Kreis Ludwigsburg Mehr knifflige Rettungseinsätze

Von Martin Hein
Matthias Kempf, Gerätewart bei der Freiwilligen Feuerwehr in Bietigheim, zeigt eine Schwerlasttrage, die auf den Korb der Drehleiter montiert wird. Damit werden adipöse Patienten gerettet. Foto: /Martin Kalb

Die Bietigheimer Feuerwehrdrehleiter ist auch regelmäßig zur Patienten-Rettung aus mehrstöckigen Häusern im Einsatz. Adipöse Patienten werden oft mit dem Schwerlast-Rettungswagen gerettet.

Es ist in der Regel immer ein unangenehmes und oft sogar dramatisches Szenario, wenn der Rettungsdienst gerufen werden muss, um einen Patienten zu retten.

Eine besondere Herausforderung sind solche Einsätze dann, wenn sich der Patient in einem mehrstöckigen Gebäude befindet. Gelegentlich kommen noch zusätzlich erschwerende Umstände hinzu, wenn der Patient liegend transportiert werden muss und der Aufzug zu klein oder das Treppenhaus schlichtweg den Platz nicht für die Rettungskräfte und die Trage samt Patienten hergibt. Wenn der Patient dann auch noch adipös, also übergewichtig ist, wird es vollends zur Herkulesaufgabe für die Einsatzkräfte. Spätestens dann ist oft auch die Feuerwehr gefragt, und der Patient muss mit der Drehleiter gerettet werden, und das ist gar nicht so selten der Fall.

Zwei bis drei Einsätze pro Monat

Nach Auskunft von Frank Wallesch, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Bietigheim-Bissingen, rückt die Bietigheim-Bissinger Feuerwehr auf Anforderung des Rettungsdienstes etwa zwei bis drei Mal im Monat aus, um Patienten in ähnlichen Situationen mit der Drehleiter zu retten.

Solche Einsatzszenarien habe man bereits bei der Beschaffung der Drehleiter berücksichtigt. Ein entscheidendes Kriterium für derartige Rettungseinsätze ist die Belastungsgrenze der Drehleiter.

Zur Wahl standen, so Frank Wallesch weiter, eine Drehleiter mit 300 Kilogramm Belastungsgrenze und eine mit 500 Kilogramm. In weiser Voraussicht habe man sich seinerzeit für die leistungsstärkere und belastbarere Variante entschieden. Mit der Drehleiter können damit Patienten bis zu einer Höhe von 21 Metern oder anders ausgedrückt, bis zum siebten Stock, gerettet werden. Typische Einsätze sind, wenn Patienten nur liegend transportiert werden können, die Aufzüge und Treppenhäuser dafür ungeeignet sind oder auch, wenn die Patienten zu schwer für die Rettungskräfte sind.

Wallesch bestätigt, dass Feuerwehr-Einsätze, bei denen adipöse Patienten mit dem Rettungskorb gerettet werden müssen, zunehmen. Die Patientenrettung mit der Drehleiter geschieht normalerweise über den Balkon oder auch über Fenster, durch die der Patient samt Trage in den Rettungskorb gebracht wird. Falls der Patient beatmet werden muss, kann es im Rettungskorb recht eng werden, berichtet Wallesch. Dann ist außer dem Feuerwehr-Maschinisten auch ein Rettungssanitäter oder Arzt im Korb auf dem Weg nach unten mit an Bord.

Dass dabei ein Schwerlast-Rettungswagen zum Einsatz kommt, sei eher außergewöhnlich, das komme vielleicht zwei bis drei Mal im Jahr vor. Meistens genügt ein normaler Rettungswagen, sagt Feuerwehrkommandant Frank Wallesch.

Pro Landkreis gibt es genau einen solchen Schwerlast-Rettungswagen, erklärt Till Fröscher, Rettungsdienstleiter beim DRK-Kreisverband Ludwigsburg. Er berichtet, dass die Anzahl von so genannten Schwerlasteinsätzen ohne Feuerwehreinsatz stagniere.

In den vergangenen drei Jahren habe man etwa 100 bis 130 solcher Einsätze pro Jahr abgearbeitet. Dabei seien etwa 70 Prozent Adipositas-Krankentransporte und etwa 30 Prozent Adipositas-Notfalleinsätze. Fröscher räumt ein, dass sich die Anzahl adipöser Patienten im Laufe der Jahre gesteigert hat, die normalen Tragen der Rettungswagen seien inzwischen deutlich stabiler geworden, weshalb viele Patienten auch mit einer Standard-Trage transportiert werden können. Wann ein solcher Schwerlast-Rettungswagen (S-RTW) eingesetzt wird, entscheidet nach Auskunft von Till Fröscher der verantwortliche Rettungssanitäter vor Ort. Er prüft, ob die Situation des Patienten und die räumlichen Gegebenheiten einen Einsatz des S-RTW notwendig machen oder ob die Feuerwehr zur Unterstützung notwendig ist.

„Höhere körperliche Belastung“

Einer der limitierenden Faktoren sei die Breite des Patienten. Einsätze mit adipösen Patienten seien im Regelfall deutlich herausfordernder als „normale“ Einsätze. Zum einen sei es eine höhere körperliche Belastung, zum anderen müssten die Rettungskräfte vor Ort, oft in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr, teils knifflige Rettungsszenarien durchdenken und schließlich entscheiden. Als Beispiel führt Fröscher folgende Szenarien an: Ist die Rettung durch das Treppenhaus einfacher als durch das Fenster? Welche medizinischen Versorgungsmaßnahmen müssen getroffen werden, bevor der Patient mit der Drehleiter gerettet wird? Oder, wo könnten Engstellen ein Weiterkommen verhindern?

Zudem, so Fröscher weiter, erfordern adipöse Patienten auch häufig eine intensivere medizinische Betreuung. Derzeit beschafft das DRK eine neue Ausrüstung und lässt einen neuen Schwerlast-Rettungswagen umbauen. Der neue S-RTW wird mit einer elektrohydraulischen Schwerlasttrage, einem Schwerlast-Tragetuch, einer XXL-Schleifkorbtrage sowie diversem medizinischem Material für die Behandlung von adipösen Patienten ausgestattet.

 
 
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