Besigheim Eine Liebeserklärung an die Besigheimer und ihre Eigenheiten

Von Helena Hadzic
Die Honoratioren der Stadt um den damaligen Bürgermeister Eberhard Frohnmayer (Siegfried Mauthe, rechts) Foto: /Martin Kalb

Rampenfieber überzeugt mit einer herausragenden Darbietung rund um die Geschichte des Winzerfests und die Menschen der Stadt.

„Es kann nichts besser sein, als unser Neckar-Wein“, lauten die ersten Worte des Männerchors, der in Rüdiger Erks Premiere seines Theaterstücks „Die Erfindung des Winzerfests“ sein Können zum Besten gab. Damit wurde die zweistündige Darbietung der Besigheimer Theatergruppe Rampenfieber am Freitagabend in der Alten Kelter eingeläutet, die den Darstellerinnen und Darstellern auf ganzer Linie gelungen ist.

Geschichten werden zum Leben erweckt

In „Die Erfindung des Winzerfests“ geht es um die Ereignisse, Menschen und Momente, die die besondere Besigheimer-Veranstaltung begleiten – und natürlich darum, wie es überhaupt zu diesem Traditionsfest kam. Dabei arbeitet Erk mit alten Bildern aus dem Archiv und Kunstwerken, die auf einer großen Leinwand inmitten der Bühne präsentiert werden. Die Darsteller erwecken vor diesen Bildern die dazugehörigen Geschichten zum Leben, indem sie eingefroren auf Holzböden auf die große Bühne gerollt werden, um in die Szenen zu hüpfen. Wie etwa ein gemütlicher Abend des Bürgermeisters Eberhard Frohnmayer und seiner Frau Doris mit dem Paar Richard und Olga Duschek, die feuchtfröhlich nach Offenlegung des Skandals um den Zucker im Wein auf die Idee des Winzerfests kommen.

Dabei wird mit jeder Szene deutlicher, dass Erk mit diesem Stück nicht die Geschichte des Winzerfests erzählt, sondern vielmehr, was das Winzerfest so besonders macht – nämlich die Besigheimer und ihre Eigenheiten. Bewusst wird auf der Bühne mit schlichten Hilfsmitteln gearbeitet, während der Fokus auf den Darstellern liegt, die mit Liebe zum Detail – zuweilen auch selbstironisch – ihre Rollen verkörpern. Etwas, was auch beim Publikum ankommt: Es wird gelacht und Beifall geklatscht, das Vergangene durch Persönlichkeiten erlebbar gemacht. Begleitet werden die unabhängigen Handlungsstränge, die zum Schluss beim finalen Winzerfest zusammen laufen, von Rolf Butsch als Erzähler Jakob – stets mit einem Wein in der Hand. Er führt das Publikum durch die vielfältige Geschichte und schafft damit eine besondere Verbindung zwischen Zuschauern und Darstellern. So, als säße man mit Jakob – der guten Seele des Stücks – bei einem Wein zusammen.

Die Darstellerinnen und Darsteller überzeugen durch die Authentizität ihrer Charaktere und Dialekt – oder auch durch eine Slow-Motion-Schlägerei. Besonders allerdings Siegfried Mauthe in der Rolle des Bürgermeisters Eberhard Frohnmayer. Sei es die Mimik, die Gestik oder die stimmliche Präsenz – auf der Bühne zieht er die Blicke auf sich und brilliert durch eine herausragende Verkörperung des Bürgermeisters, die bis ins Subtile reicht – wie etwa das ständige Zurechtrücken seines Kragens. Mit seiner Performance spielt er die anderen Darsteller beinahe an den Rand.

Zwischen den einzelnen Szenen kommen immer wieder die Chöre zum Einsatz, wodurch ein Abschluss markiert wird und der Zuschauer den nötigen Raum bekommt, sich auf eine neue Szene einzulassen – mehrere Lieder stammen dabei von Dirigent Siegfried Liebl, der regelrechte Ohrwürmer geschaffen hat.

Insgesamt haben Rüdiger Erk, die Darsteller und Chöre ein einzigartiges Stück geschaffen, das eine Liebeserklärung an die Menschen in Besigheim ist; ein Stück, welches die Seele der Stadt präzise einfängt. Zuletzt heißt es von Seiten des Chors „Glücklich und froh wie nirgendwo“ – und das wird durch dieses Stück mehr als deutlich.

 
 
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