46-Jähriger steht vor Gericht 19-Jähriger schwer mit Messer verletzt

Von Petra Häussermann
Vor dem Landgericht Heilbronn wird die Messerattacke eines 46-Jährigen verhandelt.⇥ Foto: Rena Weiss

Ein 46-Jähriger, der in Löchgau einen Mitbewohner einer Pension im September 2020 attackierte, steht vor der Schwur­gerichtskammer.

Scheinbar grundlos hat ein 46 Jahre alter Mann in einer Pension in Löchgau einen Mitbewohner derart lebensgefährlich mit einem Messer attackiert, dass der junge Mann nur mit einer Notoperation überlebte. In einem aufwendigen Verfahren wegen versuchten Totschlags will die 1. Schwurgerichtskammer am Landgericht Heilbronn nun die Hintergründe des Geschehens aufklären. Zum Auftakt des Prozesses am Montag hatten der Angeklagte und zwei Zeugen das Wort.

„Große Erinnerungen an den Abend hat mein Mandant nicht mehr, aber er weiß noch, er fühlte sich angegriffen, hatte deshalb das Messer dabei und benutzte es auch“, erklärte der Verteidiger des 48 Jahre alten Angeklagten, Felix Schmidt, zu Beginn der Verhandlung. Laut Anklageschrift hat der gelernte Maurer und Fliesenleger kurz vor Mitternacht Anfang September 2020 das Messer gezogen, als er einen Fußtritt vom Opfer erhielt.

Sieben Verhandlungstage

Obgleich der Angeklagte dem 19-Jährigen körperlich weit überlegen gewesen war, stach er mit seinem Klappmesser derart in den Bauch des Opfers, dass Bauchfell und Magen getroffen wurden und Darmschlingen austraten. Der Angeklagte hat dabei billigend in Kauf genommen, dass die Attacke tödlich enden könnte. Das Gericht will in den veranschlagten sieben Verhandlungstagen insgesamt zwei Sachverständige und 14 Zeugen anhören.

Nach übereinstimmender Schilderung der beiden ersten Zeugen stand eine Gruppe um den jungen Mann rauchend vor der Pension, als der Angeklagte von der Arbeit kam. Er ging in sein Zimmer, später sahen sie ihn bei den Briefkästen alleine eine rauchen. Von einem kurzen Toilettengang im Haus kam der junge Mann schwerverletzt zurück zur Gruppe. Während der Angeklagte beteuert, mit dem jungen Mann „nie Probleme gehabt“ zu haben, gab es wohl doch eine Vorgeschichte: Ein paar Tage vor der Tat hatte der junge Mann die Tür des Angeklagten eingetreten, eine junge Mitbewohnerin hatte er zuvor verbal beleidigt.

Im Zeugenstand erzählt die 21-Jährige auch von einem Streit mit dem Angeklagten wegen ihrer Post. Während dieser Zeit schaut der Angeklagte angestrengt zu seinem Verteidiger, um jeden Blickkontakt mit der jungen Frau zu vermeiden. Die Schilderungen der Mitbewohner zeichneten das Bild zweier Männer, die sehr dem Alkohol zusprachen und dann schnell aufbrausend und aggressiv wurden.

In dem Verfahren wird auch der Frage nachgegangen, ob der Angeklagte alkoholabhängig ist und inwieweit seine Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit wie stark eingeschränkt war. Ein Test bei seiner Verhaftung in der Nacht ergab einen Alkoholgehalt im Blut von 1,36 Promille. Immer nach der Arbeit habe er mit Bier angefangen zu trinken, später kamen noch Wein, Whiskey oder Schnaps dazu. „Morgens habe ich den Alkohol oft noch gespürt und wenn mit schlecht war, habe ich ein oder zwei Bier vor der Arbeit getrunken“, berichtet der Angeklagten im Gerichtssaal.

Als Kind wächst er bei seinen Großeltern in Rumänien auf, der leibliche Vater, ein verheirateter Mann erkennt ihn nicht an. Als seine Mutter an Krebs stirbt, kommt der Neunjährige in ein Kinderheim, wo er bis zur Volljährigkeit bleibt. Seit dem Abschluss einer Maurer- und Fliesenlegerlehre hat er immer in diesem Bereich gearbeitet, auch als er 2014 nach Deutschland kam. Rund 1700 Euro netto verdiente er zuletzt bei einer Firma in Tamm, davon gingen 300 Euro für die Miete des Bettes in der Pension ab. In dieser sei es üblich, pro Bett und nicht pro Zimmer zu zahlen. Der Prozess wird im Landgericht Heilbronn am 19. März fortgesetzt.

 
 
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