Eine dauerhaft sehr gute Wasserversorgung und teilweise erhebliche Frostschäden prägten das Weinbaujahr. Der Weinbauverband Württemberg erwartet eine unterdurchschnittliche Erntemenge bei gleichzeitig hohen Qualitäten. Der Lesestart erfolgt für viele Betriebe ab kommender Woche. Junge Betriebsinhaber suchen nach neuen Vermarktungswegen und Kundengruppen, heißt es in einer Mitteilung des Verbands.
Weinherbst Hohe Qualitäten werden erwartet
Nach Einschätzung des Weinbauverbands Württemberg sorgt der sonnige Spätsommer sorgt für gesunde und reife Trauben. Die Mengen werden wohl unterdurchschnittlich werden.
Im Vergleich zu den Vorjahren sorgte eine dauerhaft gute Wasserversorgung aufgrund der zahlreichen Niederschläge in den Wintermonaten, in Kombination mit einem sehr warmen Februar, für einen der frühesten Austriebe in den vergangenen zehn Jahren. Sogenannte Spätfrostereignisse Ende April sorgten für teilweise erhebliche Schäden in den Weinbergen, teilt der Württembergische Weinbauverband mit. In vielen Regionen bewege sich der Schaden zwischen 30 bis 80 Prozent der vorhandenen Trauben. Insbesondere im Tauber- und Jagsttal seien größere zusammenhängende Flächen vollständig erfroren. Vizepräsident Bernhard Idler: „In Summe wurden von den Spätfrostereignissen mindestens die Hälfte der Rebflächen Württembergs teilweise oder gänzlich geschädigt.“
Aufgrund der punktuell feuchten Bedingungen standen insbesondere biologisch wirtschaftende Betriebe vor großen Herausforderungen. Entsprechend erwartet der Weinbauverband Württemberg ein im Vergleich zum Vorjahr um rund 25 Prozent geringeres Ertragspotenzial, mit jedoch regional und sortenbedingt starken Unterschieden. Vereinzelt wurden bereits frühe Rebsorten geerntet. Die Hauptlese wird für viele Betriebe, wie im Vorjahr, um den 9. September, beginnen.
Vitale Weinberge
In frostgeschädigten Rebflächen zeigt sich die Reife sehr unterschiedlich. Dies kann in betroffenen Flächen eine gestaffelte Lese erforderlich machen, heißt es in der Mitteilung. Aufgrund der weiterhin sehr guten Wasserversorgung präsentieren sich die Weinberge sehr vital. Die Temperaturen der vergangenen Tage sorgten für eine zügige Reife und bei den roten Sorten für eine gute, fortgeschrittene Durchfärbung, weshalb insbesondere beim spätreifen Trollinger regelmäßig der Befall durch die Kirschessigfliege beobachtet werden muss. „Trotz aller Herausforderungen für die Winzer versprechen die Traubenqualitäten aktuell einen aus Verbrauchersicht guten Weinjahrgang 2024“, resümiert Idler das Weinbaujahr.
Der Weinbau in Württemberg erlebt derzeit einen Strukturwandel. Vor allem kleinere Nebenerwerbsbetriebe stiegen in den vergangenen Jahren vorrangig aus Altersgründen aus dem Weinbau aus. Auf einem derzeit weltweit schwierigen Weinmarkt suchen junge Betriebsinhaber ihre Nische.
Strukturwandel im Weinbau
Ein gutes Beispiel für die junge Generation Württembergs sei das Weingut Erich Hirth in Obersulm-Willsbach. Ende 2023 weihte Betriebsnachfolgerin Nathalie Hirth die neue Vinothek mit Gästehaus ein. Junge Unternehmensnachfolger verfolgen verstärkt die Strategie der Diversifizierung, um Kunden über verschiedene Kanäle ansprechen zu können. Es bedürfe einer großen Portion Mut, die teilweise hohen Investitionen zu stemmen.
Sehr gute Weinqualitäten sind die Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Betrieb, betont Hirth. Durch die Events in der Vinothek erreiche das Weingut neue Kunden. „Der Arbeitsplatz der Winzerin sind nicht nur der Weinberg und der Keller. Wir Winzer sind das Gesicht unserer Betriebe und damit auch unserer Weine, sodass der Kontakt mit meinen Kunden und Gästen mittlerweile einen wesentlichen Teil meines Alltags prägt“, fasst die Jungunternehmerin ihre Leidenschaft für das Produkt und ihren Betrieb zusammen.
Für viele Weinbaubetriebe in Württemberg sei ein umweltbewusstes Arbeiten unerlässlich, betont der Weinbauverband. Aufgrund der steigenden Rebfläche an Piwi-Sorten (pilzwiderstandsfähige Rebsorten) rief der Verband zu einer „Piwi-Sonderverkostung“ im Rahmen der Landesweinprämierung auf. Immerhin rund fünf Prozent und somit jede 20. Flasche der Erzeugnisse waren aus Piwi-Rebsorten hergestellt. Vizepräsident Peter Albrecht geht von einer weiterhin steigenden Anzahl neuer Rebsorten in der Vermarktung aus: „Unsere Betriebe reagieren mit neuen Produkten auf den Klimawandel und auf ein verändertes Verbraucherverhalten.“ In den kommenden Wochen liege der Fokus jedoch auf der Traubenernte. bz