Warnstreik im Landkreis Ludwigsburg Streik: RKH-Chef contra Pflegekräfte

Von Frank Ruppert
Die Kliniken im Landkreis werden an diesem Tag, trotz Corona, wieder von einem Warnstreik erfasst.⇥ Foto: Martin Kalb

Die Krankenhäuser im Kreis werden an diesem Dienstag und Mittwoch bestreikt. Darüber geraten Leitung und Pfleger in Streit.

Die Tarifauseinandersetzung im Öffentlichen Dienst wird auch im Landkreis Ludwigsburg mit immer härteren Bandagen ausgefochten. Die Verdi-Ankündigung, an diesem Dienstag und Mittwoch Warnstreiks an den Kliniken zu organisieren, hat RKH-Chef Professor Dr. Jörg Martin und Landrat Dietmar Allgaier, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Kliniken ist, auf den Plan gerufen.

„Streik ist eines der höchsten Güter in unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft, das es immer zu verteidigen gilt, aber auch Streikende tragen gesellschaftliche Verantwortung“, sagt Geschäftsführer Martin. Landrat Dietmar Allgaier, zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der RKH Kliniken, ergänzt: „Auch wenn das Streikrecht außer Frage steht, habe ich kein Verständnis dafür, dass in der jetzigen Situation einer sich wieder verschärfenden Pandemie mit vielen Covid-19-Patienten, die teilweise intensiv behandelt werden müssen, kritische Bereiche der RKH Kliniken massiv bestreikt werden sollen. Ich appelliere deshalb an die Vernunft und Verantwortung der Gewerkschaft, die Tarifauseinandersetzung nicht auf Kosten der Patienten auszutragen.“

Labor wird bestreikt

Trotz der kritischen Entwicklung plant die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi  unter anderem auch Aufnahme- und Isolierstationen, die einzige Schlaganfallstation im Landkreis Ludwigsburg  sowie eine Station mit schwerstkranken Querschnittsgelähmten zu bestreiken. Aber auch das Labor und die Mikrobiologie sollen bestreikt werden, wo täglich unter anderem die Covid-19-Tests für stationäre Patienten und Beschäftigte ausgewertet werden.

Man halte den Streik in dieser Krisenzeit für überzogen, so Martin weiter: „Wir müssen vor diesem Hintergrund befürchten, dass die ausreichende Notfallversorgung sehr schwierig wird, dennoch bin ich sicher, dass wir mit unseren hervorragenden Mitarbeitern auch diese Situation bewältigen werden.“

Warum also streikt Verdi gerade jetzt in den Kliniken?

„Wir haben eine riesengroße Streikbereitschaft“, sagt Marc Kappler, im Verdi-Bezirk Stuttgart für die Krankenhäuser zuständig, auf BZ-Anfrage. Man habe im Kreis Ludwigsburg fünf Stationen für die Teilnahme absagen müssen, weil es sonst zu viele Streikende seien. Im Übrigen haben man den Streik bei den RKH Kliniken vor einer Woche angekündigt. „Eigentlich genügend Zeit Personal umzuverteilen, um die Versorgung zu sichern“, sagt Kappler. Dennoch höre er, dass auch jetzt noch viele selektive, also nicht dringend notwendige Operationen wie etwa Hautstraffungen vorgenommen würden. „So schlimm kann es also nicht sein“, so Kappler.

Hohe Streikbereitschaft

Er bestätigte, dass auch sensible Bereich bestreikt würden, wie etwa die Corona-Aufnahmestation. „Das gesamte Team dort streikt, weil sie bei der ersten Welle durchgeackert und keinen Bonus bislang gesehen haben“, sagt Kappler. Dennoch könne die Klinik etwa durch Personalverlagerung aus der Notaufnahme auch an Streiktagen Corona-Patienten aufnehmen.

In einem Brief an Martin, verfasst von 29 Pflegekräften aus vier Stationen, der der BZ vorliegt, reagieren die Streikwilligen auf die Kritik Martins: „Sie betonen nun, wie unersetzbar wir für die Patientenversorgung und für das Krankenhaus sind. Wenn wir so wertvoll für die Klinik sind: Warum ermöglichen Sie uns Pflegekräften nicht genau diese Wertschätzung und Honorierung?“ Verantwortungslos sei nicht, wenn sie einen Tag nicht zur Verfügung stünden, sondern wenn kein Wert auf langfristig gute Arbeitsbedingungen in der Pflege gelegt werde.

 
 
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