu gemischt habe. Die Situation sei nun eine andere als noch vor einem Jahr.

Die Sprecher der Bügerinitiative (BI) „Bürger im Neckartal“, die das EnBW-Projekt scharf kritisieren und dagegen 3500 Unterschriften gesammelt haben, halten eine Rücknahme der Veränderungssperre für „folgerichtig“ und verweisen auf die Festlegung durch den GVV.

Im Übrigen hoffen Rudi Ringwald und Matthias Appelt, dass der „Etikettenschwindel“ – gemeint ist die Deklarierung als „Klärschlamm-Heizkraftwerk“ nicht zielführend ist und das Regierungspräsidium den Antrag der EnBW ablehne.

 
 
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