Zukunftsserie: Wie reagieren die Weingärtner Stromberg-Zabergäu auf die künftigen Herausforderunge Zukunftsstrategien entwickelt

Von Jürgen Kunz
Am Freitag hat die Weinlese am Standort Bönnigheim im Strombergkeller (Foto), am Samstag im Weinkeller Brackenheim der Weingärtner Stromberg-Zabergäu begonnen Foto: Helmut Pangerl

Von außen betrachtet konnte bisher die Weinerzeugung als Konstante wahrgenommen werden: Schneiden, biegen, Pflanzenschutz, seit einigen Jahren Trauben reduzieren, Lese, keltern, lagern, abfüllen, letztendlich vermarkten. Doch verstärkt tauchen immense Herausforderungen auf: der Generationenwechsel bei den Nebenerwerbswengertern, in fünf Jahren ein neues Weinrecht und vor allen Dingen ein sich schnell verändernder Markt. „Vor zehn Jahren hätte niemand erwartet, dass sich auch der Weinmarkt so rasant verändert“, bestätigt Dr. Bernd Kost, Geschäftsführer der WG Stromberg-Zabergäu. Zusammen mit Vorstandsvorsitzenden Jürgen Conz erläutert er die Zukunftsstrategien der Genossenschaft, der in Bönnigheim und Brackenheim 1100 Mitglieder angehören, von denen rund die Hälfte Rebflächen bewirtschaften.

Conz und Kost leiten als Duo die WG Stromberg-Zabergäu: „Sicherheit gibt uns, weil die Genossenschaft strategisch so aufgestellt ist, dass wir schnell entscheiden können.“ Der Anbau, mit Blick auf die Kosten und die zu investierende Arbeitszeit, der mit dem Markt in Einklang gebracht werden muss, sind für Kost die klassischen Ziele einer genossenschaftlichen Kellerei. „Der Nebenerwerb geht zurück“, sagt Kost. Knapp 20 Prozent sind inzwischen landwirtschaftliche Vollerwerbsbetriebe, die rund 80 Prozent der 750 Hektar Rebfläche bewirtschaften.

Arbeitszeit und Kosten

Arbeitsgruppen in der Genossenschaft suchen nach neue Rebsorten, die widerstandsfähiger gegen Krankheiten sind. Eine Notwendigkeit für Conz, um die Arbeitsintensität in den Weinberg zu verringern. Weinbautechnisch nennt er den „Minimalschnitt“. Dabei werde der Weinstock „weitgehend sich selbst überlassen“, was zu rund ein Drittel Arbeit bedeutet, die darüber hinaus weitgehend maschinell erledigt werden kann. „Dies ist natürlich nicht bei allen Sorten möglich“, so der Vorstandsvorsitzende. Diese Weinbautechnik erfordert allerdings bei der Neuanlage eine stabilere Drahtanlage und etwas größere Abstände zwischen den Zeilen. Der „Minimalschnitt“ sei zurzeit in der WG im Versuchsstadium. „Es ist wichtig für unsere Mitglieder Zeit zu sparen“, so Conz.

Die Technik des „Minimalschnitts“ komme ursprünglich aus Australien, ergänzt Kost, und sie wurde Mitte der 1990er-Jahre in den Weinbauforschungsanstalten in Geisenheim und Bad Kreuznach weiterentwickelt. In Württemberg sei man noch im Anfangsstadium, mit noch wenigen Betrieben, die Standort, Lage und nach der Vermarktung ausgewählt wurden.

Der „Minimalschnitt“ sei nur für das Qualitätsweinsegment geeignet, wie Conz erklärt, da eine Vorlese nicht möglich ist, auch die Reife der Trauben sei etwas verzögert. In Vorbereitung auf die nächste Wengerter-Generation sei diese Anbaumethode dennoch wichtig, damit die Mitglieder erkennen können, wie die Arbeitszeit reduziert werden kann.

