Wie sich die Fahrverbote 1973 auf den Sport auswirkten Ölkrise nicht mit Corona vergleichbar

Von Jan Simecek
„Bohnenberger im Einsatz“ und „Szene vor dem Gmünder Tor“ schrieben die Kollegen einst unter diese Spielszenen des SV Germania auf schneebedecktem Rasen.⇥ Foto: BZ-Archiv

Selbst die Fahrverbote 1973 hatten nicht so eine Auswirkung auf dem Sport wie derzeit die Corona-Krise.

Man muss lange zurückdenken, um auf ein Ereignis zu kommen, das den Sport über einen längeren Zeitraum derart lahmlegen hätte können, wie dies derzeit die Corona-Pandemie tut. Die Ölkrise im Jahr 1973 mit vier autofreien Sonntagen im November und Dezember hätte so ein Ereignis sein können. Doch weder Fahrverbote noch eine geschlossene Schneedecke konnten damals dem sportlichen Geschehen etwas anhaben.

Befragte Zeitzeugen haben gar keine oder eine falsche Erinnerung an die damaligen Ereignisse. Sie wussten nur alle noch, dass man auf den Autobahnen spazierengehen konnte, was zumindest mal ein Hinweis sein könnte, dass sie an diesen Tagen selbst nicht auf dem Fußballplatz oder Handballfeld aktiv waren. Glücklicherweise vergisst das BZ-Archiv nichts, man muss nur wissen, wo man suchen muss. Am 25. November, 2., 9. und 16. Dezember durften damals keine Autos fahren – zumindest keine privaten. Taxis, Ärzte sowie Frischware-Lieferanten waren von dieser Regelung ausgenommen. „Am vierten autofreien Sonntag gab es dann so viele Ausnahmen, dass es auf den Straßen wieder zu Staus kam“, weiß jedoch Wikipedia dazu.

Im Sport reagierte man damals pragmatisch. „Fußball-Punktespiele werden vorverlegt“, titelte die BZ am Montag, den 26. November 1973. Schon am vorhergehenden Samstag war eine Kurzmeldung mit dem Inhalt erschienen, dass die Fußball-Spieltage im Bezirk an den drei autofreien Samstagen im Dezember kurzerhand auf den Samstag verlegt werden. Die für den 25. November vorgesehenen Partien wurden einfach einen Tag vor Heiligabend nachgeholt – und das, obwohl es Ende November ordentlich geschneit hatte und eine geschlossene Schneedecke vorherrschte, wie aus zwei Fotos vom Amateurligaspiel des SV Germania Bietigheim gegen den 1. FC Normannia Gmünd ersichtlich ist. Die Erste Amateurliga war damals übrigens die dritthöchste Spielklasse deutschlandweit, wurde 1978 in Oberliga Baden-Württemberg umbenannt.

Schon am Dienstag, den 27. November, erschien dann im überregionalen Sport ein Artikel, der sich mit den Auswirkungen der autofreien Sonntags auf die Zuschauerzahlen am letzten November-Wochenende befasste. Dabei wurde festgestellt, dass im Vorjahr – auch ohne Ölkrise – noch weniger Sportbegeisterte auf die Fußballplätze und in die Stadien kamen. Es kamen dabei aber auch einige Kuriositäten zur Sprache. So hatten beispielsweise die Berliner Sportschützen Probleme, Weil sie laut Alliiertengesetz ihre Sportwaffen nicht in öffentlichen Verkehrsmitteln transportieren durften. In Offenbach nutzte eine Fußballmannschaft offenbar ein Pferdefuhrwerk, um zum Spielort zu gelangen. Das hätten die Wasserballer die Regionalliga Süd eventuell auch tun sollen. Dort fielen sieben der acht Begegnungen aus, weil sich die Vereine aus finanziellen Gründen weigerten, die Bahn zu nutzen.

Aber im Großen und Ganzen lief der Sport in der Region nahezu unberührt weiter. So kamen auch zum Handball-Derby zwischen den TSV Bönnigheim und dem TV Metterzimmern „400 begeisterte Zuschauer“, die Bönnigheim zum Erfolg peitschten – einem heute undenkbar torarmen 9:6. So blieben als Einzige, die laut Meldung vom 7. Dezember die Fahrverbote arg zu spüren bekamen, die Wirte übrig. „Fahrverbot bringt die Hausfrau zum Kochen“, lautete die zugehörige Schlagzeile.

 
 
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