Vaihingen Gartenschau nimmt Form an

Von Michael Banholzer
Große Einigkeit hinsichtlich des Siegerentwurfes herrscht beim Preisgerichtsvorsitzenden Frank Lohrberg, Stadtplaner Norbert Geissel, Oberbürgermeister Uwe Skrzypek, Urs Müller-Meßner und Bürgermeister Klaus Reitze (von links). Foto: /Michael Banholzer

Aus dem Realisierungswettbewerb für die künftigen Daueranlagen geht ein klarer Sieger hervor.

Die Sieben gilt als Glückszahl. Insofern könnte es ein gutes Zeichen sein, dass sich exakt sieben Büros am freiraumplanerischen und städtebaulichen Realisierungswettbewerb der Stadt Vaihingen für die Gartenschau „Enzückt“ im Jahr 2029 beteiligt haben. Im zweiten Halbjahr haben die Experten ihre Vision für die Daueranlagen entlang der Enz entwickelt. Am Freitag hat nun das Preisgericht, bestehend aus lokalen Vertretern sowie bundesweiten Experten, die Siegerentwürfe gekürt.

Einstimmig wurde die Arbeit des Büros RMP Stephan Lenzen, Landschaftsarchitekten aus Bonn (mit dem Büro Yellowz für den städtebaulichen Ideenteil), mit dem ersten Preis für den freiraumplanerischen Teil ausgezeichnet. Als zweiter Preisträger wurde die Arbeit des Büros Atelier Loidl Landschaftsarchitekten aus Berlin und dem Studio Wessendorf für den Städtebau ausgezeichnet. Als Preisgeld hat die Stadt Vaihingen einen Gesamtbetrag in Höhe von 157 000 Euro zur Verfügung gestellt.

Es sei ein „intensiver Tag“ gewesen, berichtete Oberbürgermeister Uwe Skrzypek, der am Freitag zu allem Überfluss auch noch Geburtstag hatte, beim Pressetermin am Samstagvormittag über die Entscheidungsfindung.

Besonderes Lob hatte er für den Stuttgarter Landschaftsarchitekten Prof. Dr. Frank Lohrberg, der als Vorsitzender des Preisgerichts die Teilnehmenden in Richtung des Siegerentwurfes „hingeführt“ habe. Nun sei er gespannt, was die Vaihinger dazu sagen.

Pläne bis Freitag im Löwensaal

Die eingereichten Pläne sind noch am Donnerstag und Freitag (21. und 22. Dezember) jeweils von 16 bis 19 Uhr im Löwensaal der Stadthalle für die Öffentlichkeit an Stellwänden zu sehen. Das Preisgericht hatte mehrere Beurteilungskriterien zu beachten. Etwa die Berücksichtigung der ortstypischen Charaktere, der respektvolle Umgang mit denkmalrelevanten Bereichen, aber auch Wirtschaftlichkeit und Umsetzbarkeit in Herstellung und Unterhalt.

Die gemeinsame Besprechung der Entwürfe habe für alle einen Lernprozess bedeutet, sagte Lohrberg. Manches, was zunächst sehr attraktiv erschienen sei, habe sich dann doch als nicht ganz angemessen herausgestellt. So waren einige Entwürfe schon so konkret verfasst, dass sie kaum noch Variation zuließen. Der Entwurf vom Büro Lenzen zeichne sich hingegen durch ein „flexibles Konzept“ aus, das eine Weiterentwicklung erwarten lasse, ergänzte Urs Müller-Meßner, der für die Vorprüfung der eingereichten Beiträge zuständig war.

„Siegerentwurf aus einem Guss“

Die Büros auf dem ersten und zweiten Platz spielten alle in der „Champions-League“ der Planer in Deutschland, sagte Lohrberg und verwies beispielhaft auf die Bundesgartenschau in Mannheim, für die ebenfalls das Büro Lenzen verantwortlich zeichnete. Der Siegerentwurf sei „aus einem Guss“ und zeichne sich durch „klare Verbindungen“ zwischen Enz und Innenstadt aus. So schlängelt sich eine Enzpromenade am westlichen Ufer entlang – angefangen beim Rondell über die künftigen Enzterrassen am heutigen Egelsee-Sportplatz, das Weller-Areal und das Häcker-Areal bis zum alten Badplatz. Dort, am nördlichen Ende des Planungsgebietes, ist ein Naturspielbereich vorgesehen.

