Umstrittenes Projekt in Besigheim Die Brücke und der Bürgerentscheid

Von Michael Soltys
Etwa auf Höhe der Stadthalle Alte Kelter (Bildmitte) könnte die umstrittene Brücke die Enz in Richtung Bahnhofsquartier überqueren. &x21e5; Foto: Martin Kalb

Noch ist ungewiss, ob es tatsächlich einen Bürgerentscheid über eine weitere Brücke über die Enz in Besigheim gibt. Die BZ wirft einen Blick auf die Sachlage und die Position der Fraktionen.

Lautstarke Reaktionen über die Gestaltung der Terrassen an der Enz. Nicht weniger heftige Klagen über den vermeintlichen Verlust von ursprünglich gebliebenem Erholungsraum am Enzufer im heutigen Südpark. Das waren die Begleiterscheinungen bei der Umgestaltung des Enzufers in Besigheim in den vergangenen beiden Jahren.

Jetzt droht eine weitere, möglicherweise erbittert geführte Diskussion. Sie dreht sich um die Gestaltung des nördlichen Enzufers. Im Fokus: die von Planern vorgeschlagene Brücke über die Enz, die etwa auf Höhe der Stadthalle Alte Kelter in das Quartier um den Bahnhof herum führen soll. Viel zu teuer und völlig unnötig, sagen die Gegner, die sich bereits rund um eine Online-Petition gesammelt haben. Naturschützer sehen insbesondere die Vogelwelt dort bedroht.

Auf diese Stimmung in der Stadt hat die Gemeinschaftsfraktion von CDU/WIR bei der Verabschiedung des Haushalts mit dem Vorschlag reagiert, einen Bürgerentscheid in dieser Sache zu prüfen. Sie möchte die „schweigende Mehrheit aktivieren“ und Akzeptanz für die Entscheidung schaffen, wie auch immer sie ausfällt, begründete ihr Sprecher Achim Schober das Anliegen, das nach einem Beschluss des Gemeinderates jetzt von der Verwaltung bearbeitet wird. Doch der Vorstoß dürfte auch der Versuch sein, aus einem internen Dilemma zu finden: Offen räumte Co-Vorsitzender Edgar Braune gegenüber der BZ ein, dass es in der Fraktion aus langjährigen CDU-Gemeinderatsmitgliedern und den neuen WIR-Stadträten unterschiedliche Meinungen über die Brücke gibt.

Angesichts der Tragweite der Entscheidung und der weiteren Aufgaben beim Bau und der Sanierung von Schulen und Kindergärten zählt für Braune persönlich die finanzielle Situation der Stadt. Er könnte sich vorstellen, die Brücke zu bauen, „wenn das Geld kein Problem wäre“, sagte er. In einem Bürgerentscheid sieht er die beste Grundlage für eine Entscheidung, ob nun für oder gegen die Brücke. Bei der Diskussion darüber müssten sich dann die Stadträte positionieren. Von der Verwaltung erwarte er jetzt eine objektive Information über die Vor- und Nachteile des Brückenbaus. „Der Nordpark wird auch ohne Brücke schön“, sagte Braune.

Ganz anders Walter Zeyhle, der Sprecher der Freien Wähler: „Ein Bürgerentscheid bringt nur etwas bei klaren Vorgaben“, sagt er. Die Entscheidung dürfe nicht nach ideologischen Gesichtspunkten fallen. „Wir müssen die Pläne im Detail kennen.“ Erst dann könne man den Bürgern darlegen, warum man als Stadtrat für oder gegen das Projekt sei. Wer den Bau der Brücke alleine aus Kostengründen ablehne, mache es sich zu einfach.

Einen ähnlichen Weg will auch Bürgermeister Steffen Bühler mit seiner Verwaltung beschreiten, wie er bereits bei der Einbringung des CDU-Antrags deutlich gemacht habe. Er will schon in der Sitzung des Gemeinderats am 15. März aussagefähige Unterlagen vorlegen und mögliche Varianten des Brückenbaus inklusive der Kosten vorstellen. Sie seien bisher nur nicht-öffentlich diskutiert worden. Die staatliche Förderung soll zudem vorgestellt werden, laut Bühler sind bis zu 60 Prozent möglich. Und es soll geklärt werden, welche weiteren Untersuchungen notwendig sind, beispielsweise in Sachen Natur- und Hochwasserschutz.

2024 stehen Wahlen an

Danach sollte sich der Gemeinderat positionieren, so Bühler, ob er die Brücke will oder nicht, um dann einen Bürgerentscheid einzuleiten. Von einem Bürgerentscheid erhofft sich Bühler auch positive Folgen: Er könnte für eine breitere Akzeptanz des Projekts sorgen als eine knappe Mehrheit im Gemeinderat. Schließlich stehen 2024 die Wahlen zum Gemeinderat und zum Amt des Bürgermeisters an.

Nach der Sommerpause könnte es damit ernst werden, so Bühler weiter, und die Entscheidung über Form und Inhalt eines Bürgerentscheids fallen. Der Bürgermeister selbst sieht die Brücke als große Chance für die weitere Gestaltung der Stadt und des Nordparks und für einen barrierefreien Zugang zum Bahnhofsquartier. „Ich möchte das empfehlen“, sagt er.

Umweltgutachten, Hochwasser, Brückenbreite, Zuschüsse, Kosten, das sind auch für Christian Herbst von der SPD die Fragen, die vor einem Bürgerentscheid geklärt werden müssen. Grundsätzlich sehe die Fraktion den Weg kritisch. In umliegenden Gemeinden sei es bei Bürgerentscheiden zu einer ziemlichen Spaltung gekommen. Die Erläuterung des CDU/WIR-Antrags ist ihm zu verwaschen. Will das Bündnis den Bürgerentscheid weil es für die Brücke oder dagegen ist, fragt er sich? Basisdemokratie sei oft eine gute Wahl. Aber die gewählten Vertreter sollten sich klar bekennen und zu ihrer Entscheidung stehen können, findet er.

BMU: Planungen einstellen

Einen Bürgerentscheid hält die BMU-Fraktion für einen guten Weg, sie hätte es aber lieber gesehen, wenn bis dahin alle weiteren Planungen eingestellt werden. Das machte ihr Sprecher Helmut Fischer im Gemeinderat deutlich. Das BMU unterstützt die Online-Petition gegen die Brücke, die Kosten von drei Millionen Euro stünden in keinem Verhältnis zur Verkürzung des Fußweges von nur wenigen Minuten, heißt es in einer Mitteilung des BMU. Der Gemeinderat sollte zeitnah darüber entscheiden, ob die Planungen grundsätzlich fortgeführt werden sollen, forderten Mitglieder bei einem digitalen Treffen. Es spiele schließlich keine Rolle, „ob eine sinnlose Brücke am Ende rot oder blau, aus Holz oder Beton gebaut ist“, hieß es dort. 

 
 
- Anzeige -