Asperg/Tamm Ein Brief an den Ministerpräsidenten

Von Claudia Mocek
Über 4000 Teilnehmer: Andreas Weiser von der Bürgerinitiative sprach im Mai zu den Teilnehmern einer Demo gegen eine Lea auf dem Schanzacker.  Foto: bz/Martin Kalb

Die Bürgermeister Christian Eiberger und Martin Bernhard haben Winfried Kretschmann darüber informiert, warum ihre Städte eine Landeserstaufnahme (LEA) auf dem Gebiet Schanzacker ablehnen.

Der Gemeinderat der Stadt Asperg/der Stadt Tamm lehnt den Bau einer Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) im Gebiet Schanzacker ab.“ Über die Gründe für diese Beschlüsse haben die Bürgermeister Christian Eiberger und Martin Bernhard gestern den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann in einem Brief informiert. Auf fünf Seiten erläutern sie, warum für die beiden Stadtverwaltungen und die „vielen enorm engagierten Bürgerinnen und Bürger“ das „leistbare Limit erreicht“ ist.

Zunächst gehen sie dabei auf die jüngere Geschichte des Gebietes ein, dessen Nutzung schon mehrfach durch Bürgerproteste verhindert worden sei. Dort sollte in den 1970er-Jahren eine Strafvollzugsanstalt entstehen, 2005 ein Justizvollzugskrankenhaus und 2009 ein Gewerbegebiet.

Seit 18 Jahren sei das Gebiet im Regionalplan als Grünzug ausgewiesen. Es diene der Naherholung und sichere das Wasservorkommen. Eine weitere Versiegelung in den in Baden-Württemberg „mit am dichtest besiedelten Städten“ sei nicht hinnehmbar.

Das Gebiet, von dem aus es keine direkte Verbindung zu Ludwigsburg gebe, sei „völlig unerschlossen“, was Straßen, Busanbindung, Wasser- und Abwasser oder das Telekommunikationsnetz angehe. „Der Bau einer LEA quasi auf der ‚grünen Wiese’ hätte für die Stadt Ludwigsburg keine Auswirkungen, wohl aber für die Städte Tamm und Asperg“, deren Infrastruktureinrichtungen in unmittelbarer Nähe liegen. „Der öffentliche Raum unserer Städte würde sich hierdurch nachhaltig verändern“, schreiben die Bürgermeister.

„An Belastungsgrenze angelangt“

Eine mögliche Erschließung könne, realistisch betrachtet, nur über Tamm und Asperg erfolgen, damit einher gehe „eine weitere Verkehrsbelastung für die Städte“, die „bereits an der zumutbaren Belastungsgrenze angelangt“ seien.

Auch wenn die Unterbringung asylsuchender Menschen eine Herausforderung sei, stünden die Kommunen in Deutschland „am Rand der Aufnahmekapazität und warnen vor einer gesellschaftlichen Überforderung“. Eine europäische Lösung sei bisher nicht in Sicht. Eiberger und Bernhard warnen davor, dass durch eine LEA mit rund 1000 Personen aus Syrien und Nordafrika ein sozialer Brennpunkt entstehen könnte. „Eine dezentrale Unterbringung in kleineren Einrichtungen“ sei daher zielführender.

Eine LEA könne innerhalb der Bevölkerung“zu einem Gefühl der Unsicherheit führen und ein Gefühl diffuser Ängste auslösen“, warnen die beiden Bürgermeister. Eine sozial verträgliche Unterbringung so vieler Menschen sei am Standort Schanzacker nicht möglich.

Der Asperger und der Tammer Bürgermeister erinnern den Ministerpräsidenten daran, dass die Städte bereits „seit Jahrzehnten die Einschränkungen und Auswirkungen zweier Landeseinrichtungen dulden: Das ‚Justizkrankenhaus Hohenasperg’ sowie die ‚Sozialtherapeutische Anstalt Baden-Württemberg’ auf dem Hohenasperg.“ Durch die Einrichtungen seien die Städte von Seiten des Landes „bereits sehr belastet“ und es sei nicht nachvollziehbar, dass nun eine weitere Landeseinrichtung in unmittelbarem Einzugsbereich in dieser Größenordnung avisiert werde. „Wir sehen daher in Bezug auf Landeseinrichtungen wie einer LEA nun auch andere Kommunen in der Pflicht“, heißt es in dem Schreiben.

Eiberger und Bernhard begrüßten daher den Aufruf von Justiz- und Migrationsministerin Marion Gentges an alle Kommunen im Land, geeignete Liegenschaften für eine LEA zu melden.

Zum Gespräch eingeladen

Auch wenn die beiden Städte formal darüber nicht entscheiden können, lehnen Tamm und Asperg den Bau einer LEA im Gebiet Schanzacker ab. Die Lasten würden „eindeutig“ bei ihnen liegen, während die Stadt Ludwigsburg im Vorteil wäre.

Die Bürgermeister versichern, dass die Kommunen und Ehrenamtlichen im Rahmen ihrer Möglichkeiten weiterhin Schutz suchenden Menschen helfen werden, warnten aber vor einer Überforderung der Bürger. Sie schlagen vor, dass sich das Land auf einen LEA-Standort fokussiert, der bereits über eine ausreichende Infrastruktur verfüge. Sie haben den Ministerpräsidenten zu einem persönlichen Gespräch eingeladen, um ihren Standpunkt zu erläutern.

 
 
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