Zecken-Saison Zecken-Expertin warnt: Gefahr der FSME-Infektion hoch

Von Von Martin Hein
Das erwachsene Weibchen (rechts oben), ist ca. 5 mm groß, unten eine so genannte Nymphe, links zwei Zecken-Larven.⇥ Foto: Privatfoto

2020 könnte wegen des milden Winters ein Zecken-Rekordjahr werden. Besonders erwachsene Zecken können FSME übertragen. Eine neue Zeckenart sorgt für zusätzliche Gefahren.

Für das Auge kaum sichtbar, und doch bereits für Menschen gefährlich: Gerade einmal 0,6 Millimeter groß ist eine frisch geschlüpfte Zeckenlarve. Der gemeine Holzbock (Ixodus ricinus) ist die bekannteste Art der Schildzecken und kann einen ganzen Cocktail an gefährlichen Krankheiten übertragen. Nach Auskunft von Dr. Uschi Traub, zuständige Leiterin der  Gesundheitsförderung beim Landratsamt Ludwigsburg, sind bislang rund 50 Krankheiten bekannt, die die winzigen Krabbeltierchen auf den Menschen übertragen können. 2020 könnte ein Zecken-Rekordjahr werden.

Die mit Abstand größte Rolle spielen in unseren Breitengraden die FSME-Erreger (Frühsommer-Meningoenzephalitis oder Hirnhautentzündung) und die Lyme-Borreliose (siehe auch Infobox). Bereits im Frühjahr haben Experten festgestellt, dass in diesem Jahr die Zeckenpopulation älter und damit gefährlicher ist, weil ausgewachsene Zecken fünfmal häufiger FSME-Erreger mit sich rumschleppen und beim Stich übertragen können.

Traub weist darauf hin, dass die Gefahr, sich bei einem Zeckenstich mit FSME zu infizieren, deshalb 2020 um rund 50 Prozent höher ist als im vergangenen Jahr. Die Zecken seien äußerst aktiv. Bis Mai wurden bereits zehn FSME-Fälle dem Landesgesundheitsamt gemeldet. Bei Menschen kann das FSME-Virus zu Hirnhautentzündungen führen. Zumindest gegen FSME kann man sich mit einer Schutzimpfung gut schützen. Uschi Traub weist darauf hin, dass drei Impfungen für eine Grundimmunisierung notwendig sind. Persönen über 50 sollten alle drei Jahre den Impfschutz auffrischen lassen, bei jüngeren Personen reicht eine Auffrischung nach fünf Jahren aus. Die Impfung bietet einen sehr guten Schutz gegen eine FSME-Infektion. Seit vier Jahren besucht Traub reihum die Schulen im Landkreis und informiert allgemein über Schutzimpfungen, darunter auch die FSME-Impfung.

Übrigens beißen Zecken nicht sondern stechen. Damit das Opfer nichts spürt, betäubt der Holzbock die Stichstelle, dann reißt er mit einem schmalen Mundwerkzeug die Haut auf. Erst dann erfolgt der Stich. Bereits beim Stich können FSME-Viren in den Körper des Opfers abgegeben werden. Borrelien-Bakterien hingegen, befinden sich nach Aussage von Traub im Mitteldarm der Zecken und werden meistens erst nach 12 bis 24 Stunden übertragen.

Möglichst schnell entfernen

Deshalb ist es wichtig, saugende Zecken möglichst schnell vom Körper zu entfernen. Wo eine Zecke zugestochen hat, könnten sich noch weitere tummeln. Traub rät: „Grundsätzlich den ganzen Körper absuchen.“ Zecken können oft stundenlang auf dem Körper des Opfers herumkrabbeln, bis sie eine geeignete Stichstelle gefunden haben. Hinter den Ohren, zwischen den Zehen, im Bauchnabel, Achselhöhlen oder Kniekehlen sind beliebte Stichstellen.

Als Werkzeug zur Entfernung haben sich spezielle Zeckenpinzetten, Zeckenkarten oder Zecken-Lassos bewährt. Hat man nichts dergleichen zur Hand, tun es zur Not auch die Fingernägel. Dabei sollte man unbedingt darauf achten, dass die Zecke möglichst nah an der Haut gepackt und mit leichten Bewegungen langsam und kontrolliert aus der Stichstelle herausgezogen wird. Drehbewegungen bringen nichts, da Zecken kein Gewinde haben, erklärt Traub.

Zecken haben keinen Kopf

Viele Leute haben Angst, dass der Kopf der Zecke in der Wunde stecken bleiben könnte, doch das ist ein Irrglaube. Zecken haben an sich keinen Kopf. Sollte ein winziges schwarzes Pünktchen an der Stichstelle zurückbleiben, handelt es sich fast immer um Teile des Stichapparats. Diese stellen aus medizinischer Sicht keine Gefahr dar und werden in der Regel wenige Tage später vom Körper abgestoßen.

Traub rät dringend von alten Hausmittelchen oder „Tricks“ wie beispielsweise dem Bestreichen einer saugenden Zecke mit Nagellack, Öl oder dergleichen ab. Im darauffolgenden Todeskampf könnten erst recht Viren oder Bakterien von der Zecke ausgeschieden und in die Stichstelle übertragen werden.

Nach einem Stich sollte die Wunde auf jeden Fall desinfiziert werden, schon damit keine anderen Keime in die Stichstelle eindringen können. Die Zecke sollte dann mit einem möglichst festen Gegenstand zerdrückt werden, so Traub. Eine leichte Rötung der Stichstelle ist zunächst normal. Nach dem Stich ist es ratsam, die Wunde zu beobachten. Entzündet sich die Wunde, soll ein Arzt konsultiert werden.

Neue Zeckenart gesichtet

Erschwerend kommt hinzu, dass seit 2015 auch in Baden-Württemberg eine, für unsere Breitengrade neue Zeckenart ihr Unwesen treibt. Die Hyalomma-Zecke, auch Riesenzecke genannt. Sie lebt eigentlich in den Trocken- und Halbtrockengebieten Afrikas, Asiens und Südeuropas, ist etwa dreimal größer als der hier verbreitete Holzbock. Während die hier heimische Schildzecke in der Regel passiv auf Grashalmen oder im Gestrüpp auf ihr Opfer wartet, macht sich die Hyalomma-Zecke aktiv auf die Suche nach ihrem Opfer. Sie kann Krankheiten wie das Krim-Kongo-Fieber-Virus übertragen.

 
 
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