Geplante Lea auf dem Schanzacker Bürgermeister ärgern sich über Justizministerium

Von Heidi Vogelhuber
Tamms Bürgermeister Martin Bernhard (links) und Aspergs Bürgermeister Christian Eiberger haben die Pressevertreter aus dem Kreis zum Gespräch geladen, um ihr Leid zu klagen: Sie fühlen sich vom Justizministerium nicht ernst genommen. Foto: /Oliver Bürkle

Martin Bernhard (Bürgermeister von Tamm) und Christian Eiberger (Bürgermeister von Asperg) ärgern sich über das Land. Es geht erneut um die potenzielle Landeserstaufnahmestelle (Lea) auf dem Schanzacker. 

Das ist eine Farce“, sagt Christian Eiberger. Der Bürgermeister von Asperg und sein Amtskollege aus Tamm, Martin Bernhard, haben am Freitag Vertreter der Lokalpresse ins Asperger Rathaus eingeladen und beklagen: „Wir werden vom Justizministerium nicht ernst genommen.“

Auskunft zu möglichen Standorten

Hintergrund ist ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen, den Eiberger und Bernhard im Dezember letzten Jahres an das Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg gestellt haben. Darin beantragen sie, Auskunft darüber zu erhalten, welche alternativen Standorte es zur Errichtung einer Landeserstaufnahmestellen (Lea) am Standort Schanzacker auf Ludwigsburger Gemarkung, angrenzend an Tamm und Asperg, gibt und wie die bereits geprüften Alternativen bewertet und gegebenenfalls verworfen werden. Außerdem möchten sie erfahren, nach welchen Kriterien ein Standort bewertet wird. Gut eine Woche nach ihrer Anfrage sei ein Brief vom Ministerium gekommen, in dem eine Fristverlängerung erbeten wurde, da die angeforderten Informationen „derart umfangreich und komplex sind, dass die Monatsfrist nicht eingehalten werden kann.“

Das sei nachvollziehbar gewesen, so Bernhard. Was ihn und seinen Amtskollegen nun jedoch ärgert, ist, dass die Beantwortung, die vor gut einer Woche kam, sie „am langen Arm verhungern lässt. Diese Antwort wäre gleich möglich gewesen, denn sie beantwortet unsere Fragen nur zu 20 Prozent“, kritisiert Eiberger.

Im Schreiben, das der BZ vorliegt, schildert das Justizministerium, dass mittelfristig rund 8800 zusätzliche Plätze zur Erstaufnahme in Baden-Württemberg geschaffen werden müssen. Aktuell gebe es 6200 Plätze, insgesamt benötige das Land 15 000. „Die landesweite Suche nach geeigneten Standorten ist deshalb zu einer Daueraufgabe des Landes geworden“, so das Ministerium.

Keiner der potenziellen Standorte könne von vornherein von einer Prüfung ausgenommen werden, konkrete Prüfungen liefen derzeit auf Flächen oder Gebäuden in Waldkirch, Bruchsal, Böblingen, Pforzheim, Sindelfingen und eben Ludwigsburg. Ein Vergleich zwischen Schanzacker und einer anderen Liegenschaft sei erst möglich, wenn geklärt sei, ob der Schanzacker in Betracht komme.

„Das genügt uns nicht“, kritisiert Bernhard und auch, dass nicht alle potenziellen Standorte aufgelistet seien. Denn die Bürgermeister hätten Informationen, dass dem Land weitere Standorte angeboten wurden.

Auf BZ-Nachfrage erklärt Anna Härle, Pressesprecherin des Ministeriums der Justiz und für Migration, dass unterschieden werden müsse zwischen einer anfänglichen Prüfung und der sich anschließenden konkreten Prüfung, oft im Rahmen einer Machbarkeitsstudie (siehe Infobox). Die Standortsuche sei noch lange nicht abgeschlossen und es würden „immens viele Standorte parallel“ geprüft, dementiert Härle eine Fixierung auf den Schanzacker.

Konkrete Prüfungen laufen laut Härle für die genannten Liegenschaften. Aber auch Liegenschaften (Härle: „Hier jeweils noch frühes Verfahrensstadium“) in Stuttgart, Fellbach oder Crailsheim würden geprüft. „Dass auch neu aufkommende Standorte in die Prüfungen aufgenommen werden, zeigt, dass Prüfungen an allen Standorten ergebnisoffen erfolgen“, so die Sprecherin.

Bedeutung des Schanzackers

„Der Schanzacker ist mit anderen Grundstücken nicht vergleichbar“, merkt Bernhard an. Nicht nur, dass das Gebiet Landschaftsschutzgebiet ist, der Grünzug sei ein wichtiges Naherholungsgebiet und zudem Frischluftschneise. Auch die kulturhistorische Bedeutung sei nicht zu unterschätzen, würden doch Keltengräber auf dem Areal vermutet.

Die Bürgermeister betonen, dass es ihnen und den Bürgern nicht explizit um die Unterbringung von Geflüchteten gehe. „Bürgerinnen und Bürger haben schon zuvor gegen die Bebauung des Schanzackers demonstriert. Wir erleben zum dritten Mal einen Anlauf einer Bebauung“, ruft Bernhard die Überlegungen einer dortigen Justizvollzugsanstalt sowie eines Gewerbegebiets in Erinnerung.

Die Bürgermeister kündigen bei dieser Gelegenheit auch an, eine Petition zur Erhaltung des Grünzugs zu starten und dem Land „ein ganz klares Nein für eine Bebauung“ auszusprechen, so Eiberger. Der nächste Schritt sei nun, Widerspruch gegen den Bescheid des Ministeriums einzulegen.

Zum Verfahren zur Standort-Prüfung für eine Landeserstaufnahmestelle (Lea)

Die Standort-Prüfung erfolge zunächst auf der Fachebene und durch das zuständige Regierungspräsidium sowie den Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg, zuständig für die landeseigenen Grundstücke und Gebäude. Die Kriterien dafür „ergeben sich aus dem Gesetz“, sagt Sprecherin Anna Härle. Eine Liste der Beurteilungskriterien zu erstellen, wie in der Anfrage ans Ministerium gewünscht, sei schlichtweg nicht möglich.

 
 
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