Studie von Porsche Consulting gibt Tipps Transformation: So klappt es mit der Veränderung

Von Claudia Mocek
Dr. Wolfgang Freibichler.⇥ Foto: Porsche Consulting

Viele Unternehmen stehen in den nächsten Jahren vor großen Herausforderungen. Doch 80 Prozent von ihnen scheitern. Die Gründe dafür hat Dr. Wolfgang Freibichler von der Porsche Consulting in Bietigheim-Bissingen mit einer Studie untersucht.

In vielen Unternehmen stehen in den nächsten Jahren „gigantische Veränderungen“ an, sagt Dr. Wolfgang Freibichler. Von Digitalisierung, Umstrukturierungen oder Neuorganisationen seien alle Branchen betroffen, auch in der Region. Doch in 80 Prozent aller Fälle scheitert die Transformation, hat Freibichler analysiert. Die Gründe untersucht eine aktuelle Studie von Porsche Consulting aus Bietigheim-Bissingen, bei der die 100 größten Unternehmen befragt wurden. Die BZ hat mit dem Experten für Change Management (Veränderungsprozesse) gesprochen.

Herr Freibichler, wie viele Unternehmen sind von einer Transformation betroffen?
Wolfgang Freibichler: 64 Prozent der befragten Führungskräfte gehen davon aus, dass sich ihr Unternehmen in den nächsten zwei Jahren grundlegend verändern wird.

Woran scheitern viele Veränderungsprozesse?
Wir haben die Frage mit Psychologen, Wirtschaftswissenschaftlern und sogar einem Theologen analysiert. Viele Menschen überfordern die tiefgreifenden Veränderungen. Jede vierte befragte Führungskraft in Deutschland geht davon aus, dass Mitarbeitende bei der Neuaufstellung der Unternehmen nicht mitziehen können oder wollen.

Was können Unternehmen dagegen tun?
Jeder Mitarbeitende braucht emotionale Nähe, zur Aufgabe und zur Firma. Oft wird viel zu bürokratisch erklärt, und dabei vor allem an den Verstand appelliert. Wenn Unternehmen zum Beispiel immer wieder auf digitale Kennzahlen hinweisen, die künftig erreicht werden müssten, ist das für mich Transformationstheater. Zahlen sprechen die Ratio an. Man kann die Lage rational verstanden haben, aber die Emotionen schießen dagegen.

Wie kann man das verhindern?
Indem man veraltetes Führungsverhalten über Bord wirft, das nur an den Verstand appelliert. Strategien zu Themen wie Digitalisierung muss man gemeinsam mit der Mannschaft entwickeln. Die Umsetzung kann langfristig nur erfolgreich sein, wenn alle mitgenommen werden – rational und emotional.

Worauf müssen Unternehmen bei der Umsetzung achten?
Es sind fünf Aspekte, die wichtig sind: Top-Führungskräfte müssen vorausgehen und die Menschen mitnehmen. Sie müssen ein Bild der Zukunft zeichnen, in dem sie beschreiben, wohin sich das Unternehmen entwickeln möchte.

Bei der Kommunikation sollte gelten: Weniger E-Mails, mehr Instagram – also reale Bilder. Anschauliche Botschaften müssen auf verschiedenen, auch modernen Kanälen vermittelt werden. So erreichen Unternehmen nicht nur den Verstand ihrer Mitarbeiter, sondern auch deren Gefühlswelt.

Auf Worte müssen Taten folgen. Oft wird in Unternehmen das neue Ziel zwar verkündet, aber die Mitarbeiter werden weiterhin an bisherigen Maßstäben gemessen. Die Kennzahlen-, Gehalts- und Bonussysteme  müssen angepasst werden. Gleichzeitig  sollten moderne Formen der Zusammenarbeit mit agilen Arbeitsabläufen eingeführt werden. Das Zusammenspiel von Abteilungen muss verbessert werden. Auch virtuelle Konferenzen im Homeoffice könnten professioneller ablaufen. Die Mitarbeitenden müssen durch interne Weiterbildungsprogramme fit gemacht werden. Neue Dinge zu lernen, sollte zum Bestandteil der täglichen Arbeit werden.

Das hört sich komplex an.
Ja, Change (Veränderung) ist mehr als nur darüber zu sprechen. Das reicht nicht aus. Der Veränderungsprozess muss Chefsache sein.

Wie kann ein Unternehmen jeden einzelnen emotional mitnehmen?
Die Menschen entwickeln bei anstehenden Veränderungen zwar unterschiedliche Ängste, aber die Kontexte ähneln sich. Über die Analyse von Zielgruppen ist es gar nicht so schwierig, die Kontexte so zu gestalten, dass sich alle abgeholt fühlen.

Gibt es Beispiele von gelungener Transformation?
Unternehmen wie Tesla, Google und Amazon haben am besten verstanden, wie man Menschen erreicht. Deren Gründer – Elon Musk, Larry Page, Sergey Brin und Jeff Bezos – haben sich zusammengesetzt und zwei Tage lang von zwei Nobelpreisträgern gelernt, dem Psychologen Daniel Kahnemann und dem Wirtschaftswissenschaftler Richard Thaler. Seitdem wissen sie, dass Menschen zum Beispiel 90 Prozent der Informationen unbewusst verarbeiten. Dass man strategische Entscheidungen am besten am Vormittag trifft und verkündet oder dass das Kurzzeitgedächtnis in einer hellen Umgebung am schnellsten lernt.

Gibt es auch Vorreiter in Deutschland?
Unternehmen wie SAP oder die Pharmahersteller sind sehr weit. Auch der Drogeriemarkt dm legt Wert auf intensive eigene Aus- und Weiterbildung. Es zieht sich aber noch eine tiefe Kluft durch die Unternehmenswelt.

Welche Bedeutung wird das Thema in der Zukunft haben?
Transformation wird zum Dauer-zustand. Die Umsetzung muss gut vorbereitet sein. Für Führungskräfte wird die Gestaltung des Wandels in den nächsten zehn Jahren zur Schlüsselqualifikation. Die Herausforderung wird es sein, dass die Mitarbeiter keine Angst vor Veränderungen haben, sondern diese mit Freude mitgehen.

Vielen Dank für das Gespräch.

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