Befragung in Bietigheim-Bissingen läuft noch bis zum Frühjahr Sportumfrage sorgt für Dissonanzen

Von Uwe Mollenkopf
Ein Sportler auf dem Laufband. In Bietigheim-Bissingen läuft derzeit eine Umfrage. Foto: Marius Becker

Bei der aktuellen Umfrage unter Sportlern steht die Gesundheit im Mittelpunkt. Der Sport-Stadtverband sieht einiges kritisch.

Derzeit ist in Bietigheim-Bissingen die Meinung der Bürger zum Thema Sport wieder gefragt. Seit 26. Oktober läuft eine Umfrage über Sport im Alltag. Es ist bereits die dritte Sportumfrage, die die Verwaltung in den letzten Jahren initiiert hat. Das sorgte nicht nur für Beifall: Der Hauptausschuss des Stadtverbands für Sport zeigte sich in seiner Sitzung im September irritiert über Sinn und Konsequenz der Befragung Nummer zwei.

Die erste Umfrage, zu der im Oktober 2018 ein umfassender Bericht erschien, war noch eng mit der Sportstättenentwicklung in Bietigheim-Bissingen verknüpft. Aussagen von Vertretern der Sportvereine, der Schulen und der Kindertageseinrichtungen lieferten Daten und Fakten zu Sport und Bewegung. Dadurch sollte insbesondere ermittelt werden, wer welchen Bedarf an neuen Hallen und Plätzen hatte.

In der zweiten Umfrage legte das Sportamt dann nach. Über den organisierten Sport hinaus wurde jetzt der Blick auf die Sportentwicklung der Gesamtbevölkerung gerichtet. Es gab insgesamt 1548 Rückmeldungen, größtenteils online. Ein Ergebnis war beispielsweise der Wunsch nach einem Calisthenics-Park, der jetzt in den Haushaltsplanentwurf für das kommende Jahr aufgenommen wurde (Infokasten).

Doch es gab auch Kritik. Der im Sommer dieses Jahres vorgelegte Abschlussbericht zu dieser Umfrage enthält unter anderem die Aussage, dass der organisierte Sport in den Vereinen in den letzten Jahren stark an Zulauf verloren habe. Gewinner seien die kommerziellen Anbieter wie Fitnessstudios und Tanzschulen. Auf der Hauptausschuss-Sitzung des Stadtverbands für Sport wurde dagegen darauf verwiesen, dass die Statistiken auf Bundesebene und beim Sportkreis Ludwigsburg genau das Gegenteil zeigten. Die Sportvereine seien kein Auslaufmodell.

Vereine verändern Angebot

Günter Krähling, der Vorsitzende des Stadtverbands, wollte auf BZ-Anfrage keine Stellungnahme zu der Kritik abgeben. Die Bevölkerungsbefragung werde noch in verschiedenen Gremien diskutiert.

Ganz allgemein sei es so, dass die gesellschaftlichen Entwicklungen – mehr Mobilität, veränderte und flexiblere Arbeitswelten/-zeiten, Gesundheitsbewusstsein und so weiter – selbstverständlich zu einer Verschiebung führten, so Krähling. Der Trend gehe weg vom Wettkampf- und Breitensport mit festen Trainings- und Spielzeiten – oder ergänzend zu diesem – hin zum Individualsport. Doch genau deshalb reagierten viele Vereine bereits auf diese Entwicklung und veränderten ihr Angebot entsprechend. Beispiel sei etwa der TSV und das SportQuadrat. Klassische Sportvereine, die ihr Angebot den gesellschaftlichen Entwicklungen anpassten und nicht stillstünden, seien „meilenweit davon entfernt auszusterben“, sagt der Sportverbandschef. Das belegten auch Zahlen des Württembergischen Landessportverbands. Vielmehr gehe es darum, eine gesunde Mischung und Ausgewogenheit zwischen dem Angebot von „herkömmlichem Sport“ (Wettkampf- und Breitensport) und Individualsport anzubieten.

Anette Hochmuth, die Sprecherin der Stadt, vermutet hinter den Dissonanzen ein Missverständnis. Mit der Umfrage werde nicht impliziert, dass der Vereinssport an Bedeutung verliert beziehungsweise die Vereine Mitglieder verlieren. „Es wird vielmehr dem Umstand Rechnung getragen, dass es eben viele Sportler gibt, die nicht vereinsgebunden sind – die gab es schon lange, es werden aber mehr“, so Hochmuth. Deren Interessen sollten erforscht werden. „Der Vereinssport steht gleichberechtigt daneben und soll auch nicht herabgewürdigt werden“, versichert die Sprecherin.

Nun also läuft Umfrage Nummer drei, die erneut den Freizeit- und Alltagssport und hier speziell das Thema Gesundheit als Schwerpunkt hat. Zur Teilnahme sind alle Bürger der Stadt aufgerufen, die regelmäßig, das heißt häufiger als einmal pro Woche, sportlich aktiv sind. Die Notwendigkeit begründet Hochmuth damit, dass bisher die Sportvereine und Bürger allgemein, unabhängig davon, ob und wie regelmäßig Sport getrieben wird, die Adressaten waren. Jetzt gehe es darum, speziell die Sportler zu befragen, die nicht vereinsgebunden Sport betreiben.

Beteiligung bisher verhalten

Deswegen sei das Verfahren so gewählt worden, dass jeder Interessierte per E-Mail oder Telefon einen Code anfordern kann, der zur Teilnahme berechtigt. Dadurch sollen Antworten von Nicht-Sportlern vermieden werden. Es wurden gezielt auch Vereine angeschrieben beziehungsweise Institutionen, die nicht dem Stadtverband für Sport angehören, zum Beispiel Sportstudios, Tanzschulen oder Wandervereine. Ebenso sollen noch persönliche Befragungen von Sportlern im Outdoor-Bereich erfolgen, weshalb die Umfrage auch noch bis zum Frühjahr fortgesetzt werde, erläutert die Sprecherin.

Günter Krähling hält das Verfahren indes für nicht zeitgemäß. Die Sportvereine selbst, bei denen es ja die meisten Sportler gebe, seien nicht in die Zugangscode-Verteilung einbezogen worden. Warum nicht einfach ein Link zur Teilnahme an der Umfrage großflächig verteilt werden könne, fragt sich der Sportverbandschef. Was die Resonanz betrifft, so ist laut Hochmuth die Beteiligung bisher noch verhalten, da eben persönliche Befragungen noch nicht möglich waren. Outdoor-Sport, wie etwa von Tai-Chi-Gruppen, werde naturgemäß erst im Frühling getrieben.

 
 
- Anzeige -