Stadtrat Tamm „Hände weg vom Schanzacker“

Von Michaela Glemser
Das Gebiet „Schanzacker“ ist im Regionalplan als Grünzug ausgewiesen. Doch nicht nur dieses Argument gegen eine LEA bringt Tamms Bürgermeister in der jüngsten Ratssitzung an. Foto: /Oliver Bürkle

Der Tammer Stadtrat setzte in seiner jüngsten Sitzung am Montag ein klares Zeichen gegen den Bau einer Landeserstaufnahmeeinrichtung (Lea) im Grünzug Schanzacker an ihrer Stadtgrenze.

Selten herrschte im Stadtrat eine solche Geschlossenheit in den Reihen der Fraktionen wie in der jüngsten Sitzung, als es um die deutliche Ablehnung der Errichtung einer Landeserstaufnahmeeinrichtung (Lea) im Gebiet „Schanzacker“ ging. Alle Tammer Räte forderten die Vertreter des Landes Baden-Württemberg auf, einen Standort für die Lea zu fokussieren, der ökologisch und aufgrund seiner vorhandenen Infrastruktur besser geeignet sei, als das landeseigene Areal im Bereich „Schanzacker“. Ja sogar, an Ministerpräsident Winfried Kretschmann appellierte der Vorsitzende der Tammer AWV-Fraktion, Jürgen Hottmann, die Bürgerinnen und Bürger anzuhören und keine Entscheidung gegen den Willen der betroffenen Gemeinderäte zu fällen.

Tamm und Asperg: Leidtragende

Bürgermeister Martin Bernhard führte in seiner Stellungnahme noch einmal die Gründe an, die gegen die Lea im Gebiet „Schanzacker“ sprechen, das zwar auf Ludwigsburger Gemarkung liegt, aber unmittelbar an die Städte Tamm und Asperg angrenzt und aufgrund der Bahnlinie von der Barockstadt aus nur mit einem kostenintensiven Tunnel- oder Brückenbau erschlossen werden könnte. „Eine mögliche Erschließung könnte aus unserer Sicht nur über Tamm und Asperg erfolgen, da andere Alternativen finanziell und in der zeitlichen Umsetzung nicht realistisch wären“, betonte der Rathauschef und verwies auf die zusätzliche Verkehrsbelastung der ohnehin schon mit Durchgangsverkehr stark gebeutelten Kommunen Asperg und Tamm. Bernhard machte in diesem Zusammenhang auch deutlich, dass der öffentliche Raum in seiner Stadt, deren Infrastruktureinrichtungen vom „Schanzacker“ aus fußläufig zu erreichen seien, durch eine Lea-Ansiedlung nachhaltig verändert werden würde.

„Für Ludwigsburg hätte der Bau einer Lea quasi auf der ‚grünen Wiese‘ keine Auswirkungen. Die zu tragenden Lasten liegen eindeutig bei den Städten Tamm und Asperg, die Vorteile bei der Stadt Ludwigsburg“, so Bernhard. Auch die Stadträte registrierten mit Wohlwollen, dass sich die Stadtratskollegen aus Ludwigsburg gegen die Ansiedlung der Lea im „Schanzacker“ ausgesprochen hatten. Die Tammer Fraktionen zeigten sich aber verärgert über so manche Aussagen des Ludwigsburger OB Dr. Matthias Knecht. Bürgermeister Bernhard erinnerte daran, dass durch die Umnutzung eines leer stehenden Gebäudes in der Bahnhofstraße eine Erst- und Anschlussunterbringung für rund 62 geflüchtete Personen gemeinsam mit dem Kreis in Tamm geschaffen werde.

Weiterhin plant die Stadt mit dem Landkreis beim Schützenhaus eine Unterkunft in der Anschlussunterbringung für weitere 120 Menschen. Bereits jetzt leben in Tamm etwa 250 Geflüchtete. „Die vom Land geplante Lea ist primär für Menschen aus Syrien und Nordafrika gedacht und soll für mindestens 1000 Personen konzipiert sein. Das wären insgesamt rund 1500 Geflüchtete, die in Tamm leben oder dessen Infrastruktur nutzen“, so Bernhard. Bei einer Gesamteinwohnerzahl von 12 600 Menschen war diese hohe Zahl an Geflüchteten für die Tammer Fraktionen bedenklich. „Eine Unterkunft in dieser Größenordnung wird innerhalb der Bevölkerung zu einem Gefühl der Unsicherheit führen und ein Gefühl diffuser Ängste auslösen. Zudem ist insbesondere der Bahnhof als Brennpunkt zu sehen“, so Bernhard. Er mahnte dabei auch an, dass Tamm und Asperg bereits seit Jahrzehnten die Einschränkungen und Auswirkungen der Landeseinrichtungen des Justizvollzugskrankenhauses „Hohennasperg“ sowie die Sozialtherapeutischen Einrichtung Baden-Württemberg erduldeten.

Als Grünzug ausgewiesen

Vor allem aber ist der „Schanzacker“ seit 2005 im Plan des Verbandes Region Stuttgart als Grünzug ausgewiesen und als Naherholungsfläche sowie Frischluftschneise wie für die Sicherung des Wasservorkommens bedeutend. „Wir haben in der Vergangenheit unsere Aufgaben bei der Unterbringung von geflüchteten Menschen sehr gut wahrgenommen, Aber in diesem Fall sprechen eine Vielzahl von Gründen gegen die Lea. Daher senden wir dem Land ein klares Zeichen: Hände weg vom Schanzacker“, sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende, Sonja Hanselmann-Jüttner.

Der Tammer Rat zollte auch der Bürgerinitiative und ihrem Engagement größten Respekt und lobte die fraktionsübergreifende Zusammenarbeit in dieser Angelegenheit mit den Stadträten und der Stadtverwaltung in Asperg. Über 1500 Unterschriften wurden in Tamm inzwischen gegen die Ansiedlung der Lea gesammelt.

 
 
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