Ingersheim Drei Bankmitarbeiterinnen mit Messer in Panik versetzt

Von Bernd Winckler
Im September überfiel ein 31-Jähriger die KSK-Filiale in Ingersheim, jetzt muss er sich vor dem Landgericht verantworten. Foto: /Oliver Bürkle

31-Jähriger erbeutete bei Überfallen in Ingersheim und Korntal-Münchingen rund 200 000 Euro Zeuginnen leiden heute noch an Panik-Attacken.

Wie der zweifache Bankräuber es schaffte, drei weibliche Bankmitarbeiterinnen in Korntal-Münchingen und in Ingersheim mit einem hingehaltenen 20 Zentimeter langen Küchenmesser einzuschüchtern und in Schach zu halten, und fast 200 000 Euro Beute zu machen, zeigte sich am gestrigen dritten Verhandlungstag vor dem Stuttgarter Landgericht durch die Aussagen der Zeuginnen. Die Frauen leiden noch heute an diesem Schock, den sie bei der Tat im Juli und September letzten Jahres erfuhren.

Ungesicherter Hintereingang

Es habe an jenem 28. Juli an der hinteren Eingangstüre geklingelt, sagte die 38-jährige Kreissparkassen-Mitarbeiterin im Zeugenstand. Es handelt sich um einen Eingang hinter der Bankfiliale in der Stuttgarter Straße im Stadtteil Münchingen, der eigentlich für den Publikumsverkehr nicht vorgesehen sei. Sie habe geöffnet – und ihr stand der Angeklagte, mit Schal im Gesicht und einer dunklen Sonnenbrille maskiert, gegenüber. In der rechten Hand das Messer in der linken Hand eine Tragetasche.

Ihm war wohl als ehemaliger Mitarbeiter der Filiale bekannt, dass der hintere Eingang ungesichert ist. Geöffnet wurde nur deshalb, weil sich offenbar Handwerker im Haus aufhielten. Mit ruhiger leiser Stimme habe der Mann gefragt, wer sich noch hier befindet, eine zweite Mitarbeiterin. Die Messerspitze habe er ständig in Richtung Brustbereich der Frau gerichtet, allerdings ohne sie zu berühren, betonen beide Zeuginnen. Dann die Forderung nach dem Geld.

Ständig mit dem Messer bedroht

Eine der Frauen musste mit ihm in den Tresorraum gehen – er habe genau gewusst, wie die elektronische Sicherung funktioniert, und die Hintertüre auch keinen Spion hat. „Mach, was er sagt“, habe die 38-Jährige in ihrer Panik zu ihrer Kollegin gesagt. Dann ging es schnell: Die Geldbündel – genau 89 500 Euro - wurden im Tresorraum in seine Lacktasche gegeben, danach sei er wieder durch diese Hintertüre gegangen. Die Frauen betonen im Zeugenstand, dass der Räuber das Messer ständig in der Hand hielt. Das Ganze wurde ihnen erst richtig bewusst, als der Täter verschwunden war. Dann habe man den Alarm ausgelöst.

Sie und Ihre 31-jährige Kollegin haben die Folgen dieses Überfalles auch heute noch nicht überwunden. Die 31-Jährige brach bei ihrer Vernehmung in Tränen aus – das Gericht musste eine Pause einlegen, damit sie sich wieder mit Hilfe ihrer Anwältin im Gerichtsflur beruhigen konnte. Die Erinnerung an das Geschehen hat sie heute noch nicht überwunden. Ständige Schlafstörungen, Panik-Attacken über das Erlebte, die Nachwirkungen seien nach wie vor da, sagen die Zeuginnen. Man erlebe heute noch schwere Alpträume und beide seien in psychologischer Behandlung seit dem Juli letzten Jahres.

Alleine in der Filiale

Auch die Mitarbeiterin der Kreissparkassen-Filiale in Großingersheim, die dann am 19. September ebenfalls mit Messerdrohung den zweiten Überfall des Angeklagten miterlebte, hat das Geschehen sehr mitgenommen. Sie berichtete gestern, dass sie damals an ihrem Arbeitsplatz hinter dem Tresen saß, als plötzlich der vermummte Mann mit dem Messer in der Hand hinter ihr stand. Sie habe gar nicht bemerkt, wie er in die Filiale gekommen war. Sie befand sich damals allein im Raum, weil ihr Kollege sich bereits verabschiedet hatte. Sie habe sich umgedreht und einen Schreck bekommen. Der Mann habe Geld verlangt, das Messer gegen sie gerichtet, aber ihren Körper nicht damit berührt. Auch sie sagt aus, dass der Angeklagte äußerst ruhig und gelassen aufgetreten sei. Er habe eine leise und ruhige Stimme gehabt und er habe auch recht langsam seine Anweisungen gegeben. Über den Monitor im Gerichtssaal wird die Szene, die über die bankinterne Überwachungskamera im Bilde festgehalten war, gezeigt. Der Täter steht direkt neben der Frau, das Messer in der Hand. Die 104 500 Euro-Beute wurden ebenfalls in seine mitgebrachte Tragetasche gegeben. Erst dann war die Frau in der Lage, den Not Knopf zu drücken.

Niemand verletzt

Der Angeklagte hat es geschafft, mit einer Messerdrohung drei Bankmitarbeiterinnen derart einzuschüchtern, dass er eine Gesamtbeute in Höhe von 195 000 Euro einheimsen konnte. Zuhörer schütteln den Kopf, angesichts einer solch dreisten Vorgehensweise. Allerdings hebt der Verteidiger des 31-jährigen Angeklagten mehrfach hervor, dass sein Mandant zwar ein Messer hingehalten hat, dieses aber ständig in einem respektvollen Abstand zu den Körpern der Opfer. Festgestellt haben Staatsanwaltschaft und Gericht inzwischen nach zwei Verhandlungstagen, dass bei beiden Überfällen niemand verletzt wurde. Geblieben jedoch sind die schweren physischen Nachwirkungen der drei Frauen. Sie befinden sich heute noch in Intensiv-Behandlung, bestätigen sie im Zeugenstand.

Nach dieser Zeugenvernehmung wurde der Prozess gestern auf den 5. April vertagt. Geplant sind noch Aussagen von Polizeibeamten und die Schlussplädoyers. Der Angeklagte ist voll geständig. Das Urteil soll dann am nächstfolgenden Prozesstag, 17. April, verkündet werden. Am kommenden Montag muss der Angeklagte wieder Platz auf der Anklagebank der Stuttgarter Wirtschaftsstrafkammer nehmen, zur Fortsetzung seines Sozialversicherungs-Betrugs in Millionenhöhe.  Bernd Winckler

 
 
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