Mundelsheim Zwischen Christentum, Death-Metal und Anfeindung

Von Helena Hadzic
Gitarrist Wolfgang Nillies (von links), Drummer Martin Epp, Sänger Claudio Enzler, Bassistin Ulrike „Uli“ Fiedler, und Gitarrist Fred Berger sind zusammen die christliche Death-Metal-Band „Sacrificium“. Foto: /privat

Claudio Enzler, Sänger der ersten christlichen Death-Metal-Band in Europa, wirft einen Blick auf die 30-jährige Bandgeschichte.

Harter und lauter Gitarren-Sound, aggressives Geschrei, schwarze Klamotten und das obligatorische Handzeichen für Teufelshörner – das verbindet man mit „Death-Metal“. Eine Musikrichtung, die sich aus einer Rebellion heraus gegen eine konservative, gutbürgerliche und christliche Gesellschaft entwickelt hat. Mit düsterer Musik und “bösem“ Auftreten wollten sich die Anhänger vom Rest der Gesellschaft abspalten – das ist die Geschichte des Death-Metal. Ein wenig anders sieht das der Mundelsheimer Claudio Enzler, Sänger der fünfköpfigen Death-Metal-Band „Sacrificium“. Und warum? „Jeder Musikstil ist erst einmal nur ein Musikstil – die Botschaften sind nur unterschiedlich“, erklärt er.

Warum er das sagt? Bei der Band handelt es sich um eine der ersten Death-Metal-Bands in Europa, die mit ihrer Musik ihren christlichen Glauben vertreten: Seit ihrer Gründung im Jahr 1993 bewegt sich die Band im Spannungsfeld zwischen Christentum und Death-Metal.

Ein Paradoxen, das aufstößt

Für viele eine Paradoxon, welches böse aufstößt. Anfeindungen aus der säkularen Metal-Szene als auch von christlicher Seite erlebt die Band seit ihren Anfängen. Auf Konzerten und im Netz komme es oft zu verbalen Angriffen. „Den einen schmeckt es nicht, dass sich die ‚komischen Christen’ in die Metal-Szene einmischen, den anderen nicht, dass dieser teuflische Death-Metal von Christen gespielt wird – recht machen kann man es keinem, also probieren wir es gar nicht erst“, sagt der Sänger im Gespräch mit der BZ. Die Wurzeln der Band Sacrificium liegen in der christlichen Hardrock-Band „Hardway“ – damals noch ohne Enzler. Die musikalische Entwicklung der Band in Richtung Death-Metal – zu der Zeit sehr untypisch in der christlichen Metal-Szene – führte zur Gründung von „Sacrificium“. Der Name bedeutet auf Latein „Opfer“, welches für das Opfer von Jesus am Kreuz steht.

Als 16-Jähriger stößt Enzler 1995 dazu. Damals wohnt er in Filderstadt und sucht eine neue Band, bis „Sacrificium“ durch einen Zufall an die Tür klopft.

„Ich kannte die Band schon, war aber nicht so begeistert“, erinnert sich Enzler und lacht. Nach einer gemeinsam Jam-Session, steigt er zwei Wochen später als Bassist in die Band ein. Knapp zwei Jahre später – mittlerweile ist er Gitarrist – kommt es zu einem Wechsel: Sänger Roman Wagner verlässt die Band, Enzler ersetzt ihn mit seinem gutturalen Gesang – sprich Geschrei.

„Damit das Ganze mehr Druck hat, schreie ich nicht aus dem Hals, sondern aus dem Zwerchfell“, erklärt er. Mit klarem Gesang kann er wenig anfangen – Death-Metal brauche Aggressivität, denn „Death-Metal ist Emotion“, so der Mundelsheimer. 2004 folgt eine große Europatour mit der aus Norwegen stammenden christlichen Metal-Band „Extol“. Dabei machen sie unter anderem in Bratislava, Oslo, Stockholm und Helsinki Halt.

Erfolg auf weltweiter Bühne

Im November 2005 schafft die Band den Sprung in die säkulare Szene – ihr zweites Album in voller Länge „Escaping the Stupor“ über das griechische Label „Black Lotus Records“, macht sie weltweit bekannt. „Sacrificium“ spielt nun auch mit säkularen Metal-Größen wie „Eluveitie“, „Dismember“ und „Black Dahlia Murder“. Auch gute Bewertungen, etwa vom Rock Hard Magazine mit 8/10 Punkten, regnet es.

Kurz darauf endet überraschend der Vertrag für über drei Alben vorzeitig – das Label löst sich auf. Die Band legt daraufhin eine Kreativ-Pause ein, sind jedoch noch auf Konzerten und Festivals vertreten. Ganze neun Jahre sollte es dauern, bis ihr nächstes Album „Prey for Your Gods“ über das deutsche Label „Whirlwind Records“ erscheinen sollte.

Auch innerhalb der Band ändert sich viel über die Jahre. Von der ursprünglichen Besetzung bleibt keiner übrig, die vielen Wechsel führen nach und nach zu einer komplett neuen Besetzung um Sänger Enzler. Unter anderem stößt Ulrike Fiedler als Bassistin dazu, Wolfgang Nillies und Fred Berger steigen als Gitarristen ein, Martin Epp kommt als neuer Schlagzeuger 2021 hinzu. „Wir alle haben Bock auf die Musik, nehmen sie bei Proben und Auftritten ernst und verstehen uns eben privat sehr gut“, erklärt der Mundelsheimer. Ein Grund, warum Enzler etwa auch der Paten-Onkel von Nillies Sohn ist. Die Musik der Band sei, wie Enzler erklärt, Old-School Death-Metal – dieser sei „energiegeladen und aggressiv, nichts mit ‚heile Welt’, es geht um die Probleme in der Welt“, meint er. Sozialkritische Themen, wie die Todesstrafe, behandelt die Band in ihren Texten, die übrigens von allen Bandmitgliedern geschrieben werden.

Dabei behandeln die Musiker die Dinge aus christlicher Perspektive, lassen aber auch Spielraum. „Man kann das Christliche raushören, wenn man will – muss es aber nicht, wenn man nicht will“, so der Sänger. Die Vorurteile gegen ihre Band, erzählt er weiter, stecken die Mitglieder gut weg. „Wenn jemand sagt, dass wir Heiden und keine Christen sind, ignoriere ich es, die kann ich dann eh nicht von dem Gegenteil überzeugen“, sagt Enzler lachend. Oder aber, wenn man auf Konzerten mit Zwischenrufen wie, „ihr ‚Drecks-Christen’ habt hier nichts verloren“, konfrontiert wird. Für Menschen, die ihre Ideale – egal aus welchem Lager – auf die Band übertragen, findet Enzler klare Worte: „Nicht alles ist schwarz oder weiß – und wir stehen zu unserem Glauben, drücken diesen aber niemanden auf – und Punkt.“

 
 
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