Ab 2026 gibt es einen gesetzlichen Anspruch auf Ganztagsbetreuung Engpässe werden noch größer

Von Gabriele Szczegulski
Die gesetzlich verankerte Ganztagsbetreuung an Grundschulen stellt die Kommunen vor große Herausforderungen⇥ Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Jetzt sind die Kommunen in der Pflicht: Ab 2025 soll es ein Recht auf Ganztagsabetreuung geben, das bedeutet neuerliche Investitionen.

In Bietigheim-Bissingen gibt es schon einige Ganztagsgrundschulen. Da ist die Stadt laut Sprecherin Anette Hochmuth in einer komfortablen Lage und dennoch: „Angesichts der personellen Engpässe, die es heute schon im Kita-Bereich gibt, ist damit zu rechnen, dass sich auch im Grundschulbereich große Engpässe ergeben“, sagt sie. Denn ab 2026, das hat der Bundestag am Dienstag entschieden, soll es ein Recht für jedes Kind auf Ganztagsbetreuung geben.

Jetzt haben die Kommunen als Schulträger etwas mehr als vier Jahre Zeit, um die Gegebenheiten zu schaffen, denn: „.Für die Kommunen bedeutet der verbindliche Anspruch vermutlich eine höhere Zahl von Kindern, die am Ganztag teilnehmen wollen – mit der Folge, dass mehr räumliche und personelle Kapazitäten nötig werden“, sagt Hochmuth stellvertretend für alle Kommunen.

Bietigheim-Bissingen

In Bietigheim-Bissingen gibt es Ganztagsgrundschulen an der Schiller-, Hiller- und Sandschule. In der Buch- und der Waldschule müssen diese noch eingerichtet werden, dort läuft bisher noch die Kernzeitbetreuung. „Unser Schulbauprogramm ist noch nicht ganz abgearbeitet – die Sandschule benötigt dringend mehr Platz, gerade im Grundschulbereich“.

An der Waldschule wurde schon erweitert, aber an der Realschule Bissingen wird noch angebaut, so Hochmuth. Personelle Kapazitäten zur Betreuung der Kinder, vor allem an den Nachmittagen, wenn nicht durchgehend Unterricht stattfindet, sondern andere Aktivitäten angeboten werden, müssten ebenfalls erweitert oder neu aufgebaut werden, „wenn alle Grundschulen ein Ganztagsangebot haben beziehungsweise die vorhandenen Angebote stärker in Anspruch genommen werden“, sagt die Stadtsprecherin. Vorgeschrieben sind hier qualifizierte Fachkräfte, „es wird also nicht einfach“, sagt Hochmuth.

Sachsenheim

Aus Sicht der Stadt Sachsenheim, so teilt Sprecher Matthias Friedrich mit, war mit der Entscheidung, den Ganztag gesetzlich verpflichtend einzuführen aufgrund des Koalitionsvertrags der aktuellen Bundesregierung zu rechnen.  „Der Ausbau der Ganztagesbetreuung für Grundschulkinder wird in den weiteren Ausbau- und Sanierungsplanungen unserer Bauvorhaben berücksichtigt werden“, so Friedrich. Derzeit gebe es aber noch keinen konkreten Zeitplan. Vielmehr müsse das Thema für jede Schule individuell betrachtet werden.

Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es in Sachsenheim an fünf Tagen an der Gemeinschaftsschule am Sonnenfeld ein Ganztagesangebot für Grundschüler. An den anderen Sachsenheimer Grundschulen gibt es ein Kernzeitangebot. „Der Bund hat zugesagt sich mit bis zu 3,5 Milliarden Euro an den Investitionskosten zu beteiligen. Ebenso möchte er sich mit 1,3 Milliarden Euro pro Jahr an den laufenden Kosten für den Betrieb der Ganztagsplätze beteiligen“, sagt Friedrich, aber die Verteilung der finanziellen Mittel sei aktuell noch nicht bekannt. Ob es eine Co-Finanzierung des Landes geben wird, sei ebenfalls noch fraglich. „Somit sind die zukünftigen, auf die Kommune zukommenden finanziellen Mehrbelastungen für unsere Kommune noch nicht bezifferbar“, sagt Friedrich.

