Auch die Feuerwehr muss beim Üben Abstand halten Bloß nicht die Bereitschaft gefährden

Von Mathias Schmid und Martin Hein
Auch die Feuerwehr Bietigheim-Bissingen setzt bei ihren Übungen auf Gesichtsmasken und Kleingruppen. ⇥ Foto: Feuerwehr Bietigheim-Bissingen

Für die Feuerwehrleute sind regelmäßige Übungen notwendig. Aktuell noch wichtiger ist aber, dass dabei Infektionsketten vermieden werden.

Vier Seiten umfassen die Regelungen für den Übungsdienst der Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis Ludwigsburg, die seit Kurzem das Üben unter Corona-Bedingungen wieder ermöglichen. „Dort haben wir festgehalten, worauf zu achten ist“, erklärt Kreisbrandmeister Andy Dorroch. Denn trotz Pandemie können die Feuerwehren nicht längerfristig aufs Üben verzichten. Doch noch mehr als im „normalen“ Alltag sei hier Vorsicht das erste Gebot, mahnt Dorroch.

„Die klassische Löschzugübung gibt es derzeit noch nicht“, so der Kreisbrandmeister mit Blick auf die sonst praktizierten Proben eines gesamten Ernstfalls. „Aber man kann feuerwehrspezifische Übungen durchführen.“ Maximal zu zehnt sollen die Feuerwehrleute dabei sein. Die Gruppen sollen nach Möglichkeit nicht durchmischt werden.

„Das Problem ist: „Die Feuerwehr ist systemrelevant“, betont Dorroch. Infektionen müssen dabei, wenn irgendwie möglich, vermieden werden. „Wenn im Fußballverein Corona-Fälle auftreten, darf maximal die Mannschaft nicht spielen. Wenn das bei uns passiert, kann unter Umständen die Feuerwehr nicht mehr ausrücken“, zieht er einen Vergleich, „deshalb müssen wir noch vorsichtiger sein.“ Heißt im Klartext: Die Gruppen sollen bis auf Weiteres klein gehalten werden, sodass bei einer Infektion nicht gleich die gesamte Feuerwehr in Quarantäne muss. Für das Konzept wurde auch der Landesfeuerwehrarzt konsultiert.

Fehlende Kameradschaft

Gleichzeitig spüre er aber einen gewissen Druck vonseiten der vielen freiwilligen Katastrophenhelfer im Kreis. „Die Feuerwehren wollen üben.“ Deshalb haben die Kommandanten in mehreren Video-Versammlungen besagtes Papier ausgearbeitet. Darin stehen auch Dinge, die die Mitglieder ins Mark treffen. Zum Beispiel möglichst eine Kontaktvermeidung zu Kameraden außerhalb des eigenen Übungstrupps sowie anderer Feuerwehren. „Das ist sehr schade, dass die Kameradschaftspflege nach wie vor nicht geht. Denn die Kameradschaft und der Teamgedanke sind das was die Feuerwehr ausmachen“, befürchtet Dorroch auf Dauer einen negativen Effekt auf die Feuerwehrarbeit. Auch das Abhalten der Jahreshauptversammlungen sehe er „auf absehbare Zeit nicht“. Aber momentan gehe es eben nicht anders.

So übt die Feuerwehr auch nach den jüngsten Lockerungen nach wie vor unter Sonderbedingungen. „Wir müssen aber schauen, dass wir den Schwung aufrechterhalten“, mahnt Dorroch zugleich. Und er lobt die Feuerwehrleute im Kreis: „Sie nehmen das alle sehr ernst, darüber bin sehr froh.“ Die Landesfeuerwehrschule bietet inzwischen theoretischen Teile der Lehrgänge als Online-Seminare an.

Die hervorragende Disziplin bestätigt auch Frank Wallesch, Kommandant der Bietigheim-Bissinger Feuerwehr. Auch bei den Einsätzen mussten und müssen entsprechende Vorsichtsmaßnahmen umgesetzt werden. Beispielsweise werden aktuell die Löschfahrzeuge nur mit sechs statt mit neun Mann besetzt. Dafür rücken mehr Fahrzeuge aus, um zu gewährleisten, dass trotzdem genügend Feuerwehrleute am Einsatzort sind.

