Wirtschaftsgespräch in Sachsenheim „Follower sollen manipuliert werden“

Von Michaela Glemser
Influencer Simon Hegewald (von links), Influencer-Marketing-Expertin Shari Kugel und Journalist und Podcaster Ole Nymoen beim Wirtschaftsgespräch im Lichtenstern-Gymnasium. Foto: /Oliver Bürkle

Fachleute diskutieren beim Wirtschaftsgespräch im Evangelischen Lichtenstern-Gymnasium über positive und negative Auswirkungen von Influencer-Marketing.

Kleidung, Kosmetikprodukte oder neue Fitnesstrends: Influencer mit ihren perfekt inszenierten Beiträgen auf Social Media haben Einfluss auf das Kaufverhalten vieler Menschen, gerade auch bei Jugendlichen. Dies zeigte sich bei einer Umfrage unter den Schülern des Evangelischen Lichtenstern-Gymnasiums in Sachsenheim, wo gerade ab den achten Klassen bis zur Kursstufe Social Media von den Jugendlichen deutlich häufiger genutzt wird als in den fünften bis siebten Klassen und dabei auch Produktempfehlungen von Influencern gefolgt wird.

Schüler bereiten Gespräch vor

Grund genug für die Schüler des Leistungskurses Wirtschaft der K1 gemeinsam mit ihren Lehrern Till Kernen und Timo Schuh ein Sachsenheimer Wirtschaftsgespräch zu dem Thema „Influencer Marketing: Inspiration oder Manipulation?“ vorzubereiten.

Mit Simon Hegewald nahm auf dem Podium ein Influencer Platz, der als „hegefire“ auf seinen Social-Media-Kanälen Tipps für Wanderungen und Ausflüge in Deutschland gibt und dabei auch schon für die Stadt Sachsenheim im Einsatz war. „Ich habe den Luxus, dass ich aus den Kooperationen, die mir angeboten werden, auswählen kann. Die schönste Zusammenarbeit ist dabei mit Tourismusverbänden und Städten. Bei Produkten entscheide ich mich meist für diese, die ich auch selbst nutzen würde“, sagte Hegewald, der rund 340.000 Follower auf Instagram hat und hauptberuflich im öffentlichen Dienst arbeitet. Wie diese Kooperation zwischen Influencern und Firmen konkret aussieht, weiß Shari Kugel, die als Fachfrau in einer Influencer Marketing-Agentur arbeitet.

„Wir wählen die Produkte aus, die zu dem einzelnen Influencer und seiner Zielgruppe auch wirklich passen. Es gibt Briefe mit genauen Instruktionen von den Unternehmen und bevor die Beiträge online gehen, können auch mehrere Korrekturschleifen mit den Firmen nötig sein“, sagte sie. Kritisch sieht dies der Journalist und Podcaster Ole Nymoen, der mit seinem Autorenkollegen Wolfgang M. Schmitt im Jahr 2021 das Buch „Influencer: Die Ideologie der Werbekörper“ veröffentlicht hat. „Vor allem bei den großen Influencern mit Millionenreichweite wird Werbung zum eigentlichen Inhalt ihrer Beiträge. Es geht nur noch um Konsumaufforderungen. Auf diese Weise sollen die Follower vom Influencer manipuliert und bewusst beeinflusst werden“, sagte Nymoen.

Influencer Hegewald verwies darauf, dass Firmen mit Hilfe des Influencer-Marketings nahezu verlustfrei in eine bestimmte Zielgruppe hineinwerben könnten. „Ich habe bei meinen Beiträgen immer im Hinterkopf, dass ich sensible Naturorte schütze und nur offizielle Wanderwege veröffentliche. Auch die Produkte prüfe ich genau“, sagte Hegewald.

So habe er zum Beispiel von drei ihm angebotenen Rucksäcken auch zwei wieder zurückgeschickt, weil er davon selbst nicht überzeugt gewesen sei.

Marketing-Expertin Kugel profitiert auch von den von ihr vermittelten Kooperationen, an denen sie bis zu 25 Prozent beteiligt ist. „Viele Contents sind doch auch eine Art ‚Volksverblödung‘, die ihr Publikum eher trauriger und nicht glücklicher machen, weil sie eben nicht den gezeigten Idealen entsprechen“, sagte Journalist Nymoen und appellierte an die Jugendlichen, dass Social Media auch deutlich geistreichere Unterhaltung zu bieten habe.

Marketing zielgerichtet einsetzen

Hegewald sagte ebenfalls, dass er mit seinen Beiträgen die Menschen dazu motivieren wolle, hinaus in die Natur zu gehen und schöne Regionen in Deutschland zu entdecken.

Dass das Influencer-Marketing in Zukunft weiterwachsen werde, darin waren sich alle drei auf dem Podium einig. „Es wird jedoch zielgerichteter eingesetzt werden. Die Influencer werden nicht mehr von den Firmen mit Geld überhäuft werden“, sagte Kritiker Nymoen.

Influencer Simon Hegewald war sich bewusst, dass sein Betätigungsfeld sehr schnelllebig sei und es damit auch von heute auf morgen vorbei sein könne. In der vom Sachsenheimer Wirtschaftsförderer Arved Oestringer moderierten Gesprächsrunde sorgten Annika Müller, Saskia Loistl und David Wannenwetsch von der K1 mit ihren klug ausgearbeiteten Fragen für den Erfolg Diskussion über die neue Online-Werbewelt und ihre Strategien.  

 
 
- Anzeige -