Erlebnislandschaft auf Häcker-Areal

Die Industrieanlagen auf dem Häcker-Areal sollen nach den Ideen des Büros Lenzen nicht vollständig verschwinden, sondern zur Erlebnislandschaft entwickelt werden: mit offenen Wiesenkorridoren, einer Landschaftsbühne, freigestellten Beckenanlagen, Erlebnispfaden, Kletterwänden sowie Infostationen, die an den früheren Leimherstellungsprozess erinnern sollen.

Ein Kreativquartier könnte das Herz des Areals bilden. Möglicherweise fließen aber auch Vorschläge der Büros Loidl/Wessendorf ein, die unter städteplanerischer Sicht die Nase vorne hatten. Im Bereich des Weller-Areals ist laut dem Siegerentwurf des Büros Lenzen ein Zugang zur Enz mit Kähnen angedacht sowie eine Spiel- und Liegewiese. Die vorhandenen Gartenparzellen sollen erlebbarer und kreativ nutzbar werden. Auch kommunal bewirtschaftete Themengärten sind in den Plänen vorgesehen.

Als „Verbindungsanker“ zum östlichen Ufer dienen die bereits vorhandenen Brücken und Stege sowie eine neue Querung zwischen Häcker-Areal und Bürgergarten. Dort schlägt der Entwurf die Rückverlagerung eines Teils des Enzdammes vor, sodass eine überschwemmbare Aufenthaltswiese entsteht. Von einem „Gartenpark“ ist die Rede und von einer Öffnung der Bürgergärten in Richtung Stadt und in Richtung Enz. Der historische Köpfwiesenweg soll zur Hauptachse werden. Die einzigartige Geschichte der Bürgergärten soll so weitererzählt werden. Das umstrittene Enßle-Gebäude am Eingang der Köpfwiesen ist nicht mehr vorgesehen. Stattdessen ist an der Straße Im Mühlkanal ein Neubau mit Wohnungen, Ateliers, Bäckerladen denkbar – oder alternativ an gleicher Stelle ein Parkplatz. Getrennt davon ist am Eingang zum Gelände ein Pavillon mit Gastronomie und/oder Infostation skizziert. Der ehemalige Pferdestall ist als Bürgerhaus oder Biergarten denkbar.

Die planerische Substanz des mit dem ersten Preis prämierten Gartenschaukonzeptes sei mit vielen Ideen und Potenzialen für die weitere Bearbeitung ausgestattet, so OB Skrzypek. „Der erste Pflock am Horizont ist eingeschlagen.“ Den Entwurf könne man mit Vaihinger Themen anreichern. „Wie es im Detail gefüllt wird, ist noch dahingestellt.“

Mehrwert für die Bevölkerung

Die geplanten Daueranlagen sollen das Gerüst bilden für die Gartenschau 2029 und über das Ausstellungsjahr hinaus der Stadt und der Bevölkerung Mehrwert bringen. Gleichzeitig sei die Konzeption planerisch so robust, dass in den nächsten Jahren darauf ein Veranstaltungskonzept aufgesetzt werden könne, das die Besucher im Gartenschaujahr begeistern könne. Die Finanzierung werde allerdings „eine zentrale Herausforderung“, so Skrzypek.

Auf der Grundlage dieser Wettbewerbsergebnisse werden in einem weiteren Arbeitsschritt zwischen Stadt und den Preisträgern Gespräche zur weiteren Projektumsetzung geführt.

OB Skrzypek zeigte sich zuversichtlich, dass im späten Frühjahr 2024 weitere Grundlagen vorgelegt werden könnten, sodass der Gemeinderat dann die notwendigen Beschlüsse fassen könne. Nach einem positiven Votum des Gemeinderates sei dann auch vorstellbar, die Bürger in die weitere Planung einzubinden, kündigte Vaihingens Bürgermeister Klaus Reitze an. 

 
 
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