Angespannte Stimmung im Gemeinderat Sachsenheim Bürgermeister unter Beschuss

Von Mathias Schmid
Das Bild zeigt die erste Sitzung des neuen Gemeinderats und Bürgermeister Holger Albrich im Juli 2019. Zwei Jahre später ist das Gremium immer noch in der Findungsphase. ⇥ Foto: Martin Kalb

Die jüngsten Attacken im Gremium zeigen: Die Harmonie stimmt nicht. Als Mitverantwortlichen dafür haben die Räte Holger Albrich ausgemacht.

Zweimal gingen zuletzt Sachsenheimer Stadträte öffentlich auf Konfrontationskurs. Ralf Nägele (FW) geigte GLS-Fraktionschef Günter Dick die Meinung. Und Gert-Wilhelm Bechtle ging direkt auf Bürgermeister Holger Albrich los. Harmonie sieht anders aus. Der Schultes selbst wägt den Rat – und sich – jetzt aber auf dem richtigen Weg.

Interne Kritik am Bürgermeister gibt es schon seit geraumer Zeit – bisher ohne Wirkung. Die Geduld einiger geht deshalb so langsam zu Ende. Am Mensch Holger Albrich hat niemand etwas zu bemängeln. Auch den Wunsch, Sachsenheim nach vorne bringen zu wollen, spricht ihm keiner ab.

Gewünscht wir aber eine zielstrebigere Sitzungsführung, mehr Durchsetzungsvermögen sowie eine klare Vorstellung, wo es mit Sachsenheim hingehen soll. Als Problem werden nach wie vor fachliche Defizite des Verwaltungsjuristen Albrich gesehen. Angebote zur Hilfestellung seien bisher nicht auf besonders offene Ohren gestoßen. Ihr Übriges hat die Corona-Zeit mit Online-Sitzungen und wenig direktem Kontakt getan. Nach dem Sommer soll es laut Bürgermeister eine Art Neustart geben. Das sagen die Fraktionen:

GLS

Für Günter Dick hat die aktuelle Stimmung zwei Hauptgründe Der erste: „Viele Gemeinderäte haben den Eindruck, dass vonseiten der Verwaltung zu wenig läuft“. Das könne man laut des GLS-Fraktionschefs daran sehen, „dass sich bei den geplanten Projekten ein immer größerer Investitionsstau bildet“. Das sei nicht erst seit Albrich so, habe sich aber unter ihm fortgeführt. Zum neuen Bürgermeister sagt er: „Er bemüht sich, aber es bestehen noch Möglichkeiten, dass manches besser wird.“

Der zweite Grund für die gereizte Stimmung sei er selbst, das ist Dick bewusst. Er werde als „Außenseiter“ gesehen, der den „allgemeinen Fluss gelegentlich unterbricht“. Sein ausgeprägter Diskussionsbedarf wird von Teilen als störend und nicht immer konstruktiv empfunden. Dick betont: Ihm sei es eben wichtig, dass die Themen in öffentlichen Sitzungen vor den Bürgern diskutiert werden. „Das ist mein Verständnis von Demokratie.“

FW

Siegfried Jauß, Fraktionschef der Freien Wähler, wünscht sich die Gemeinderatsarbeit grundsätzlich ohne Verbalattacken. Seit 25 Jahren sitzt Jauß im Gemeinderat, hat somit auch die Bürgermeister Andreas Stein und Horst Fiedler erlebt. „Die beiden hatten andere Voraussetzungen, es gab eine finanziell Perspektive für die Zukunft. Holger Albrich ist ins kalte Wasser geworfen worden. Er möchte auch, dass die Bevölkerung mit Wünschen zufriedengestellt werden kann. Aber er hat verstärkt mit der drohenden Verschuldung zu kämpfen.“ Jauß warnt davor die noch vorhandenen Schwächen Albrichs zu missbrauchen. „Es gibt einzelne Ratsmitglieder, die nutzen das aus, um sich zu positionieren und hervorzutun.“

CDU

„Die Stimmung untereinander ist gut, war in vergangenen Perioden schon schlechter“, sagt CDU-Fraktionschef Lars Weydt. „Das Zwischenmenschliche“ sei aber in der Corona-Zeit zu kurz gekommen. Das Problem aus seiner Sicht: „Wir müssen uns einfach noch ein bisschen aneinander gewöhnen. Es steht ein teilweise gestandener Gemeinderat einem neuen, noch unerfahrenen Bürgermeister gegenüber. Man muss Herrn Albrich einfach noch mehr Zeit geben, in sein Amt hineinzukommen.“ Er gibt zu: „Auch wir haben gehofft, dass er zu diesem Zeitpunkt schon weiter ist. Aber ich würde nicht sagen, dass er ein schlechter Bürgermeister ist.“

SPD

SDP-Fraktionschefin Helga Niehues bezeichnet die Kritik ihres Mitstreiters Bechtle am Bürgermeister als „leider berechtigt“. Da der Bürgermeister die vorherige interne Kritik „in keinster Weise aufgenommen, geschweige denn reflektiert“ habe, „war es notwendig, „wachzurütteln und die Ernsthaftigkeit des Anliegens zu unterstreichen“. Denn: „Nach nunmehr zwei Jahren scheint hier noch vieles im Argen zu liegen, meiner Einschätzung nach weil Herr Albrich oftmals die falschen Akzente setzt.“ Bechtle spricht gar von „Hilflosigkeit“ und betont mit Blick auf die Bürgermeisterwahl in sechs Jahren: „Ich werde in meiner Partei darauf hinwirken, dass es eine politische Alternative gibt.“

Die Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen sei „nach wie vor recht gut“, sagt Niehues. Die Unzufriedenheit steige aber „aufgrund zu langer Sitzungsdauer oder der Ineffektivität mancher Diskussionen“.

Holger Albrich

Der Bürgermeister sieht den Rat jetzt auf dem richtigen Weg. Mit Blick auf die trotz langer Tagesordnung straff durchgezogenen letzte Sitzung vor der Sommerpause sei er zuversichtlich, „dass wir gemeinsam in unseren Sitzungen besser und schneller werden können“. Der Wille sei bei allen erkennbar. „Wir stehen alle in der Verantwortung, die Weichen für unsere Stadt richtig zu stellen“, sagt er mit Blick auf die vielen Projekte, die anstehen. Er verspricht: „Ich werde mich künftig noch mehr konzentrieren auf die Vorbereitung und Leitung der Sitzungen.“ Hilfestellungen will er vermehrt annehmen.

Auch aus der Verwaltung sind unzufriedene Töne zu hören. Albrich betont: „Ich bemühe mich mit ganzer Kraft, zielorientiert und offen das Beste für diese Stadt zu erreichen und ein guter Verwaltungschef zu sein, der stets ein offenes Ohr für die Kolleginnen und Kollegen hat.“

Info: Einzelstadtrat Oliver Häcker und FDP-Sprecher Karl Willig wollten sich nicht äußern.

 
 
- Anzeige -