Warum das „Mohrenköpfle“ manche Gemüter erhitzt Traditionsbetrieb kämpft gegen Rassismus-Vorwürfe

Von Heidi Vogelhuber
Jörg und Monika Adamek, die Inhaber des Café Mohrenköpfle, vor ihrem Laden im Ludwigsburger Stadtteil Eglosheim. Ihr Logo zeigt den Namensgeber: das Biskuit-Gebäck „Mohrenköpfle“. Foto: Martin Kalb

Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, dass der Name rassistisch sein könnte. Ich verstehe auch nicht, was unser Biskuit-Gebäck damit zu tun haben soll“, sagt Monika Adamek. Gemeinsam mit ihrem Ehemann, Jörg Adamek, betreibt sie das Café Mohrenköpfle in Ludwigsburg. „Das Café ist bereits seit 1937 in Familienbesitz“, erklärt Jörg Adamek. Er hat das Geschäft von seinem Vater und dieser wiederum von seinem Großvater übernommen (siehe Infobox). Die vierte Generation stehe auch schon in der Backstube, sagt Adamek und verweist auf seinen 20-jährigen Sohn Felix, der im vergangenen Jahr seine Ausbildung als Konditor abgeschlossen hat und nun den Meister anstrebt.

Café steht in der Kritik

Im Ludwigsburger Familienbetrieb wird jede Backware in Handarbeit hergestellt – ein Traditionsbetrieb vom alten Schlag. Trotz dieser beeindruckenden Unternehmens-Geschichte steht das Café in der Heilbronner Straße 140 seit Ende Mai in der Kritik und wird massiv angegangen. Der Grund? Der Name, Café Mohrenköpfle.

Seit dem Tod des Afroamerikaners George Floyd in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota im Mai wird die Konditorei überhäuft mit E-Mails, die den Namen als rassistisch und nicht zeitgemäß bezeichnen und eine Namensänderung fordern. Als Jörg Adamek während des Gesprächs mit der BZ kurz in der Backstube verschwindet, sagt seine Frau: „Mein Mann hat kaum noch geschlafen, er hat sich das sehr zu Herzen genommen.“

Das Ehepaar habe täglich E-Mails beantwortet und zwei Studenten sogar zum persönlichen Gespräch eingeladen. Diese berichteten, dass es dunkelhäutige Mitbürger gebe, die sich nicht in das Café trauen. Jörg Adamek beschloss, eine Stellungnahme zu verfassen, die unmittelbar aufpoppt, wenn die Homepage aufgerufen wird. Der Titel: „Warum wir so heißen, wie wir heißen“. Mit etlichen Verweisen, unter anderem auf die inzwischen als „Schokoküsse“, früher jedoch als „Mohrenköpfe“ bekannten Leckereien. Im Falle des Ludwigsburger Unternehmens gehe der Name auf das Haus-Gebäck des Großvaters zurück, nämlich das traditionelle Eglosheimer „Mohrenköpfle“, ein mit Sahne gefülltes Biskuit-Gebäck, überzogen mit Schokolade. „Diese Backware ist immer noch sehr beliebt“, erklärt der Inhaber. Wenn er ihr heutzutage einen Namen geben würde, wäre es sicherlich ein anderer, ein zeitgemäßerer. „Uns als Inhaberfamilie wird manchmal sogar aktiver und passiver Rassismus unterstellt, wenn wir den Namen nicht ändern“, so Adamek. Das jedoch möchte die Familie nicht. Der Name gehöre zu ihnen.

Neben der Tatsache, dass es finanziell eine große Belastung für das Familienunternehmen sei, Logo, Arbeitskleidung et cetera zu ändern, sei eine Namensänderung sicherlich auch mit Kundenverlust verbunden. „Die Leute kommen nicht nur aus Ludwigsburg, sondern auch aus Waiblingen, Bietigheim, sogar einen Stammkunden aus Tübingen haben wir. Eine Namensänderung würden viele als Inhaberwechsel auffassen und vielleicht nicht mehr kommen“, so der Konditor. Auch gibt er zu bedenken, dass das Wort „Mohr“ nicht mehr im Sprachgebrauch sei. „Wenn Sie ‚Mohrenköpfle’ googlen, finden Sie an oberster Stelle uns und keinen Dunkelhäutigen.“ Auch sagt er: „Wir begegnen jedem auf Augenhöhe und mit größter Wertschätzung. Unabhängig von Herkunft, religiöser Gesinnung, sexueller Orientierung oder Hautfarbe. Wir möchten den Menschen mit unseren Leckereien den Alltag versüßen – und damit auch mit unserem traditionellen Namen stehen.“

 

Zur Geschichte des Café Mohrenköpfle

1937 pachtete Gustav Haug, Jörg Adameks Großvater, die „Bäckerei Beutel“ und machte daraus das „Café Mohrenköpfle“. Das Café war eine Art Szenetreff, wo sich Jung und Alt auch zum Weintrinken und Fernsehen traf, denn im Mohrenköpfle stand einer der ersten Fernsehapparate Ludwigsburgs.

1972 übernahm Sohn Herbert Adamek, Jörg Adameks Vater, das Unternehmen und verlagerte den Schwerpunkt. Das Bistro wurde zur traditionellen Konditorei.

1996 ging das Café in die Hände des heutigen Inhabers, Jörg Adamek, über. Bereits zwei Jahre später vergrößerte er es und bewirtet seitdem auch das Ratskeller-Café in der Ludwigsburger Innenstadt. Sohn Felix ist auch eingestiegen. ⇥hevo

 
 
- Anzeige -