Weihnachten in den Kirchen während der Pandemie Weihnachten ist Kreativität gefragt

Von Gabriele Szczegulski
Das Weihnachtsoratorium in großer Besetzung wie hier 2019 in der Kirche Sankt Laurentius in Bietigheim unter Leitung von Jürgen Benkö wird es in diesem Jahr in keiner Kirche geben.⇥ Foto: Martin Kalb

Die Corona-Pandemie wird auch den Advent und das Weihnachtsfest, zumindest in religiöser Hinsicht, beeinflussen. Doch die Kirchengemeinden sind einfallsreich.

Advent und Weihnachten werden ganz anders gestaltet sein, in diesem Jahr“, sagt Eberhard Feucht, Dekan des evangelischen Kirchenbezirks Besigheim. Doch die Gemeinden wissen, volle Kirchen an Heiligabend und den Weihnachstfeiertagen darf und wird es wegen der Corona-Pandemie nicht geben, egal wie die Lage konkret aussieht.

„Das Fest ist wichtiger denn je“, sagt Dekan Feucht. Gerade jetzt sei es von großer Bedeutung, die Botschaft in die Welt zu tragen, gerade in Krisenzeiten werde, so Feucht, die Botschaft von Jesu Geburt Hoffnung verbreiten. „Ein Licht am Horizont sehen“, diesen Blick, so Feucht, wolle man vermitteln.

Musik ist elementar

Da die Weihnachtsgottesdienste erfahrungsgemäß diejenigen im kirchlichen Ablauf sind, die am meisten besucht werden, überlegen sich Dekanat und Kirchengemeinden Alternativen, um möglichst viele Gläubige in den Genuss eines Gottesdienstes zu bringen. „Vor allem die Musik ist es, die im Advent und an Weihnachten elementar sind. Wer sonst das ganze Jahr nicht singt, hat sicher in dieser Zeit ein Lied auf den Lippen“, sagt Feucht. Das Singen aber ist für die Gemeinde aus Schutzgründen nicht erlaubt. Deswegen sind in fast allen Gottesdiensten schon jetzt bis zu vier Sänger anwesend, die im Altarraum mit gebotenem Abstand anstelle der Gemeinde singen.

„Die Gemeinden sind sehr kreativ, wie Menschen Gottesdienst feiern können“, sagt der Dekan. In Besigheim überlege man, ob ein Openair-Gottesdienst, an dem mehr Menschen als in die Kirche kommen könnten, möglich sei, „vielleicht auf dem Marktplatz oder auf dem Sportplatz“, so Feucht, aber man plane in mehrere Richtungen. In den meisten Gemeinden des Kirchenbezirks wird es zwei Christvespern geben und zwei Christmetten an Heiligabend sowie zusätzliche Gottesdienste an den Weihnachtsfeiertagen. Dass es aber überall Online-Gottesdienste wie im ersten Lockdown geben wird, sei sicher. Alle Gemeinden machen ergänzende Angebote, sagt Feucht. Jeden Tag gebe es auf der Homepage ein Wort zum Tag, den gesamten Advent über. Wichtige liturgische Texte und eine Hausliturgie für die Feier zu Hause am Heiligabend werden dort auch bereit stehen.

Für die Gottesdienste wird demnächst auf der Seite der evangelischen Landeskirche ein Online-Ticketsystem aufgebaut, mit dem man für die Gottesdienste in den einzelnen Gemeinden Plätze buchen kann, zusätzlich kann man dies auch in den Pfarrämtern tun.„Wir müssen die zentralen Gottesdienste entzerrren, das ist ein enormer Mehraufwand, viele Mitarbeiter werden involviert sein“, sagt Feucht. In Besigheim gibt es an Heiligabend ein Krippenspiel als Stationenweg vom Paul-Gerhardt-Haus bis zur Kirche mit sechs Startzeiten von 14.30 Uhr bis 15.45 Uhr. Pro Gruppe können 25 Personen mitlaufen.

Über die Musik in der Advents- und Weihnachtszeit macht sich auch Jürgen Benkö, der Kantor der katholischen Gemeinde Sankt Laurentius in Bietigheim, Gedanken, da die Gemeinde nicht singen darf. „An Weihnachten wird so viel gesungen wie nie und dem müssen wir Rechnung tragen“. Schon jetzt lässt er in fast jedem Gottesdienst ein Gesangsquartett aus Sängern der Kantorei in den Gottesdiensten auftreten, das soll sich in Richtung Weihnachten noch verstärken.

