Sachsenheim Keine Klagemöglichkeit gegen Greensill

Von Martin Hein
Weder gegen die Wirtschaftsprüfer noch gegen den Vorstand und Aufsichtsrat der Greensill-Bank AG wird die Stadt ein Klageverfahren anstrengen. Foto: /dpa

Weil kein Vorsatz nachweisbar ist, ist zum Unmut des Sachsenheimer Gemeinderats keine Klage gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die Greensill-Bank AG möglich.

Eine Million Euro sind eine hübsche Summe. Genau diesen Betrag hat die Stadt Sachsenheim am 6. Februar 2020 als Festgeldanlage zu einem Zinssatz von 0,45 Prozent bei einer Laufzeit von 30 Monaten bei der Greensill-Bank AG Bremen angelegt. Die Stadt hat nicht an der Börse gezockt, sondern eine scheinbar sichere Anlageform bei einer scheinbar soliden Bank gewählt.

Doch das war ein Irrtum (die BZ berichtete): Am 3. März 2021 hat die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) der Greensill-Bank AG den regulären Betrieb untersagt, kurz darauf, am 15. März 2021 wurde der Insolvenzantrag durch die BaFin beim Amtsgericht Bremen gestellt. Bei der ersten Gläubigerversammlung im Juni 2021 erläuterte der Insolvenzverwalter, dass es um Forderungen in Höhe von rund vier Milliarden Euro gehe. Generell seien internationale Bankinsolvenzen sehr komplex und deren Aufarbeitung dauere immer mehrere Jahre.

270 Gläubiger

270 Gläubiger hätten berechtigte Forderungen in Höhe von rund 3,6 Milliarden Euro angemeldet, darunter insgesamt 36 Kommunen, eine davon ist Sachsenheim. Die Situation ist verzwickt und zwischenzeitlich wenig aussichtsreich für die Stadt. Weil keine fahrlässige Dienstpflichtverletzung einer kommunalen Vertrauensperson erkannt wurde, kam die WGV-Versicherung für den finanziellen Schaden nicht auf. Auch gegenüber dem Finanzdienstleister, der zwischen Banken und Kommunen vermittelt, steht der Stadt kein Schadensersatz zu.

Kein Schadensersatz

Von Ansprüchen der Stadt gegenüber der Ratingagentur, die seinerzeit die Greensill-Bank AG mit einem Rating von A- bewertet hat, ist dem Prüfungsbericht zufolge, nicht auszugehen. Auch eine von der Stadt beauftragte Anwaltskanzlei kommt zu dem Schluss, das die Stadt Sachsenheim keine aussichtsreichen Ansprüche auf Schadensersatz aus der Geldanlage bei der Greensill-Bank AG geltend machen kann. Die Stadt könne lediglich das langjährige Insolvenzverfahren begleiten und darin ihre Interessen vertreten. Nun wurde dem Gemeinderat zum Thema „Geldanlage bei der Greensill Bank AG“ der Abschlussbericht zur Prüfung von Ansprüchen vorgelegt. Angesichts der aktuellen Sachlage sollte der Gemeinderat dem Beschlussvorschlag zustimmen, dass kein Klageverfahren gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ebner und Stolz sowie kein Klageverfahren gegen den Vorstand und Aufsichtsrat der Greensill-Bank AG angestrengt wird.

Kritik am Finanzsystem

Er werde der Verwaltung nicht zustimmen, sagte Günter Dick (GLS), er enthalte sich. Zugleich übte Dick deutliche Kritik am europäischen Finanzsystem und der Verwaltung. Bürgermeister Holger Albrich erwiderte, dass die Handelnden nichts falsch gemacht hätten. Es sei bedauerlich, aber – man könne sich nichts vorwerfen.

Dr. Wolfgang Renz (GLS) brachte es nochmals auf den Punkt: „Eine Million Euro ist weg, die Bank insolvent“, eine Klage sei nicht möglich, weil kein Vorsatz nachweisbar sei, Verluste müsse die öffentliche Hand tragen, „Mir schwillt der Kamm“, ärgerte sich Renz, man habe keine Klagemöglichkeit, deshalb stimme er zu.

Alle möglichen Ansprüche geprüft

Bürgermeister Albrich sagte, man habe alle möglichen Ansprüche prüfen lassen. Der Vorschlag sei deshalb, keine Klage zu erheben. Oliver Häcker war der Meinung, dass man schwere Fehler gemacht habe, deshalb stimme er dagegen.

Lars Weydt (CDU) sagte, es sei schwer zu fassen, dass es keinen Schuldigen gebe. Thomas Bay (FDP) bezeichnete den ganzen Vorgang als mehr als bedauerlich. Die Stadt komme hier nicht weiter, er enthalte sich bei der Abstimmung.

Mit 13 Ja-Stimmen, drei Enthaltungen und einer Nein-Stimme wurde der Beschlussvorschlag der Verwaltung mehrheitlich angenommen.

Das bedeutet, dass kein Klageverfahren gegen die Wirtschaftsprüfergesellschaft Ebner und Stolz sowie kein Klageverfahren gegen den Vorstand und den Aufsichtsrat der Greensill-Bank AG angestrengt wird.

 
 
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