Appell an die Vereine nach drei Spielabbrüchen in der Kreisliga B Fußball-Chef schlägt nach Gewalt-Exzessen Alarm

Von Andreas Eberle
Fussball - Schiedsrichter zeigt einem Spieler die Rote Karte .Foto: Avanti/Ralf Poller . Foto: Avanti/Ralf Poller

Ingo Ernst reagiert mit einem Appell an die Vereine auf die sich häufenden Spielabbrüche und Vorfälle. Der FC Marbach wirft vier Spieler raus.

Das Video, das ein Augenzeuge mit dem Handy aufgenommen hat, zeigt die hässliche Fratze des Fußballs: Auf dem Rasen kommt es zu Tumulten. Kicker geraten aneinander, brüllen tobend herum und sind kaum zu beruhigen. Ein Spieler geht nach einem Schlag ins Gesicht k.o. und hält sich die Hände vors Gesicht – später wird bei ihm ein Nasenbeinbruch diagnostiziert. Diese Szenen ereigneten sich am 17. Oktober in der Kreisliga B2 beim Spiel zwischen dem GSV Höpfigheim II und dem FC Marbach II unmittelbar nach dem Abpfiff.

Brandbrief per E-Mail

Das Skandalspiel war der Beginn einer ganzen Reihe von Vorfällen, bei denen Gewalt eine Rolle spielte. An den vergangenen beiden Spieltagen wurden deswegen im Bezirk sogar drei Partien abgebrochen, jeweils in der untersten Klasse (siehe Infokasten).

Der Bezirksvorsitzende Ingo Ernst zeigt sich besorgt – und schlägt Alarm. „Gewalt hat auf dem Spielfeld nichts zu suchen, und wir müssen alle zusammenstehen, um dem Einhalt zu gebieten. Wir wollen den Fußball mit Emotionen, aber Aggressionen und Gewalt haben keinen Platz“, schreibt er in seinem Brandbrief, den er per E-Mail an die Vereine im Bezirk versendet hat.

Darin appelliert er an die Verantwortlichen, alles im Umfeld zu unternehmen, um weitere Exzesse zu verhindern. „Wir sind hier alle in der Pflicht. Wirken Sie auf die Spieler ein, denn Sie als Verein kennen diese doch am besten“, stellt Ernst fest. Die gastgebenden Klubs, so seine Forderung, sollen die eigentlich ohnehin obligatorischen zwei Ordner auch wirklich bereitzustellen, damit diese bei Konflikten eingreifen können. Bei Risikospielen schlägt er den Einsatz von zusätzlichen Sicherheitskräften vor.

Mangelnder Respekt vor dem Schiedsrichter

„Wir sind auf einem gefährlichen Weg. Das scheint ein fußballspezifisches Problem zu sein, denn beim Basketball oder Handball gibt es solche Probleme nicht“, sagte Ernst im Gespräch mit der BZ. Ganz konkret moniert der Bezirkschef den mangelnden Respekt vor den Regelhütern. „Schon in der B-Jugend wirst du als Schiedsrichter mit ,Hey Schiri, Alter’ angesprochen. Damit fängt es an“, sagt Ernst. Bis 2019 pfiff er selbst, insgesamt 35 Jahre lang. Inzwischen ist der 53-jährige Oßweiler nur noch als Beobachter unterwegs.

Zwischen Profis und Amateuren sieht Ernst heikle Wechselwirkungen: „Die Bundesliga-Stars geben oft ein schlechtes Beispiel ab. Umgekehrt haben auch manche Spieler in den unteren Klassen überzogene Erwartungen an die Unparteiischen. Auf einem Kreisliga-B-Sportplatz hast du eben keine Champions-League- Schiedsrichter.“

Der Bezirk will die Zügel nun anziehen und auch verstärkt das Instrument Verbandsaufsicht nutzen. Dabei besucht ein Funktionär – etwa ein Staffelleiter oder ein Schiedsrichter-Obmann – nach Ankündigung ein als kritisch eingestuftes Spiel von auffällig gewordenen Vereinen. Die dadurch entstehenden Kosten muss der betroffene Klub tragen.

