Wasserrettung unter schwierigen Voraussetzungen Finanziell alleine gelassen

Von Jürgen Kunz
Gewissenhaft müssen die Vorbereitungen sein beim Übungs-Tauchgang der DLRG-Einsatztaucher am Bewässerungsbecken östlich der Bellevue. ⇥ Foto: Oliver Bürkle

Die DLRG-Ortsgruppe Bönnigheim/Kirchheim hält eine von drei Wasserrettungswachen im Landkreis vor. Von den Ehrenamtlichen ist dazu ein hohes Maß an Enthusiasmus nötig.

Wir braten Würstchen, um die Wasserrettung sicher zu stellen“, sagt Jürgen Scheihing, der seit 40 Jahren als Einsatztaucher bei der DLRG Bönnigheim/Kirchheim im Einsatz ist. Wie im Gespräch mit der BZ deutlich wird, bedarf es ein hohes Maß an Enthusiasmus, um unter mangelnder finanzieller Ausstattung über Jahrzehnte hinweg die Bönnigheimer Rettungswache aufrecht zu erhalten: „Wir retten ehrenamtlich und wir bekommen keine Aufwandsentschädigung.“

Dabei sind die DLRG-Rettungskräfte kein Einzelfall. Auch die überwiegend von den DRK-Ortsvereinen bereitgehaltenen und finanziertem Helfer vor Ort erhalten keine öffentlichen Gelder für ihre ehrenamtliche Bereitschaft, als gut ausgebildete Ersthelfer bei einem Notfall die therapiefreie Zeit bis zum Eintreffen des Notarztes oder Rettungsdienstes zu überbrücken (die BZ berichtete mehrfach).

„Die DLRG Bezirk Ludwigsburg macht seit 50 Jahren im Landkreis Wasserrettungsdienst, damit sind nicht die Rettungsschwimmer in den Hallen- und Freibädern gemeint, sondern die Kameraden, die über die Rettungsleitstelle per Melder alarmiert werden und sieben Tage/24 Stunden genauso in Bereitschaft stehen wie die örtlichen Feuerwehren“, erklärt der 62-jährige Scheihing. In einer Vereinbarung zwischen DLRG und dem Land Baden-Württemberg wurde die Wasserrettung an die Landesverbände Baden und Württemberg der DLRG übergeben.

Mit drei Rettungswachen – Bönnigheim, Ludwigsburg und Vaihingen – wird der Landkreis Ludwigsburg komplett abgedeckt. Diese Rettungswachen halten Taucher, Strömungsretter, Bootsführer, Sanitäter und technisches Personal vor, die nicht nur an Neckar und Enz, sondern auch im „Hinterland“ eingesetzt werden sowie im Landkreis Heilbronn an der Ehmetsklinge und am Katzenbachsee Überlandhilfe leisten. „Wir sind eine Spezialrettungsorganisation wie die Bergwacht und Luftrettung, und der Einsatzzweck ist vom Land klar definiert. Das heißt, der Kreisbrandmeister hat hier eine schlagkräftige Organisation, die er auch vor dem Ausruf des Katastrophenfalls im Landkreis einsetzen kann“, betont der DLRG-Aktive.

„Bei einer Person im Wasser werden immer alle drei Wachen alarmiert“, erklärt Scheihing. Da zum Alarmierungszeitpunkt nicht bekannt sei, wie viele Taucher einsatzbereit sind, werde so die notwendige Tagesverfügbarkeit sichergestellt. Acht Alarmeinsätze gab es in diesem Jahr, hinzu kommen sechs sogenannte „Absicherungen von Wasserflächen“.

„Wir machen mehr Übungen als Einsätze“, sagt der 62-Jährige. Um aber für den Einsatz vorbereitet zu sein, ist das wöchentliche Training im Freibad und ein Mal im Monat eine Übung mit Tauchgängen nötig. Die vier Bönnigheimer Einsatztaucher – und die notwendige DLRG-Begleitmannschaft an Land – können dafür drei Bewässerungsbecken von Bönnigheimer Landwirten nutzen. „Das ist natürlich optimal. Wir können bis zu acht Meter tauchen. Das ist tiefer als der Neckar“, so Scheihing. Auch Taucheinheiten im Neckar und in der Enz wie auch in tiefen Seen von befreundeten Organisationen werden genutzt, um die Einsatzbereitschaft sicherzustellen.

Finanzierung liegt beim DLRG

Damit Einsatztaucher sich überhaupt an Rettungseinsätzen beteiligen dürfen, müssen sie jährlich eine ärztliche Einsatzuntersuchung und mindestens zehn Tauchgänge unter einsatzgemäßen Bedingungen mit einer Mindesttauchzeit von 300 Minuten nachweisen. Schließlich dürfen Einsatztaucher bis zu einer Tiefe von 20 Meter tauchen, mit Absicherung, Tauchertelefon und Anwesenheit eines Notarztes sogar bis 30 Meter.

Die Finanzierung für die Einsatztaucher bereitzustellen, bleibt komplett bei der DLRG. Die jährlichen Kosten dafür beziffert Scheihing mit rund 2500 Euro, was rund 20 Prozent des Etats der rund 370 Mitglieder zählenden Ortsgruppe entspricht und über Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert wird. Rücklagen für Neuanschaffungen können so nicht gebildet werden. 45 Euro beträgt der Mitgliedsbeitrag im DLRG. Von diesem bleiben allerdings nur 35 Prozent in der Ortsgruppe. Dabei gäbe es viel zu investieren.

So kostet die Ausrüstung für einen Einsatztaucher rund 7000 Euro. Für ein neues Einsatzfahrzeug, einen sogenannten Gerätewagen „Wasser“, müssen rund 160 000 Euro veranschlagt werden. Eine Investition, die für die DLRG Bönnigheim/Kirchheim in absehbarer Zeit ansteht, da ihr momentanes Einsatzfahrzeug bereits 28 Jahre auf dem Buckel hat. Ein schwieriges Unterfangen, zumal letztendlich der DLRG-Landesverband in Württemberg aus der Landesförderung theoretisch gerade einmal ein neues Fahrzeug in den 22 Bezirken finanzieren kann.

„Wir bemängeln, dass wir absolut finanziell unterversorgt sind“, so Scheihing. Mit einem ungebrochenen Enthusiasmus der Ehrenamtlichen habe in der Vergangenheit viel aufgefangen werden können. Ob dies auch künftig so ist, bleibt ungewiss. „Jetzt kommt der Generationenwechsel und die Enthusiasten werden weniger“, befürchtet der Bönnigheimer Einsatztaucher.

 
 
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