Kreis Ludwigsburg Lea: Arbeitskreis Asyl prangert Rassismus an

Von John Patrick Mikisch
In dem Viertelkreis zwischen dem Hohenasperg im Vordergrund und dem Gewerbegebiet Ludwigsburg Nord/Tammerfeld im oberen rechten Bildrand soll eine Landeserstaufnahmestelle (Lea) für bis zu 1200 Personen entstehen. Foto: Werner Kuhnle

Der Arbeitskreis Asyl will ein Bündnis gegen Rechts schmieden. Grund sind auch rassistische Töne von Teilen der Bürgerinitiative gegen die geplante Landeserstaufnahmestelle (Lea).

Es sind ernste Vorwürfe, die der Ökumenische Arbeitskreis Asyl Ludwigsburg bei einem Pressegespräch am Donnerstag gegen die Bürgerinitiative „Gemeinsam gegen Lea Tamm-Asperg“ (BI GGLTA) erhebt. Von Stimmungsmache und rassistischem Gedankengut in Teilen der BI ist die Rede. Besonders eindrücklich sei das beim Bürgerdialog Mitte September im Tammer Bürgersaal geworden, wie Martha Albinger vom Leitungsteam des Arbeitskreises (AK) berichtet.

Rassistische Äußerungen

So habe eine Frauengruppe innerhalb der BI Sicherheitsbedenken gegen die Migranten in der geplanten Lea vorgetragen. Als sie über ihre eigenen Erfahrungen mit Migranten sprechen wollte, habe ihr der Moderator der BI das Wort entzogen. „Mein Eindruck war, dass andere Meinungen nicht zugelassen waren“, sagt Martha Albinger. Obwohl dies mehrfach betont wurde.

Auch ihr Mitstreiter Uli Essig-Haile erinnert sich an eine aufgeheizte Stimmung. „Als wir wieder aus der Halle heraus waren, hatte ich keine Angst vor Geflüchteten“, sagt Essig-Haile, „sondern vor der Bürgerinitiative.“

Die Frauengruppe der BI habe allen Migranten pauschal Gewaltbereitschaft unterstellt. Das sei nicht nur falsch, sondern schlicht rassistisch.

Den Vorwurf des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit hatte zuvor schon das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS) erhoben (die BZ berichtete). Das Aktionsbündnis hatte bei einer Demonstration der BI Ende Oktober zu einer Gegendemonstration aufgerufen.

Gegenposition sichtbar machen

„Ich halte diese Kundgebung im Nachgang für wichtig, um zu zeigen, dass es auch Menschen gibt, die eine andere Meinung haben“, sagt Haile-Essig. Und bei den Teilnehmern handele es sich auch nicht um Linksextreme, wie teilweise kolportiert wurde. „Das ist nicht der schwarze Block“, betont auch Martha Albinger. Neben dem AABS hätten unter anderem der AK Asyl auch die Organisation „Refugees for Refugees“ sowie Naturschützer und Gewerkschaftsvertreter daran teilgenommen – unterm Strich ein ziemlich bunt zusammengewürfelter Haufen aus der Mitte der Gesellschaft. Und damit der Bürgerinitiative gegen die Lea letztlich recht ähnlich.

Die Kritik von Antifa und Asylkreis richte sich dann auch ausdrücklich nicht gegen die Gemeinderäte und Bürgermeister von Tamm und Asperg, wie Albinger betont. Und auch nicht gegen die Gesamtheit der BI GGLTA, sondern nur gegen die Teile, die mehr oder weniger offen rassistisches und ausländerfeindliches Gedankengut verbreiteten.

Dagegen will der AK Asyl nun ein Bündnis gegen Rechts aufbauen. „Wir sind bereits in Gesprächen“, so Essig-Haile. Unter anderem mit der AABS, dem Demokratischen Zentrum Ludwigsburg sowie anderen Organisationen aus der Stadt. Ziel sei, die Gegenposition zur BI sichtbar zu machen.

Nicht in rechte Ecke drängen

Und ins Gespräch zu kommen. Denn natürlich seien nicht alle, die gegen die Lea protestierten rechts, sagt Albinger. „Wir wollen diese Menschen auch nicht in die rechte Ecke drängen.“ Zumal, wie Essig-Haile betont, es auch Gemeinsamkeiten bezüglich der Lea gebe.

Auch der Arbeitskreis Asyl lehne die geplante Unterkunft in dieser Form ab. „Der Standort hat keine Anbindung an die Stadt, es gibt keine Infrastruktur und er ist mit bis zu 1200 Personen einfach zu groß“, sagt Essig-Haile. Der AK schlage stattdessen mehrere kleine Standorte mit maximal 400 bis 600 Plätzen vor.

Aber selbst kleinere Unterkunftsprojekte haben es derzeit schwer. So habe die Stadt ihre Pläne für Behelfsunterkünfte im Ludwigsburger Stadtteil Oßweil nach Anwohnerprotesten bereits aufs kommende Jahr verschieben müssen, wie Essig-Haile berichtet. In einem Fall seien innerhalb einer Woche 700 Unterschriften gegen eine Unterkunft neben einer Grundschule gesammelt worden, erzählt AK-Mitglied Susanne Weigl. So etwas sei neu.

Es habe sich etwas geändert in der Gesellschaft, meint auch Essig-Haile. „2014/15 wollte jeder helfen“, erinnert er sich an die damalige Situation. „Wir konnten uns vor Freiwilligen kaum retten. Es gab viele Projekte und Aktionen.“ Ähnlich sei das 2022 nach dem russischen Überfall auf die Ukraine gewesen, ergänzt Albinger. „In jüngster Zeit ist das weg“, sagt Essig-Hartmann fest.

Stattdessen mache sich Misstrauen und eine Abwehrhaltung breit, beklagt auch Inge Schmidt vom Asylkreis, Das betreffe auch Menschen, die schon lange in Deutschland angekommen seien und hier arbeiten“, erzählt sie. Die Folge: „Die ziehen sich in ihre eigenen Communities zurück.“ Das erschwere die Integration.

Das betreffe sogar Leute, die inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft besäßen und im Beruf integriert seien – aber noch nicht im Privaten. „Wenn wir nicht einmal die voll integrieren können, wen dann“, fragt Inge Schmidt.

 
 
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