Bei den Verfahren selbst verfügen die Sportgerichte über vielfältige Sanktionsmöglichkeiten. Neben Sperren und Geldstrafen zählen dazu auch die Aberkennung eines Sieges, Punktabzüge oder der Ausschluss von Zuschauern. „Wir haben volles Vertrauen in unsere Sportgerichtsbarkeit, die diese Fälle aufarbeitet und entsprechend aburteilt“, stellt Ernst fest. Übeltäter können auch noch im Nachgang einer Partie zur Rechenschaft gezogen werden – auch wenn der Schiedsrichter das Vergehen selbst nicht wahrgenommen hat. So wurde zuletzt ein Akteur, der seinen Gegenspieler angespuckt hatte, nachträglich bis April 2022 aus dem Verkehr gezogen.

Seminar-Teilnahme als Auflage

Der eingangs erwähnte Gewaltausbruch in der B2 hat ebenfalls harte Strafen nach sich gezogen: Die beiden Haupttäter vom FC Marbach II sind bis zum Mai und August 2022 gesperrt worden und müssen beim WFV ein Seminar zur Gewaltprävention absolvieren. Von beiden Spielern sowie zwei weiteren Kickern, die am Geschehen beteiligt gewesen waren, hatte sich der Klub bereits zwei Tage nach dem Eklat getrennt. Zumindest in diesem Fall haben die internen Selbstreinigungskräfte gewirkt. Der FCM und der GSV Höpfigheim wurden obendrein zu einer Geldbuße im dreistelligen Bereich verdonnert.

Die drei jüngsten Spielabbrüche in der Kreisliga B und der Stand der Dinge

FV Sönmez Spor Bietigheim – NK Croatia Bietigheim II, B8, 24. Oktober
Hinter dem Rücken des Schiedsrichters liefern sich mehrere Kicker eine Prügelei, auch Zuschauer sind beteiligt. Nach Rücksprache mit den Kapitänen entscheidet sich der Unparteiische, die Partie beim Stand von 3:1 abzubrechen. Sönmez wollte weiterspielen, Croatia nicht. Bei der Anhörung gibt es gegenseitige Schuldzuweisungen. Wer für die Tumulte verantwortlich war, lässt sich nicht aufklären. In erster Instanz ist das Duell nun mit 3:0 für Sönmez gewertet worden – weil Croatia II den Spielabbruch verursacht habe, so die Urteilsbegründung.

VfL Gemmrigheim II – FV Sönmez Spor Bietigheim, B8, 31. Oktober
In der Schlussphase eskaliert die Partie. Der Referee zeigt dreimal Rot sowie einmal Gelb-Rot und bricht das Duell schließlich ab. Zwei Spieler seien tätlich aneinandergeraten, bei der Schlägerei habe auch der Schiedsrichter etwas abbekommen, so Bezirkschef Ingo Ernst. Da das Verfahren vor dem Sportgericht noch läuft, will er sich nicht weiter zu dem Fall äußern.

TSC Kornwestheim II – FC Gerlingen III,
B5, 31. Oktober

Der Bezirksvorsitzende Ingo Ernst schildet die Vorfälle gegenüber der BZ wie folgt: „Zum Tumult ist es nicht nach einer Roten Karte, sondern nach einer Torerzielung gekommen. In der 85. Minute war der erste Kontakt mit einem Spieler, der den Schiedsrichter wegen des Tores bedrängte und Abseits reklamierte. Hierbei kam es zum körperlichen Kontakt mit dem Schiedsrichter, aber nicht so, dass es zu Konsequenzen führte. Nach Ankündigung der persönlichen Strafe ließ der Spieler den Schiedsrichter in Ruhe. In weiterer Folge haben zwei weitere TSC-Spieler den Schiedsrichter bedrängt, und dieser wurde dabei auch angespuckt. Die Spuckspur an der Wade haben auch Gerlinger Spieler bezeugt. Es ist richtig, dass der Schiedsrichter später eine Rote Karte zurückgenommen hat, weil er nicht sicher war, welcher der beiden Spieler ihn bespuckt hat.“

Nach Auskunft des Bezirksvorsitzenden hat das Sportgericht am Freitag sein Urteil gefällt und das Spiel mit 3:0 für den FC Gerlingen III und mit 0:3 gegen den TSC Kornwestheim II gewertet – mit der Begründung, dass der TSC Kornwestheim II für den Spielabbruch verantwortlich gewesen sei.

 
 
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