Neue Rebsorten

„Ein großes Thema sind pilzwiderstandsfähige Rebsorten“, sagt Kost. Die Herausforderung dabei sei allerdings, dass diese neuen Sorten als Marke am Markt etabliert werden müssen. Seit langem stehen auch bei Württemberger Weinen die bekannten Rebsorten, wie etwa Riesling, Lemberger oder Burgunder, im Fokus bei der Kaufentscheidung. Ganz im Gegensatz zu anderen Weinregionen, in denen traditionell viele Cuvées produziert werden und das Anbaugebiet im Mittelpunkt steht. Hier gibt es nach Einschätzung von Kost viel Arbeit, um in Gesprächen mit den Handelspartnern dieses Umdenken beim Verbraucher zu initiieren. Schwierig mache dies allerdings das neue Weinrecht, das in fünf Jahren gelten wird und das künftig die bekannten Großlagen in Verbindung mit Ortsbezeichnungen zulasse mit dem eher umstrittenen Ansatz „je kleiner die Herkunft, desto besser Wein“. Wie Kost anmerkte, sei aufgrund dieses neuen Weingesetzes der Raiffeisenverband aus dem Deutschen Weinbauverband ausgetreten.

Premium-Sorten

Rund neun Millionen Kilogramm hat die WG Stromberg-Zabergäu jährlich zu vermarkten, in einem Markt, der sich europaweit verändert hat. Ein wichtiges Segment für „ein paar tausend Kilogramm“ ist für Kost der Premiumbereich mit den Serien Epos, Signum und Octavio. „Dabei wählen wir die besten Lagen, die besten Sorten und die besten Wengerter als Kombination aus“, so Conz. Zu berücksichtigen sei auch, dass sich das Konsumentenverhalten in den letzten Jahren verändert hat, so sind die Weißweinverkäufe gestiegen, leichtere Weine, mit geringerem Körper seien eher rückläufig.

Bioweine für den Export

„Wein ist eigentlich grundsätzlich ein natürliches Produkt“, sagt der WG-Geschäftsführer. Für die Exporte nach Japan oder in die USA spielen aber Trollinger und Lemberger als ausgewiesen Bioweine eine herausragende Rolle. Mit rund 50 Hektar Anbaufläche gehört die WG Stromberg-Zabergäu zu den drei größten genossenschaftlichen Bioweinerzeugern in Deutschland und ist die Nummer 1 in Württemberg. „Wir sehen hier ein Wachstum und wollen die Fläche deutliche ausweiten“, bekennt Conz und sieht darin eine wichtige Ausrichtung für die Zukunftssicherung. Vorteil ist für die WG die lange Erfahrung in diesem Segment. „In den beiden Ursprungs-Genossenschaften (Brackenheim und Bönnigheim) wurde seit Mitte der 1990er-Jahre Biowein erzeugt“, merkt er an.

Neue Märkte

Grundsätzlich müsse man „neue Märkte und noch Vermarktungsmöglichkeiten, insbesondere international“ suchen, betont Kost, deshalb habe man auch Stromberg Winery GmbH gegründet, für den Handel mit und den Export von Wein, Schaumwein sowie sämtlicher Nebenprodukte und ergänzender Artikel sowie die Bewirtschaftung von eigenen, gepachteten oder fremden Rebflächen und sonstigen landwirtschaftlichen Flächen, wie es im Handelsregistereintrag heißt.

„Wir müssen über den Tellerrand hinausschauen und auch andere Vermarktungspartner suchen“, sagt Vorstandsvorsitzender Conz, und hat zum Abschluss noch eine geheimnisvolle Vision bereit: „Wir müssen auch schauen, was man aus Trauben machen kann – außer Wein.“

 

Erste Einschätzungen zur Weinlese: Geringere Mostgewichte

Die Lese 2021 der WG Stromberg-Zabergäu läuft in Bönnigheim seit Freitag, in Brackenheim seit Samstag. Mit viel Vorlese, aber auch dem Schwarzriesling, dessen Beeren sich durch die vielen Niederschläge in den letzten Wochen vollgesaugt haben und nun zu platzen drohen, wurde gestartet. „Dieses Jahr verlangt uns mehr ab, als sonst“, konstatiert Vorstandvorsitzender Jürgen Conz, wobei es deutliche Unterschiede je nach Lage gebe, und auch vereinzelt die Essigfliege vorkomme.

Die Analysewerte seien dennoch gut, „es ist in Ordnung was kommt“, so Conz. Die aktuellen Mostgewichte seien geringer in diesem Jahr, hauptsächlich im Qualitätsweinbereich, sagt der Vorstandsvorsitzende, der von einem witterungsmäßig schwierigen Jahr, durch die Fröste im Mai und die kalte Witterungen im Mai, spricht. Im Übrigen sei man bei den weißen Sorten noch recht entspannt. Auch die Mengen gehen etwas zurück. Nach der Ernteschätzung Mitte August geht er von einem Ertrag von etwa 125 Kilogramm pro Hektar aus.

 
 
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