Zum Schutz gegen das Coronavirus Schutzmasken vom Schneider im Akkord

Von Mathias Schmid
Schneider Sebastian Bajram näht Mundschutze in Serie. Auf die Idee brachte ihn Stadtrat Thomas Bay (FDP, links).⇥ Foto: Martin Kalb

Schneider Sebastian Bajram und Stadtrat Thomas Bay haben damit begonnen, die Bevölkerung mit Atemschutzmasken aus Baumwolle auszustatten.

Selbst gemachte Schutzmasken gegen das Coronavirus Sars-CoV-19 sind in Deutschland noch nicht weit verbreitet und auch umstritten. Bieten sie den nötigen Schutz? Oder wird man durch sie leichtsinnig? Doch was ist mit denen, bei denen sich Kontakt gar nicht (immer) vermeiden lässt? Busfahrer, Pfleger, Handwerker. Viele Privatleute nähen mittlerweile Schutzmasken, es haben sich Initiativen gegründet. Auch Schneider Sebastian Bajram aus Sachsenheim will helfen. Seine selbst genähten Masken sind heiß begehrt. Mehrere Hundert Stück kann er pro Woche produzieren, auch für Privatleute – zum Selbstkostenpreis.

Am Wochenende gab Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt die Empfehlung ab, alle Deutschen sollen im öffentlichen Raum Schutzmasken tragen (siehe Infobox). Die Idee von Schneider Sebastian Bajram und dem Sachsenheimer Stadtrat Thomas Bay (FDP) war da schon angelaufen. Im Gespräch kamen die beiden auf die Idee, dass man die Ruhe im Geschäft nutzen könnte, um einen Beitrag in der Corona-Krise zu leisten.

Die erste Maske war für einen Zahnarzt bestimmt

Die ersten Masken nähte der Schneider für einen Zahnarzt, dann für ein Busunternehmen.  Mittlerweile produziert Bajram für die Kirchliche Sozialstation Sachsenheim, Handwerker, Tankstellenmitarbeiter – und auch Privatleute, die ihn ebenfalls angesprochen hätten. Alleine würde er das bereits gar nicht mehr schaffen. Aber Freunde helfen ihm, schneiden ihm die 22 Zentimeter großen Stoffstücke zu. „Vielen von denen ist aktuell auch langweilig“, sagt er. Der Schneider selbst säumt, vernäht das Gummi und presst in der Bügelstation die drei Falten in die Maske. „So komme ich auf viele 100 Stück pro Woche.“

Als die Atemschutzmasken bei der Kirchlichen Sozialstation knapp wurden, nahm Marianne Bauer, 1. Vorsitzende der Evangelischen Kirchengemeinde die Sache in die Hand. Zunächst organisierte sie auf privater Ebene Näher für die Baumwollmasken, dann trat sie mit Bajram in Kontakt. „Der hat uns innerhalb von zwei Tagen 100 Masken genäht. Das hat uns unheimlich weitergeholfen“, freut sich Lothar Kämmle, Geschäftsführer der Sozialstation. Dort werden die Masken sowohl in der Pflege als auch in der Hauswirtschaft eingesetzt. „Überall da, wo die Menschen raus müssen“, so Kämmle. Aber auch im Haus tragen die wenigen, die noch von dort aus arbeiten Schutzmasken. „Wichtig ist, dass unser Pflegedienst weiter draußen unterwegs ist.“

Dankbar für Hilfe

Der Geschäftsführer ist sehr dankbar für die Hilfe von Bajram und den anderen Freiwilligen: „Sie entsprechen zwar nicht den Standards, die wir eigentlich bräuchten. Aber sie sind eine super Ergänzung zu unserer eigentlichen Ausrüstung, die aktuell sehr knapp ist.

 „Uns ist bewusst, dass so eine Maske keinen 100-prozentigen Schutz bietet. Aber man bewahrt andere davor, sich anzustecken“, meint Bay, „ein wenig so wie bei OP-Masken.“ Das sei ihnen unter anderem im Gespräch mit dem Roten Kreuz bestätigt worden, auch Kontakt zu einem Allgemeinarzt hätten die beiden gesucht.

Für Schneider Bajram sind die Masken aber keine Geschäftsidee, mit der er seine Kassen füllt. Zwei Euro verlange er für die Deckung der Kosten. Dabei hätten ihm Leute freiwillig angeboten, mehr zu bezahlen. Auch ein Geschäft habe bereits größere Mengen zu einem höheren Preis abkaufen und dann gewinnbringend weitervertreiben wollen. „Aber mit so einer Situation möchte ich kein Geld verdienen“, betont der Schneider. Das rechnet ihm auch Kämmle von der Sozialstation hoch an: „Wenn man sieht, wie die Preise in diesem Bereich sonst gestiegen sind, ist das umso lobenswerter.“

Sitzungsgeld aus dem Gemeinderat soll gespendet werden

Auch Ex-Bürgermeisterkandidat Bay will seinen Teil beitragen: Er hat angekündigt, sein Sitzungsgeld aus den Gemeinderatssitzungen zur Deckung der Kosten zu spenden. „Das war ohnehin die Idee, dieses für wohltätige Zwecke einzusetzen.“

Soweit verfügbar, sollen die Masken auch an Privatpersonen herausgegeben werden. Dafür wird Sebastian Bajram ab sofort immer freitags und samstags, von 9 bis 13 Uhr, direkt bei „Sebastians Änderungsschneiderei“, Bahnhofstraße 7/1 eine Ausgabestelle öffnen.

Die Masken sind zu 100 Prozent aus Baumwolle und waschbar bis 95 Grad. Aktuell kann Bajram nur eines stoppen: Ein Mangel an Gummibändern. Die konnte sein Händler zuletzt nicht mehr liefern. Jetzt probiert er es direkt über den Produzenten aus Griechenland. „Das ist das gleiche Gummi wie am BH“, erklärt er. Dass die Teile aktuell schwer zu kriegen sind, dürfte aber eher an der Corona-Krise liegen.

 
 
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