Wünschewagen Ludwigsburg Wenn der letzte Wunsch ein Ausflug ist

Von Petra Neset-Ruppert
Simone Linta engagiert sich seit vier Jahren ehrenamtlich beim Wünschewagen des ASB. Zwölf Fahrten hat die Krankenschwester bereits begleitet. Foto: /Martin Kalb

Mit dem Wünschewagen sind ehrenamtliche Helfer aus dem Kreis Ludwigsburg unterwegs, um kranken Menschen den letzten Wunsch zu erfüllen. Simone Linta ist seit vier Jahren dabei und erzählt der BZ was die Arbeit für sie ausmacht und weshalb sie dieses Ehrenamt nicht so schnell aufgeben wird.

Unerfüllte Wünsche spielen eine große Rolle und sind ausschlaggebend wie jemand von dieser Erde gehen kann. Werden diese Wünsche erfüllt, sind die Menschen meist ruhiger wenn sie gehen“, erzählt Simone Linta. Sie ist eine von rund 80 Ehrenamtlichen, die sich beim Wünschewagen des Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) engagieren.

Seit fünf Jahren gibt es den Wagen im Kreis Ludwigsburg. Mit ihm sind die Ehrenamtlichen unterwegs und erfüllen schwerkranken Menschen ihren letzten Wunsch. 143 Mal war das Fahrzeug schon im Einsatz, alles finanziert durch Spenden und Eigenmittel des ASB.

Meist muss die Fahrt schnellorganisiert werden

„Das Ziel suchen sich die Gäste aus. Es muss innerhalb eines Tages erreichbar sein und wir fahren nur in das deutschsprachige Ausland“, erklärt Projektleiterin Silke Löser. Meist muss die Fahrt schnell organisiert werden, denn der Gesundheitszustand vieler Fahrgäste ist sehr schlecht. Wenn eine Anfrage für eine Wunschfahrt eingeht, fragt Silke Löser per Mail bei den Ehrenamtlichen nach, wer Zeit hat und sich die Fahrt zutraut.

Wunscherfüllerin Linta war bisher bei zwölf Fahrten dabei. Sie ist Krankenschwester und arbeitet auf der Palliativstation eines Stuttgarter Krankenhauses. Auf das Projekt Wünschewagen kam sie durch die Sozialen Medien. „Ich folgte einer Krebspatientin auf Facebook, die sich mit dem Wünschewagen zu ihrem Lieblingsbiergarten fahren lies. Das fand ich so schön und als ich dann erfuhr, dass es in Ludwigsburg auch ein Fahrzeug gibt, habe ich mich gemeldet“, erzählt die 43-Jährige.

Bei den Fahrten ist immer ein Ehrenamtlicher aus dem Rettungsdienst und eine Pflegefachkraft dabei. Auch Ehrenamtliche ohne medizinischen Hintergrund können beim Wünschewagen mitfahren und helfen, denn der Wünschewagen darf mit einem normalen Führerschein gefahren werden. Ausgestattet ist der Wagen wie ein richtiger Krankentransportwagen, doch die Ausrüstung ist versteckt in Schränken, denn für die Fahrgäste soll es bei der Wunschfahrt nicht um die Krankheit, sondern um das Leben gehen. Ein Panoramafenster und ein Sternenhimmel sowie spezielle Stoßdämpfer sollen den Fahrgästen die Zeit im Wünschewagen so angenehm wie möglich gestalten.

„Man erlebt auf jeder Fahrt tolle Momente, es ist unheimlich erfüllend“, sagt Linta. Gerade die kleinen Momente seien es, die ihr besonders im Gedächtnis bleiben. „Ich erinnere mich noch sehr gut an eine Fahrt an den Bodensee. Die Frau, die wir begleitet haben, saß mit einem Eis in der Hand in ihrem Rollstuhl, hat auf den See geschaut und sagte dann richtig glücklich: ‚Was für ein wunderschönes Fleckle Erde’. Das hat mich so gefreut, ihr Glück in dem Moment miterleben zu können.“

Für die Krankenschwester ist die Fahrt mit dem Wünschewagen keine Arbeit, sie sieht es als Geschenk an, dass mit ihrer Unterstützung Wünsche erfüllt werden können und die Fahrgäste sie an diesen glücklichen Momenten teilhaben lassen.

Die 43-Jährige genießt es mitzuerleben, wie sich bei den Fahrten die Stimmung verändert: „Anfangs sind die Fahrgäste meist sehr nervös und aufgeregt, zum Schluss sind sie dann immer sehr zufrieden.“ Viele seien auch erst einmal überrascht, wenn ihnen gleich zu Beginn erklärt wird: „Heute geht es nur im sie, was können wir Ihnen Gutes tun?“ Dann kann es dann auch schon mal vorkommen, dass der Wünschewagen zum Abschluss noch einen kurzen Halt bei einem FastFood-Restaurant einlegt und ein Eis besorgt.

Durch ihre Arbeit und das Ehrenamt setzt sich Simone Linta auch selbst stark mit dem Thema Tod und Sterben auseinander. Auch sie hat überlegt, welchen Wunsch sie sich erfüllen lassen würde: „Bei mir wäre es ein Fest mit der Familie und Freunden.“ Auf den Fahrten gehe es selten traurig zu, berichtet sie. „Wir lachen viel und meistens ist es eine ausgelassene Stimmung.“ Dabei geht die Wunscherfüllerin offen auf die Fahrgäste zu und begleitet sie durch alle Emotionen, die an einem solchen Tag entstehen. „Und wenn dann mal Tränen kommen, ist das auch gut.“

Helfer zu finden, ist manchmal schwierig

Trotz ihres fordernden Jobs im Krankenhaus, ist für Linta das Ehrenamt wichtig. „Ja, das ist schon ein bestimmter Schlag von Leuten die hier mithelfen. Jeder kommt gerne, trotz der Belastungen im Arbeitsalltag“, sagt die Pflegekraft. Sie wünscht sich, dass das Thema Tod und Sterben noch viel präsenter im Alltag wird. „Es darf kein Tabuthema mehr sein. Deshalb ist der Wünschewagen auch so ein wichtiges Projekt. Ich hoffe, dass noch viel mehr Standorte in ganz Deutschland entstehen und mehr Helfer dazukommen.“ Manchmal sei es schwierig Wunscherfüller zu finden, da die meisten Helfer im Schichtbetrieb arbeiten.

„Da ich nur 40 Prozent im Krankenhaus arbeite, kann ich diese Fahrten auch machen“, betont Linta. Was sie abgesehen von der Zeitfrage daran hindern könnte eine Fahrt mit dem Wünschewagen zu übernehmen? „Wenn es ein Kind betrifft, das im Alter meines Sohnes ist, das wäre wahrscheinlich schwierig für mich“, überlegt Linta. Doch dann betont sie: „Vom Herz her möchte man jede Fahrt zusagen, aber manchmal muss man dann auch auf seinen Kopf hören. Ich habe nicht vor damit aufzuhören, denn es ist so eine wichtige und richtig schöne Aufgabe.“

Alles über das Wünschewagen-Projekt

Deutschlandweit gibt es 22 Wünschewagen. In Baden-Württemberg sind es momentan zwei Standort, ein dritter kommt 2023 dazu.

 
 
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