BIBIPop in Bietigheim-Bissingen „Die Musik gehört zur DNA der Stadt“

Von Claudia Mocek
Im Gespräch über die Bietigheimer Musikgeschichte (von links:) Dr. Christoph Florian, Autor Jörg Palitzsch und Michaela Ruof. Foto: /Oliver Bürkle

BZ-Journalist Jörg Palitzsch hat die Musikgeschichte der Stadt seit den 1960er Jahren beleuchtet. Herausgekommen ist „ein großer Wurf“, sagt der Leiter des Stadtarchivs. Am Dienstag ist das 295-seitige Buch in der Otto-Rombach-Bücherei vor rund 120 Besucher vorgestellt worden.

Ich hätte noch einmal 300 Seiten schreiben können.“ Bei der Vorstellung seines Buches „BIBIPop 2024. 60 Jahre Musikgeschichte Bietigheim-Bissingen“ in der Otto-Rombach-Bücherei hat Jörg Palitzsch am Dienstagabend vor rund 120 Besuchern die Lacher auf seiner Seite.

Im Gespräch mit Kulturamtsleiterin Michaela Ruof und Stadtarchivleiter Dr. Christoph Florian, erzählte Palitzsch von der Idee zum Buch, der Entwicklung des Konzepts bei einer Schiffsreise durch Norwegen, über seine Recherchen und Interviews bis hin zur Gestaltung des „großen Wurfes“, wie Florian das Buch charakterisierte. Palitzsch, der viele Jahre Redakteur der BZ war, möchte mit dem Werk bei den Lesern vor allem auch die Erinnerung an die eigene Vergangenheit wecken. Umrahmt von den Musikern Matthias Leucht und Andy Doncic blieb anschließend beim Stehempfang Zeit für einen persönlichen Austausch.

„Beeindruckende Vielfalt“

Auf 295 reich bebilderten Seiten gibt es nicht nur ein Wiedersehen mit Popexportschlagern wie Camouflage, Pur oder Rin, sondern auch etwas in Vergessenheit geratene Bands wie Black Velvet, Vanishing Point und Delorian. Palitzsch schildert die Musikgeschichte der Stadt von 1964, den ersten Gehversuchen der Beatgeneration im Jazzkeller, über die Ära des „Rock around the Enz and Metter“ in den 1980er-Jahren bis zum Rap von heute. Er beleuchtet die Jugend und nimmt die gesellschaftlichen Akteure in den Fokus – Jugendhäuser, Kirchen, Vereine und die Stadt sowie den Stadtjugendring und private Veranstalter.

Interviews und umfangreiche Statistiken runden das Werk ab, das auch auf wirtschaftliche, politische und sozialwissenschaftliche Aspekte eingeht. „Eine beeindruckende Themenvielfalt“, sagte Florian. Michaela Ruof beschrieb das Buch, das wie das städtische Gesamtkonzept BIBIPop vom Bietigheimer Arzt und Musikfan Dr. Hansjörg Knorr und Museumsleiterin Dr. Catharina Raible innitiiert wurde, als „großes Klassentreffen“.

Als Autor sei Journalist Jörg Palitzsch mit seiner Begeisterung für Musik und seinem Bezug zur lokalen Musikgeschichte ein Glücksgriff gewesen, sagte Florian. „Ob Bilder oder Infos, ich habe sofort alles bekommen“, sagte Palitzsch, der selbst Comics, Bücher und Schallplatten sammelt. „Irgendwann glaubt man, in dem Material zu ersticken.“ Doch als er begonnen habe, das Buch so umzusetzen, wie er es sich vorgestellt habe, „ist alles gut gelaufen“, beschrieb er den Entstehungsprozess.

Was das Besondere an der Musikgeschichte der vergangenen Jahrzehnte sei, wollte Michaela Ruof wissen. „Die Durchgängigkeit von Musik ist für eine Stadt einmalig gewesen“, sagte Palitzsch. Diese habe zum Beispiel in den 1980er Jahren jüngere Musiker und Fans verschiedener Bands und Stile miteinander verbunden und zusammengebracht: „Die Musik gehört zur DNA der Stadt“, sagte Palitzsch, der über viele lokale Bands geschrieben und auch selbst am Schlagzeug gesessen hatte.

Offene Gesprächspartner

Die Protagonisten der freien Musikszene seien jedoch älter geworden und in den 1990er-Jahren nicht mehr so aktiv gewesen wie zuvor. Die Stadt Bietigheim-Bissingen habe damals als neue Reihe „Best of Music“ entwickelt, mit der bis heute Musikern aus dem In- und Ausland ein Forum geschaffen worden sei.

Als er die zwölf Interviews geführt habe, sei er von der Offenheit seiner Gesprächspartner überrascht gewesen. So habe er erfahren, dass Hartmut Engler selbst heute noch unter Lampenfieber leidet und dass Rin eine Vorliebe für Weltmusik hat.

Befragt nach seinem nächsten Projekt, sagte Palitzsch mit einem Augenzwinkern: „Ich bin noch im Abklingbecken dieses Buches“.

 
 
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