Ansonsten werde darauf geachtet, dass genügend Schutzkleidung und Desinfektionsmittel auch in den Fahrzeugen vorhanden ist. Am Anfang der Corona-Pandemie hatte die Bietigheim-Bissinger Feuerwehr, wie viele andere auch, das Problem, dass zu wenige Mund-Nasen-Masken vorhanden waren. Pragmatisch sorgten die Feuerwehrleute für Abhilfe. Ein Feuerwehrmitglied stellte kurzerhand die Produktion seiner Firma, in der ansonsten Gardinen genäht werden, auf die Herstellung von Mund-Nasen-Masken um.

Geübt wird auch in Bietigheim in fest definierten Kleingruppen, nicht wie sonst üblich, in Zugstärke. Das Anlegen von Mund-Nasenschutz-Masken ist dabei Pflicht. Im Optimalfall üben vier Teilnehmer an einer Schulungsstation. Dann wird diese desinfiziert, ehe die nächste Gruppe an der Reihe ist.

Gegen Ende des Jahres erhält die Bietigheim-Bissinger Feuerwehr zwei neue Löschgruppenfahrzeuge (LF 20). Da sieht Wallesch einen erhöhten Schulungsbedarf. An diesen Fahrzeugen muss dann intensiv direkt geübt werden. Theoretische Schulungen an neuen Geräten und Fahrzeugen machen keinen Sinn, da muss jeder Handgriff sitzen, so Wallesch. Die Bietigheim-Bissinger Feuerwehr wird pro Jahr zu rund 350 Einsätzen gerufen.

Philipp Rousta, Kommandant der Sachsenheimer Feuerwehr betont: „Wir hoffen, wie andere Kollegen auch, dass in absehbarer Zeit wieder Normalmodus gefahren werden kann.“ Richtig daran glauben, will er aber noch nicht. Auch er beobachtet: „Es leidet die Kameradschaft unter der Situation. Wenn mal ein paar Wochen nicht geübt werden kann, geht das trotzdem mal.“ Er verweist auch an den Mehraufwand an Organisationsarbeit durch die Übungen in Kleingruppen. „Wir müssen dadurch ja mehr Übungstermine anbieten.“ Erfreulicherweise werde die Situation aber auch in Sachsenheim „von der Mannschaft gut angenommen“. Die Dokumentationspflicht, die auch den Feuerwehrübungen aktuell herrscht, sei ohnehin weniger das Problem. „Dokumentiert haben wir auch schon bisher“, so Rousta.

Regelungen für den Übungsdienst der Feuerwehren im Kreis

Auf vier DinA4-Seiten sind die Regelungen für den Feuerwehrdienst niedergeschrieben. Ein Auszug: Maximal zehn Personen je Übungseinheit, idealerweise fahrzeugbezogen (Staffel, Trupp); Grundsätzlich gelten 1,50 Meter Abstand zwischen den Teilnehmern sowie Mund-Nasen-Bedeckung ist Pflicht; Kontakt zu anderen Angehörigen, außer der eigenen Übungsgruppe ist zu vermeiden; Vor der Übung sind alle Teilnehmer zu erfassen; Die Gerätehäuser sind nur zu Ausbildungs- und Übungsdiensten und für Einsätze zu nutzen; Pro Übung ist ein Verantwortlicher zu benennen, der für den ordnungsgemäßen Ablauf verantwortlich ist; Das obligatorische „Zusammensitzen“ nach einer Übung oder einem Einsatz muss vorläufig und bis auf Weiteres ausfallen. Kinder- und Jugendfeuerwehr dienen nicht zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft. Veranstaltungen können aber in alternativen Formen realisiert werden.

Theorieunterricht: Die maximale Teilnehmerzahl bleibt auf zehn Teilnehmer begrenzt. Das Abstandsgebot gilt, auch wenn Masken getragen werden. Spätestens nach 45 Minuten ist eine Pause vorzusehen – inklusive Lüften. Nach maximal weiteren 45 Minuten soll Schluss sein. Im Anschluss wird dringend empfohlen, die Kontaktflächen mit Seifenwasser zu reinigen. Nicht möglich sind Partner und Gruppenarbeit sowie Erste-Hilfe-Ausbildung, speziell Reanimation.

Praxisunterricht: Es muss Mund-Nase-Schutz getragen werden. Eine Ausnahme hiervon gibt es beim Einsatz mit Atemschutzgeräten. Auch hier darf maximal 90 Minuten geübt werden. Die Übungen sollten möglichst im Freien erfolgen. Das Üben in Liegenschaften mit erhöhtem Infektionsrisiko (Altenheim, Krankenhäuser) ist verboten.

 

 
 
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