Freudental

Die Gemeinde Freudental bietet an der Grundschule bereits seit dem Schuljahr 2018/2019 eine Ganztagesbetreuung in Wahlform an, an drei Tagen bis 15 Uhr, sagt Freudentals Bürgermeister Alexander Fleig. Im neuen Schuljahr werden wieder etwas mehr als 50 Prozent der 100 Grundschulkinder das Ganztagesangebot wahrnehmen, so Fleig. „Sollte die Belegung steigen, wird sicherlich der Platzbedarf für Ruheräume und andere Plätze ansteigen.“ 

Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben müsse dann das Konzept für die Ganztagesbetreuung an der Freudentaler Grundschule erweitert, ergänzt und überarbeitet werden. Klar sei jedoch, dass ein weiterer Ausbau nur mit zusätzlichen Zuschüssen von Bund und Land bewältigt werden könne. „Dabei muss dafür gekämpft werden, dass sich Bund und Land nicht nur an den einmaligen Baukosten beteiligen, sondern sich bei den laufenden Kosten für Betreuungskräfte und sonstiges Personal beteiligen muss“, sagt der Bürgermeister. Denn für den Erfolg der Ganztagesbetreuung sei von entscheidender Bedeutung, dass diese verlässlich und vor allem mit gutem Personal erfolge, um die bestmögliche Förderung der Kinder zu erreichen.

Besigheim

Laut Stadtsprecherin Anette Walz hat auch Besigheim mit dem Anspruch auf Ganztagesbetreuung in den Grundschulen gerechnet: „Die Stadt Besigheim arbeitet mit einem Schulentwicklungsplanungsberatungsbüro zusammen, um auf die Veränderungen in der Schullandschaft besser reagieren zu können.“ So wurde erst in den letzten Jahren eine Schulbauerweiterung in der Kreuzäcker-Grundschule Ottmarsheim vorgenommen und erfolgt jetzt der Ausbau der Friedrich-Schelling-Schule Besigheim zur fünfzügigen Primarstufe, sagt Walz. Hier sei auch die Einführung eines Ganztagesangebots geplant. Die Schulleitung, so Walz, stelle ein teilgebundenes Angebot zusammen, das zum Schuljahr 2024/25 zunächst mit drei Zügen im Ganztag starten wird. Entsprechende Räumlichkeiten sind in den Planungen berücksichtigt. In Ottmarsheim nehmen schon jetzt alle Schülerinnen und Schüler am Ganztagesangebot an zwei Tagen teil. Das Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum mit Förderschwerpunkt Lernen in der Schule am Steinhaus ist seit dem Schuljahr 2016/17 im verbindlichen Ganztagesbetrieb, an dem alle Schüler teilnehmen.

Löchgau

Die Gemeinde Löchgau, so Bürgermeister Robert Feil, hat bereits ein freiwilliges Ganztagesangebot sowie eine Kernzeitbetreuung an der Jakob-Löffler-Schule. Das wird bisher, so Feil, im Schnitt von zirka 40 Prozent aller Grundschüler und Grundschülerinnen angenommen.  Im Rahmen der Sanierung und Neugestaltung des Hauptgebäudes der Jakob-Löffler-Schule wurden Raumkontigent und die Kapazitäten der Mensa bereits deutlich erhöht und ein großzügiger Bereich für die Kernzeiten- und Ganztagesbetreuung geschaffen. Auch, so Feil, bieten der neu gestaltete Schulhof samt Schulsportanlage vielseitige Möglichkeiten für die Nachmittagsbetreuung.

Kirchheim

Bürgermeister Uwe Seibold spricht von einem „schon jetzt gut funktionierenden Ganztag“ in seiner Gemeinde. Mehr als 50 Prozent aller Schüler würden schon jetzt am freiwilligen oder ab der fünften Klasse verpflichtenden Ganztag sowie der Kernzeitbetreuung in der Kirchheimer Schule auf dem Laiern teilnehmen. Auch die Räumlichkeiten seien durch die „deutliche Erweiterung“ der Schule mit einen neuen Anbau für ein Angebot für alle Grundschüler „gerüstet“. „Wir müssen nur ein wenig nachrüsten, dann haben wir alle organisatorischen und räumlichen Voraussetzungen. Die Frage aber ist, wer bezahlt vor allem das zusätzliche Personal?“, so Uwe Seibold.

 
 
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