Am ersten Advent war in Sankt Laurentius geplant, das Weihnachtsoratorium aufzuführen, was abgesagt wurde. Anstelle dessen sollen zwei Bachkantaten in kleiner Besetzung vorgetragen und an den Adventssonntagen aufgeführt werden. „Die Gottesdienstbesucher kommen derzeit fast jeden Sonntag in den Genuss einer Art von Konzert“, so Benkö. Zudem studiert er derzeit die Messe des zeitgenössischen britischen Komponisten Christopher Tambling, der von 1964 bis 2015 lebte, mit acht Sängern ein, die dann an Weihnachten aufgeführt werden soll. „Wichtig ist, Alternativen zu den ausfallenden Veranstaltungen zu bieten“, sagt Benkö.

Auch in der katholischen Seelsorgeeinheit Stromberg, in der der Sachsenheimer Pfarrer Samy Muckumkal fünf Gemeinden (Sankt Franziskus Sachsenheim, Sankt Andreas Oberriexingen, Sankt Stephanus Sersheim, Heilig-Kreuz-Kirche Ochsenbach, Sankt Martin Horrheim) leitet, ist in diesem Jahr alles anders: „Die Gottesdienste finden mehrmals statt und immer zeitversetzt in den einzelnen Gemeinden, so dass möglichst viele Menschen kommen können“, sagt Muckumkal. Für die musikalische Gestaltung der Gottesdienste hat die Ochsenbacherin Dorothea Lüer eigens eine Schola mit verschiedenen Sängern gebildet.

Die evangelische Kirchengemeinde Sersheim hat in der vergangenen Woche ihr Gemeindezentrum technisch aufrüsten lassen, so dass Liedtexte auf Leinwand und auf Bildschirmen eingeblendet werden können. Die Technik sei so mobil, so Pfarrer Johannes Rau, dass sie sowohl in der Kirche als auch im Gemeindezentrum eingesetzt werden kann. „Es finden Gottesdienste statt, aber Streaming hat Vorfahrt in diesen Zeiten“, so Rau.

Fenster-Seelsorge

Auch in der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Bietigheim-Bissingen hat man sich überlegt, ob man einen großen Weihnachtsgottesdienst auf dem Bietigheimer Marktplatz feiern könne. „Aber wir haben uns dagegen entschieden, denn der Marktplatz hat zu viele Zugänge, die man schlecht kontrollieren könnte“, sagt Pfarrer Bernhard Ritter. Zudem gehöre der dekorierte Kirchenraum für viele zum Fest. Also feiert man beispielsweise am Heiligabend sechs Gottesdienste, drei Familiengottesdienste am Nachmittag und dreimal die Christvesper am Abend, mit Anmeldung. „Das ist schon eine Herausforderung für alle Beteiligten, aber es ist wichtig, dass so viele Menschen wie möglich an den Gottesdiensten teilnehmen können“, sagt   Ritter. Die Gemeindemitglieder werden von den besonderen Umständen bis zum dritten Advent in einer Kartenaktion, dem Gruß zu Weihnachten, postalisch informiert.

Der Adventsnachmittag der Gemeinde am zweiten Advent entfällt zwar, dafür gibt es Adventstüten, die man im Pfarrbüro oder nach dem Gottesdienst abholen kann und die verteilt werden. Zudem geht vieles digital, auch da habe man laut Ritter aufgerüstet: Am 21. November gibt es ein Konzert in der Stadtkirche „Musik für die Ewigkeit“, das ohne Publikum stattfindet, aber aufgezeichnet wird, die Sängerin wird dann auch im Gottesdienst am 22. November singen. Zudem wird die Christvesper mit Pfarrer Ritter und Kantorin Edyta Müller ebenfalls vorab aufgezeichnet, so dass „wir extra einen Gottesdienst für das digitale Format durchführen, ohne Besucher“, so Ritter.

In der Stadtkirche wird das Spiel als Stationenweg für Kinder gestaltet, in der Pauluskirche gibt es online ein Weihnachtsbilderbuch. In der Pauluskirche wird es am ersten Weihnachtsfeiertag auch extra einen Weihnachtslieder-Gottesdienst mit Sängern geben. „Wir lassen die Menschen nicht alleine“, sagt Bernhard Ritter. Er werde in der Vorweihnachtszeit verstärkt Gemeindemitglieder anrufen, von denen er weiß, dass sie alleine sind. Zudem nimmt er seine „Fenster-Seelsorge“ wieder auf: Er klingelt bei Gemeindemitgliedern und führt mit ihnen eine Unterhaltung durchs Fenster. „Der Gedanke von Weihnachten fällt nicht aus, wir müssen uns nur mehr anstrengen,“, sagt der Pfarrer.

Info Für alle Gottesdienste ist eine Anmeldung notwendig, telefonisch bei den einzelnen Gemeinden oder online. Die evangelischen oder katholischen Gemeinden findet man über die zentralen Seiten der beiden Kirchen.

www.drs.de
www.se-stromberg.drs.de
www.elk-wue.de

www.bietigheim-evangelisch.de
www.kirchenbezirk-besigheim.de

 
 
- Anzeige -