Wie wirkt sich die Ausnahmesituation durch das Coronavirus auf die Sportvereine aus? Noch gibt es keine Probleme

Von Jan Simecek
Beinahe gespenstisch wirkt der Blick in den Sportpark des TV Großsachsenheim. Zumindest im April sind die sonstigen  Nutzer der Geräte von ihrem Mitgliedsbeitrag befreit.⇥ Foto: Fotos: Martin Kalb

Derzeit kann kein Sportverein seinen Mitgliedern die durch die Beiträge entstehenden Ansprüche auf Leistungen erfüllen. Die BZ hat bei einigen Vereinen gefragt, wie sie mit dieser Situation umgehen.

Das Leben steht aktuell weitgehend still. Das organisierte Sportgeschehen ruht sogar komplett. Nicht nur der Spielbetrieb, auch der Trainingsbetrieb ist untersagt. Doch die Mitglieder haben Beiträge dafür bezahlt, betreut zu werden und die Anlagen nutzen zu dürfen. Im besonderen Maß gilt dies für Sport- und Fitnessstudios wie das das Sportquadrat des TSV Bietigheim, den Sportpark des TV Großsachsenheim oder das Fitkom der Spvgg Besigheim, für die noch einmal gesonderte Gebühren fällig werden. Wie gehen die Mitglieder und Vereine mit dieser speziellen Situation um? Was wird unternommen, damit niemand übervorteilt wird?

Das größte Projekt seiner Art im Raum Bietigheim-Bissingen ist das Bietigheimer Sportquadrat. Dort bleiben fast keine Wünsche im Bereich Fitness übrig. Doch natürlich kann dieses Angebot nicht in einem allgemeinen Mitgliedsbeitrag für den TSV Bietigheim enthalten sein. Es wurde viel Geld investiert und auch die laufenden Kosten sind höher als beispielsweise bei einer Gymnastikgruppe. Allerdings läuft bis jetzt alles, trotz Corona-Krise, noch verhältnismäßig normal. „Wir haben noch nicht allzu viele Anfragen in die Richtung erhalten, dass die Leute ihr Geld zurück wollten. Im Gegenteil: der überwiegende Teil der Mitglieder, die uns aktuell kontaktieren, will uns ihren Dank und ihre Unterstützung ausdrücken“, sagt Volker Scholz, Leiter des Sportquadrats. „Manche wollen sogar den doppelten Beitrag bezahlen, um uns finanziell zu unterstützen“, so Scholz weiter.

In ein ähnliches Horn stößt auch TSV-Geschäftsführer Jan Bodmer. Das Geschäft soll erst einmal so normal wie möglich weitergehen. „Wir ziehen die April-Beiträge erst einmal ein, überlegen uns aber auch, wie wir die Leute entschädigen können, weil sie aktuell ja keine Gegenleistung dafür erhalten“, so Bodmer. Bei der Spvgg Besigheim mit ihrem Fitkom ist diese Entscheidung schon gefallen. Auf der Webseite unterrichtet der Verein, dass die jetzt verlorene Zeit bei auslaufenden Fitness-Abos einfach kostenlos hinten angehängt wird.

Anders sieht es beim TV Großsachsenheim mit dem Sportpark aus. „Wir haben beschlossen, dass wir den April aussetzen, dass wir nicht einziehen“, sagt der TVG-Vorsitzende Sven Junger. Auch er hat schon positive Rückmeldungen von Mitgliedern, die dem Verein in dieser schweren Zeit finanziell zur Seite stehen und ihre Beiträge trotzdem bezahlen möchten. „Diese Leute können natürlich gerne spenden“, so Junger. Aber auch ohne Spenden käme der TVG zumindest diesen einen Monat noch ganz gut über die Runden. „Monatelang geht das natürlich nicht. Irgendwann sind die Rücklagen aufgebraucht“, berichtet der Vorsitzende.

Die Sache mit den Mitgliedsgebühren scheint ohnehin nur ein Thema bei den Vereinen mit eigenem Fitnessstudio zu sein. Von der BSG Vaihingen/Sachsenheim berichtet beispielsweise deren sportlicher Leiter Michael Nachreiner: „Die Beiträge sind zwar Sache unserer Stammvereine 1. BC Vaihingen und TSV Häfnerhaslach, aber von den Kassierern dort habe ich noch nicht gehört, dass sich jemand deswegen bei ihnen gemeldet hätte. Und auch bei mir, wo zentral die E-Mails an die BSG eingehen, ist noch keine entsprechende Nachricht angekommen.“ Überhaupt glaubt er, dass die Sportler und Eltern ein Bewusstsein dafür hätten, dass Vereine das Geld für grundlegende Dinge wie Aufwandsentschädigungen für Trainer, Hallenmiete oder auch Versicherungen benötigen.

Ähnlich sieht es der zweite Vorsitzende der Fußballer des SV Germania Bietigheim, Oliver Häusler: „Wir haben gerade erst Anfang März die Beiträge für das laufende Jahr eingezogen. Bislang hat das noch keiner moniert.“ Der Trainings- und Spielbetrieb bei der Jugend würde demnächst ohnehin wegen der Osterferien ruhen. Es gäbe dann auch unter normalen Umständen keinen gravierenden Unterschied zur aktuellen Situation. „Ich glaube aber auch nicht, dass wir hier über Beträge reden, die einen Einzelnen in den Ruin stürzen“, so Häusler. Dem stimmt Dr. Alexander Rossmann, der bei Germanias Stadtrivale FSV 08 Bissingen für die aktiven Männermannschaften zuständig ist, unumwunden zu. „Bei uns hat sich noch keiner deswegen gemeldet, die Mitglieder stehen alle voll hinter dem Verein“, ergänzt Rossmann. Problematischer könnte es dagegen an der Sponsorenfront werden. „Viele Unternehmen kämpfen gerade um ihre Existenz. Das Spendenaufkommen geht momentan gegen null. Das könnte irgendwann zu einem Probleme werden“, erklärt das 08-Vorstandsmitglied.

Sollten jedoch irgendwann die Gelder von den Mitgliedern in großer Menge nicht mehr fließen, kann auch so die Situation für die Vereine bedrohlich werden. „Auch ohne Krise ist so eine Finanzierung immer eine Herausforderung“, sagt Sportquadrat-Leiter Scholz, und der TSV-Geschäftsführer Bodmer ergänzt: „Ein oder zwei Monate können wir problemlos überbrücken, indem wir die Fixkosten senken, beispielsweise Kurzarbeit anmelden. Aber wir haben auch eine soziale Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitern. Irgendwann wird es dann halt knifflig.“

Auch beim Sportpark des TVG wurde „heruntergefahren was geht“, so der Vorsitzende Junger. Würde die Krise anhalten, müssten deshalb weitere Maßnahmen geprüft werden. „Wir müssten auch schauen, ob es vom Land oder Staat irgendwelche Förderprogramme gibt, auf die wir Anspruch hätten“, erklärt der Großsachsenheimer. Gerade deshalb steht der Schlusssatz von Jan Bodmer auch für den TV Großsachsenheim und vermutlich alle anderen Vereine: „Hoffen wir, dass die Krise bald überstanden ist.“

 
 
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