Bürgerdialog Tamm Besorgte Bürger haben viele Fragen

Von Michaela Glemser
Die Veranstalter des Bürgerdialogs zur LEA im Schanzacker trugen T-Shirts mit dem Aufdruck „Nein zur Bebauung des Schanzacker“ Foto: /Martin Kalb

Bei einer Dialogveranstaltung der Bürgerinitiative gegen eine LEA auf dem Schanzacker fehlt ein Vertreter der Landesregierung. 

Sie wollten einen echten Bürgerdialog zu einem Thema organisieren, das die Bevölkerung von Tamm und Asperg bewegt wie kaum ein anderes. Doch trotz mehrmaliger Einladung der Bürgerinitiative „Gemeinsam gegen LEA Tamm-Asperg“ (GGLTA) nahm weder der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann noch ein anderer Vertreter der Landesregierung aus terminlichen und logistischen Gründen an diesem Bürgerdialog teil. Auch Ludwigsburgs Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht hatte seine Teilnahme an der Veranstaltung abgesagt, zu der am Freitag zahlreiche Bürger in den voll besetzten Tammer Bürgersaal oder zur Live-Übertragung auf den benachbarten Rathausplatz gekommen waren.

Ehrenamtliche sind an ihren Belastungsgrenzen angekommen

Der Moderator des Abends, Andreas Weiser von der Bürgerinitiative, verwies darauf, dass es sich um eine Protestbewegung aus der Mitte der Gesellschaft handele, die sich gegen die Bebauung des Areals „Schanzacker“ zwischen Tamm und Asperg mit einer Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) für rund 1200 geflüchtete Menschen richtet. „Die Bürger wollen gehört werden. Es soll nicht alles über deren Köpfe hinweg entschieden werden“, betonte Weiser.

Unterstützung erhielt die Bürgerinitiative an diesem Abend von der Interkommunalen Gemeinderatsinitiative Asperg/Tamm, deren Vertreter Sonja Hanselmann-Jüttner und Günter Pfersich deutlich machten, dass das im Regionalplan als Grünzug ausgewiesene Gebiet aus ökologischen Gründen aufgrund der fehlenden Infrastruktur und wegen der bereits jetzt vorhandenen Überbelastung in der Integrationsarbeit in seiner jetzigen Form erhalten werden solle. „Die Ehrenamtlichen in der Flüchtlings- und Integrationsarbeit sind an ihren Belastungsgrenzen angekommen. Ein Mehr geht in Zukunft nicht noch. Wir wollen keine sozialen Brennpunkte an Siedlungsrändern schaffen, sondern die Chance auf Integration der geflüchteten Menschen in kleinen Einrichtungen ermöglichen“, betonten die Gemeinderäte. Dies stellten auch die beiden Bürgermeister, Martin Bernhard aus Tamm und Christian Eiberger aus Asperg, klar.

Schließlich waren die Bürger an der Reihe und konnten ihre Fragen stellen. So interessierte einen Besucher aus Freudental, wie das Land Baurecht für eine mögliche LEA schaffen könne. „Für einen Bebauungsplan wäre die Stadt Ludwigsburg zuständig und im Verfahren müssten die Gemeinden Tamm und Asperg auch gehört und ihre Einsprüche abgewogen werden. Das Land könnte bei diesem besonderen Vorhaben aber auch selbst Baurecht schaffen“, erwiderte Bürgermeister Bernhard.

Eine Tammer Bürgerin interessierte sich in diesem Zusammenhang dafür, wie die Stimmungslage im Ludwigsburger Ratsgremium sei. Der Asperger Gemeinderat Pfersich erläuterte, dass sich die Ratsmitglieder aus allen drei Kommunen zu einem Austausch getroffen hätten, bei dem sich die Gremiumsmitglieder aus Ludwigsburg sehr kritisch zum Vorhaben geäußert hätten. „Ob sich bei der endgültigen Abstimmung aber auch eine Mehrheit gegen die LEA auf dem ‚Schanzacker‘ findet, lässt sich schwer vorhersagen“, so Pfersich.

Frauen haben das Recht, Angst zu haben

Kritische Worte gab es von zwei Mitgliedern des Arbeitskreises Asyl in Ludwigsburg, die sich gegen die oft geäußerten Sicherheitsbedenken wandten und von den Mitgliedern der Bürgerinitiative wissen wollten, wie sich diese gegen rechte Tendenzen absicherten. Diese Äußerungen erzeugten im Saal großes Missfallen und viele Buh-Rufe. „Wir als Frauen haben das Recht, Angst zu haben und unsere Befürchtungen auszusprechen. Ich habe bei einer LEA mit 1200 geflüchteten Menschen kein gutes Gefühl mehr abends mit meinem Hund am ‚Schanzacker‘ Gassi zu gehen“, erklärte Mirjam Spiegel vom Arbeitskreis „Frauen gegen die LEA Schanzacker“.

„Wir brauchen Migration, denn uns fehlen Fachkräfte. Aber wir brauchen eine koordinierte Migration“, sagte Eiberger, der es richtig und legitim fand, in einem Rechtsstaat auch solche Themen ansprechen zu dürfen.

Die Mitglieder der Bürgerinitiative zeigten Planungsunterlagen, die erkennen ließen, dass auf dem Areal auch bis zu 3600 Menschen untergebracht werden könnten und bezifferten die Kosten auf rund 120 Millionen Euro,

 
 
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