Werner „Jimmy“ Vosseler Halbes Jahrhundert an der Pfeife

Von Walter Christ
Werner Vosseler lebt für den Fußball – auch mit 78 Jahren greift er noch zur Pfeife und leitet Spiele. Foto: /Walter Christ

Der Oberriexinger Werner „Jimmy“ Vosseler leitet seit 50 Jahren Spiele in der Kreisliga B und in Jugendklassen.

Körperlich ist er nicht gerade auf Augenhöhe mit Deniz Aytekin, und er wird wohl auch kaum noch von VAR-Oberschulmeistern genervt werden – und dennoch ist „Jimmy“ Werner Vosseler, der seinen Spitznamen „einer mal komischen Frisur“ zu verdanken hat, eine Legende. Schon allein deshalb, weil er seit einem halben Jahrhundert in den Niederungen des Fußballs bis hin zur Bezirksliga Spiele leitet. Mehr als 1500 Partien sind es inzwischen – inklusive Assistenzen in höheren Regionen. Und das Urgestein des TSV Oberriexingen pfeift auch mit demnächst 78 Jahren noch lange nicht aus dem letzten Loch.

Der gebürtige Unterriexinger ist ein Fußball-Verrückter, im Bezirk und darüber hinaus bekannt fast wie ein bunter Hund, obwohl er das traditionelle Schwarz gegenüber den „Buntspecht“-Schiri-Klamotten, wie er die farbigen Trikots nennt, eindeutig vorzieht.

Bodenständig und zuverlässig

Man mag Vosseler, weil er in jeder Beziehung bodenständig und zuverlässig ist. Der Edelfan der Stuttgarter Kickers liebt, ebenfalls weithin bekannt, seit 1980 die Blauen auf Degerlochs Höhen, weil dies schon sein Opa und Papa taten. Sie hatten die Waldau samt Kickers-Klubheim mit ihrem Baugeschäft-Lastwagen mit Kartoffeln versorgt. „Verheiratet bin ich mit dem Fußball“, antwortet er auf die Frage nach dem Familienstand.

Mit dem Kicken begann Vosseler 1953 als Bub beim TSV Unterriexingen. Mit gerade mal 14 Jahren spielte er bereits bei der A-Jugend in Oberriexingen, danach bei den dortigen Aktiven, ehe ihn der damalige Trainer und gleichzeitige Schiedsrichter-Obmann Albert Stoll (Mühlacker) ins Lager der Unparteiischen lotste. Am 4. April 1973 pfiff der gelernte Werkzeugmacher sein erstes Spiel: Enzweihingen gegen Nussdorf. Vosseler gehört der Schiedsrichter-Gruppe Vaihingen/Enz an und pfeift auch heute noch pro Jahr rund 30 Kreisliga-B- sowie Jugendspiele.

Laudatio von Streckfuß

Sein 50-jähriges Jubiläum an der Pfeife hatte Obmann Eckhard Streckfuß (Sternenfels) kürzlich bei einem Schulungsabend im Sportheim des SC Hohenhaslach mit Urkunde und einer Laudatio gewürdigt, bei der auch Vosselers absolute Zuverlässigkeit bei Schulungen und Spielzusagen herausgehoben wurden.

Das heißt, – temporär auch mal ohne Führerschein – radelte der Unparteiische per Drahtesel oder fuhr per Eisenbahn beziehungsweise in Fahrgemeinschaften zu den zu leitenden Spielen. Die Partie Stuttgarter Kickers gegen den FSV 08 Bietigheim-Bissingen hatte er allerdings, wenn auch schmerzlich, sausen lassen: „Es ist doch Ehrensache, seine Zusage als Schiedsrichter auch einzuhalten.“

Unvergessen bleibt für ihn eine Begegnung in Stein, bei der er einem befreundeten Schiedsrichter-Kollegen an der Linie assistierte. Damals hatte das Gäste-Team mit 2:1 geführt. Mit dem Schlusspfiff hatten die Gastgeber den Ausgleich erzielt. Zu spät freilich, wie der Schiedsrichter wertete. „Wir flüchteten in die Kabine und sind dort ewig gehockt, weil es an der Tür gewaltig laut und lang gebockelt hatte“, erinnert sich Vosseler mit einem Grinsen. Ganz im Gegensatz zu damals versteht sich.

Vosselers Vorbild: Albert Dusch

Der ehemalige TSV-Jugendleiter (1966 bis 1986) und Sportplatz-Pfleger konstatiert, dass sich die Situation der Schiedsrichter in den jüngsten Jahren verändert habe. Wegen der viel schnelleren Spiele will man „am liebsten lauter ranke und schlanke, athletische und vor allem großgewachsene Unparteiische haben“, erklärt er. Sein persönliches großes Vorbild, der 100-Kilogramm-Mann und zweifache WM-Schiedsrichter Albert Dusch (Kaiserslautern) hätte demnach heute trotz seiner erstklassigen Leistungen null Chancen.

Vosseler, der seine Garage im Heimatstädtle in eine sehenswerte Foto- und Trophäen-Galerie verwandelt hat, fügt noch hinzu: „Geändert hat sich allerdings noch was: Verbal war es auf den Sportplätzen früher nicht so schlimm wie heute.“ Trotzdem will der Jubiläums-Referee zumindest diese Saison „fertig pfeifen“ (Vosseler). Dann sieht er weiter, denn schließlich wird er erst in zwei Jahren 80 Jahre alt. Walter Christ

 
 
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