Zwei junge Tennis-Asse aus Bietigheim-Bissingen Bravourös dem Druck standgehalten

Von Sandra Bildmann
Marleen Gläser vom Tennisklub Bietigheim in Aktion. Foto:  

Marleen Gläser und Louanne Djafari vom TK Bietigheim wurden kürzlich deutsche Tennis-Meisterinnen im Rahmen von „Jugend trainiert für Olympia“ und vertreten Deutschland 2023 bei der WM.

Es ist eine Qualität, die eigentlich erst über viele Jahre reifen kann und die oftmals das Zünglein an der Waage ist. Sie entscheidet über Sieg oder Niederlage und löst mitunter weitreichende Konsequenzen aus. Arrivierten Athleten spielt sie manchmal einen Streich, den Gegnern dafür in die Karten. Die Rede ist von der Fähigkeit, in enormen Drucksituationen die eigene Leistungsfähigkeit maximal abrufen zu können. Marleen Gläser aus Bietigheim-Bissingen ist 13 Jahre alt und hat nicht zuletzt dank dieses Vermögens einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass sie mit der Tennis-Auswahl des Ludwigsburger Otto-Hahn-Gymnasiums kürzlich den deutschen Meistertitel beim Turnier „Jugend trainiert für Olympia“ gewonnen hat.

Bis zuletzt kämpfen

Zusammen mit Louanne Djafari – ebenfalls Bietigheim-Bissingerin – und vier weiteren Mitstreiterinnen hat sie sich in mehreren Ausscheidungsrunden zunächst für die deutschen Meisterschaften in Berlin qualifiziert. Im Viertelfinale gegen Bayern lag der baden-württembergische Vertreter zurück. Es war klar: Marleen Gläser muss gewinnen, sonst platzt der Traum des ganzen Teams. Die 13-Jährige siegte. „Ich habe versucht, mir nichts anmerken und mich nicht ablenken zu lassen“, erzählt sie im Gespräch mit der BZ. Ihre Stärke sei es, bis zum allerletzten Punkt zu kämpfen.

Auch Louanne Djafari hat mehrfach beim Turnier Nervenstärke bewiesen. Die 15-Jährige war zum zweiten Mal dabei und erzählt, dass das Mitfiebern mit der Mannschaft etwas ganz Besonderes sei. „Im Team zu gewinnen, ist noch mal toller“, sagt sie und schildert: „Ich empfinde da keinen Druck, sondern spiele besser, weil ich für das Team gewinnen will. Das ist noch mehr Ansporn.“ Da mobilisiere man eben ein paar Reservepakete, auf die man in der Einzelkonkurrenz gar keinen Zugriff habe. Und so habe es der gesamten Mannschaft einen Schub gegeben, als Marleen Gläser im Viertelfinale das Ruder herumreißen konnte, bestätigt Djafari. Von nun an kam der Motor nicht mehr ins Stottern – im Finale gelang den Schwäbinnen ein glatter Erfolg in zwei Matches über Nordrhein-Westfalen. Damit dürfen sie Deutschland im kommenden Jahr bei der Weltmeisterschaft vertreten – sofern sie denn stattfindet. Denn ein Ausrichter ist noch nicht gefunden.

Möglich macht das die Struktur des Ludwigsburger Otto-Hahn-Gymnasiums, weil dort die Vereinbarkeit von Schule und Leistungssport besonders schülerfreundlich geregelt wird.

Zusätzliches Schuljahr

Im Kern hängt das mit einem zusätzlichen Schuljahr in der Mittelstufe zusammen. Das leistungssportorientierte Training könne den normalen Schulsport ersetzen, außerdem bekämen die Talente Trainingszeiträume am Vormittag freigeräumt, berichtet Jonas Hartmann, Lehrer für Geschichte, Gemeinschaftskunde sowie Sport und gleichzeitig Tennis-Übungsleiter. Der A-Lizenz-Trainer arbeitet seit 2014 am Ludwigsburger Gymnasium und betreut die Tennisabteilung.

Da er in der Vergangenheit Profi-Spielerinnen auf der internationalen Tour begleitet hat, kennt er das Business und weiß um den herausfordernden Spagat von schulischen Verpflichtungen und sportlicher Karriere. „Was die Mädels leisten, ist enorm. Trotz unseres Konzeptes sind sie hochbelastet, haben teilweise eine 60-Stunden-Woche“, verdeutlicht Hartmann das Pensum der Schülerinnen. Gläser und Djafari hätten Außergewöhnliches geleistet, sagt er. „Sie haben beide in großen Drucksituationen ihre Leistung abgerufen und die wichtigen Punkte super gespielt.“

Seit diesem Schuljahr hat Hartmann Patricia Cyranowski an seiner Seite. Die B-Trainerin unterstützt explizit die Tennis-Abteilung, denn Erfolg spricht sich herum: Inzwischen kommen Talente aus dem ganzen Bundesgebiet nach Ludwigsburg. Die knapp 30 Tennis-Kaderathleten sind in ihrem Sport Spitze: Einige spielen Grand Slams und/oder stehen unter den Top 100 der Junioren-Weltrangliste. Zwar sei der Kern immer noch in der Umgebung zu Hause, erzählt Hartmann, dass aber zwei Bietigheim-Bissingerinnen so auftrumpfen – „das hat es bisher nicht gegeben.“

 
 
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